Auf Schulbesuch! Körbe werfen statt Langeweile

17.12.2014, 12:10 Uhr
Auf Schulbesuch! Körbe werfen statt Langeweile

© Foto: afp

Normalerweise gibt es zur Begrüßung einen Dunking. Heute geht das leider nicht, Michael Hertlein geht auf Krücken. Beim Basketball passiert, sagt er, er spielt ja noch immer nebenher, in der Regionalliga, in Ansbach.

Jetzt steht Michael Hertlein in einer kleinen Schulturnhalle in der Nürnberger Südstadt. Kindergeschrei dringt gedämpft herüber, dumpfes Donnern dutzender Bälle, geübt wird offensichtlich das Dribbeln. Dabei geht es hier gar nicht nur um Basketball, sagt Hertlein und setzt sich auf eine Gymnastikbank, sein Gipsbein legt er hoch. „Hier geht es in erster Linie um die Kinder.“

Ihretwegen kommen er und rund zwanzig weitere ausgebildete Trainer vom Post SV Woche für Woche in die Grundschulen, um mit den sechs bis 14 Jahre alten Schülerinnen und Schülern Basketball zu spielen. Ehrenamtlich. „Wer weiß“, sagt Hertlein, „ob manche von ihnen sonst überhaupt Sport machen würden.“ Am wichtigsten, finden sie beim Post SV, ist ihre Arbeit in den sozialen Brennpunkten der Stadt. Dort, wo die Eltern keine Zeit oder kein Interesse haben, sich um die Freizeitgestaltung ihrer Kinder großartig zu kümmern.

Natürlich wünscht sich der Verein, dass so viele wie möglich am Ball bleiben und sich irgendwann auch dem Post SV anschließen. „Das kommt aber erst viel, viel später einmal“, sagt Marc Prokopp. Die ersten Jahre, das Üben in den Schulturnhallen, ist das Engagement für den Verein noch ein reines Geben. „Wir wollen sie schon in der ersten Klasse abholen und ihnen zeigen, wie viel Spaß Basketball macht“, so Prokopp, der das Projekt mitbetreut. „Ob sie dann einmal bei uns bleiben oder nicht, kann man da noch gar nicht absehen.“

Auch die Eltern werden in diesen Einheiten mit eingebunden. Sie spielen den Kindern die Bälle zum Wurf zu, helfen Turnbänke mit auf- und abzubauen, damit die Würfe der Kleinsten es auch bis nach oben zum Korb schaffen.

„Ich bin schon seit zwei Jahren dabei“, erzählt eine Mutter, „die Stunde macht nicht nur meinem Sohn großen Spaß, sondern auch mir. Es ist schön, zusammen Sport zu machen.“ Auch außerhalb der Halle habe sich das Kind durch die Mannschaftssportart verändert, sagt sie. „Er ist viel selbstbewusster geworden, geht auf Menschen viel offener zu und hat auch mehr Freunde gefunden.“

Eine andere Mutter sagt, ihre Tochter leide unter einer Immunschwäche. „Da ist es super, dass sie diese regelmäßigen Basketballstunden in einer Halle machen kann. Fußballspielen im Freien ist für sie nicht gesund.“ Nun lernt sie Basketball, von klein auf. Im ersten Schuljahr ist es mehr ein Bewegungsspiel, dann werden die Grundtechniken vermittelt, diese immer weiter vertieft und am Ende richtig Basketball gespielt.

Auf Schulbesuch! Körbe werfen statt Langeweile

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Die Idee, mit ihrem Sport in die Nürnberger Schulen zu gehen, hatten Michael Hertlein und Michaela Fuhrmann vor drei Jahren für den Post SV. „Seitdem hat sich das Projekt rasant entwickelt“, erzählt Hertlein. Begonnen haben sie mit einer Handvoll Einheiten und Schulen, mittlerweile betreuen sie über 400 Kinder in zehn Partnerschulen. Sogar erste Schulmannschaften wurden gegründet, die in Freundschaftsspielen und kleinen Turnieren gegeneinander antreten. „Eine Nürnberger Schulliga nach amerikanischem Vorbild oder wie in Berlin“, sagt Mark Prokopp, „wäre irgendwann natürlich eine tolle Sache.“ Bis es so weit ist, haben sie sieben Schulmannschaften als Jugendteams des Post SV im regulären Spielbetrieb angemeldet.

Ein Star aus der Grundschule

Michael Hertlein spielte zu seiner besten Zeit in der zweiten Liga auf dem Flügel. „Hätte mich mein Vater nicht die dreißig Minuten nach Langwasser ins Training gefahren, hätte ich nicht Basketball spielen können“, sagt er. Er war damals 13 Jahre alt. „Wer weiß“, sagt er, „ob ich es noch weiter nach oben geschafft hätte, wenn ich früher die Techniken gelernt hätte.“

So wie die Schüler jetzt, beim Post-SV-Projekt „Durchstarten mit Basketball“, das bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet worden ist. „Es würde mich freuen, wenn ich den ein oder anderen dieser Kids in zehn Jahren beim Basketballschauen im Fernsehen wiedererkenne“, sagt er. Dann würde er diejenige oder denjenigen einladen. Sie könnten den Schülern dann zeigen, wie weit man es mit Basketball bringen kann. Und zur Begrüßung könnten sie einen Dunking machen. So wie Michael Hertlein normalerweise, wenn er nicht gerade auf Krücken geht.

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