Als Kurt Kowarz die Fortuna zur Verzweiflung trieb

12.9.2014, 09:02 Uhr
Als Kurt Kowarz die Fortuna zur Verzweiflung trieb

© imago

Stets wiederkehrende späte Gegentore sind es, die einen Clubfan über die Jahre zu einer pessimistisch gefärbten Lebenseinstellung geradezu zwingen. Insofern hätte es die Mehrzahl der 16.000 Zuschauer Ende August 1989 sicherlich nicht gewundert, wenn Düsseldorf in der Schlussviertelstunde, trotz numerischer Unterzahl nach einer Roten Karte für Michael Kimmel in der 76. Minute, das 0:0 noch in einen Auswärtssieg veredelt hätte. Noch dazu, da der Club an jenem sechsten Spieltag der Bundesliga mehr nach dem Zufallsprinzip agierte. Ein Pfeifkonzert und die unzweideutige Fan-Empfehlung "Aufhören, aufhören!" waren nach 45 Minuten die deutliche Quittung und Indiz für eine mächtig enttäuschende Darbietung der Mannen von Hermann Gerland.

Doch wer an diesem Tag, trotz aller Widrigkeiten, an das Gute im Clubspieler geglaubt hatte, der behielt recht: Torhüter Kurt Kowarz, der den am Knöchel lädierten Andreas Köpke damals für einige Partien vertrat, erwischte einen Glanztag und vereitelte mehrere Torgelegenheiten in beeindruckender Manier.

In der 67. Minute schlug Kowarz’ große Stunde gegen Anthony Baffoe: Dessen Foulelfmeter – den der Keeper selbst verschuldet hatte – ging im ersten Versuch ins Tor, wurde wegen eines angeblich zu früh in den Strafraum gelaufenen Fortuna-Angreifers von Schiedsrichter Lutz-Michael Fröhlich aber zu Unrecht nicht anerkannt. Noch heute erinnert sich Kowarz, der derzeit Towarttrainer bei 1860 München ist, an die Situation.

"Ich wusste, dass Tony Baffoe mit einer großen Portion Selbstbewusstsein gesegnet ist, also dachte ich mir, er schießt auch ein zweites Mal in die von mir aus gesehen linke Ecke". Und so kam es, Kowarz hatte alles richtig gemacht. Beim zweiten Elfmeterversuch trat Nürnbergs Schlussmann den Beweis an, dass man als Torhüter in solchen Extremsituationen den Kontrahent gut analysieren können sollte.

Das steckte die Mitspieler an: "Beim Stand von 0:0 war der gehaltene Elfmeter ausschlaggebend und so etwas wie eine Initialzündung." Tatsächlich: Martin Schneider und Souleyman Sané mit einem Doppelschlag zwischen der 78. und 80. Minute sowie Martin Wagners 3:0 (87.) stellten den Spielverlauf auf den Kopf. Auch in Münchner Diensten macht der heute 56 Jahre alte Kowarz keinen Hehl aus seiner Verbundenheit zum FCN: "Nürnberg war meine schönste Zeit im Profifußball, der Club ist einfach ein faszinierender Verein."

Magath gibt sich milde

Für Faszination sorgte der Club auch im Herbst 1997, erhielt am 23. November jedoch einen Dämpfer: Nach sechs Siegen wusste die Elf von Felix Magath beinahe nicht mehr, wie sich eine Niederlage anfühlt, doch der albanische Sturmtank Igli Tare holte mit seinem Treffer in der 41. Minute den fränkischen Altmeister wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Dieser nahm es relativ leicht, und sogar der nicht gerade als Spielerversteher geltende Magath gab sich nach der 0:1-Niederlage milde: "Ich bin wohl mit dem Ergebnis unzufrieden, aber nicht mit dem Spiel meiner Mannschaft", sagte er und beschwor ein neues Klima der Konzentration: "Ich denke, man hat heute gesehen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen und dass wir noch längst nicht da sind, wo auch ich hin möchte." Am Ende der Spielzeit 1997/98 war der FCN dann tatsächlich dort, wo im rot-schwarz gefärbten Teil Frankens jeder hin möchte: im deutschen Oberhaus.

Als Kurt Kowarz die Fortuna zur Verzweiflung trieb

© Geiger

Unter wesentlich düsteren Voraussetzungen stieg die fränkisch-rheinische Kraftprobe im März 1995. Am 21. Spieltag der 2. Bundesliga reiste eine mit realistischen Aufstiegsperspektiven unterfütterte Fortuna nach Nürnberg. Die Hausherren ihrerseits zierten Tabellenplatz 16. Dazu lag dem FCN eine Negativserie von 1:19 Punkten schwer im Magen. Trainer Günter Sebert brachte die Ausgangslage auf den Punkt: "Schaut euch die Tabelle an, dann wisst ihr, was los ist, wenn ihr heute verliert."

Was am Saisonende nur dank zweier Lizenzentzüge (Dresden und Saarbrücken) mit dem Klassenerhalt endete, bewerkstelligte der Club am 21. Spieltag noch mit sportlicher Schlagfertigkeit: Nach 31 Minuten versetzte Arnar Gunnlaugsson den Rheinländern den ersten Wirkungstreffer. Jürgen Kramny und André Golke legten nach, in die finalen zehn Minuten bog der FCN mit einem 3:0-Vorsprung. Den schmälerte Sergio Allievi zwar in der 83. Minute mit dem 3:1, doch Michael Wiesinger (88.) stellte den 4:1-Endstand her. 15 500 Zuschauer im Frankenstadion waren für einen Moment mit ihrem Herz- und Schmerzverein versöhnt, denn so einsatzfreudig hatte der Club in jener Spielzeit äußerst selten agiert.

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