Büskens: "Wir werden vorn sicher mehr Platz haben"

11.7.2012, 09:57 Uhr
Büskens:

© Zink

Herr Büskens, Ihr Ex-Club Schalke 04 hatte 1997 im Hinspiel des Uefa-Cup-Finales, das mit 1:0 gegen Inter Mailand (Hinspiel) gewonnen wurde, zunächst keinen gelernten Angreifer auf dem Platz. War Trainer Huub Stevens seiner Zeit voraus?

Mike Büskens: Nein, das waren einfach die Umstände. Uns waren im Spiel vorher binnen weniger Minuten Youri Mulder mit Kreuzbandriss und Martin Max mit Bänderriss im Sprunggelenk ausgefallen, so dass wir ohne Stürmer dastanden. Dann mussten vorne Radek Latal und Marc Wilmots aushelfen.

Welt- und Europameister Spanien verzichtet inzwischen schon mal freiwillig auf Stürmer. Ist das ein Konzept, dem Sie etwas abgewinnen können?

Büskens: Nein. Der Erfolg gibt den Spaniern zwar recht, aber ihr System ist nicht übertragbar auf die Spielvereinigung.

Warum nicht?

Büskens: Wir haben einfach die Philosophie, vorne mit zwei Stürmern spielen zu wollen. Und damit sind wir gut gefahren. Auch 2010, als die meisten Mannschaften bei der WM mit nur einem nominellen Angreifer antraten, haben wir uns diesem Trend versagt. Wir haben nun mal Stürmer, die treffen können, aber auch in der Lage sind, gut gegen den Ball zu arbeiten, wenn wir nicht am Zug sind. Warum sollten wir also auf einen oder sogar auf beide verzichten.

Suchen Sie sich Spieler, die in Ihr System passen oder suchen Sie ein System, das zu Ihren Spielern passt?

Büskens: Als ich in Fürth anfing, habe ich natürlich eine Bestandsaufnahme gemacht. Darauf basierend versuchten wir, die Mannschaft zu formen. Letztlich hat es sich in die Richtung entwickelt, dass wir uns vier offensive Spieler leisten können, weil alle auch bereit sind, sich an der Defensivarbeit zu beteiligen.

Wird momentan zu viel über Taktik diskutiert?

Büskens: Wahrscheinlich schon. Ich erwarte, dass dann, wenn wir den Ball über die Außen nach vorn bringen, die Positionen im Sechzehner besetzt sind. Und genauso erwarte ich, dass wir nach dem Scheitern eines Angriffs alle wieder schnell hinter den Ball kommen. Das möchte jeder andere Trainer auch sehen, egal welches System er spielen lässt.



Wie wichtig war der nach Frankfurt gewechselte Top-Torjäger Olivier Occean fürs Kleeblatt?

Büskens: Natürlich war er ein ganz, ganz wichtiger Faktor, aber wenn wir über die Mitarbeit am großen Ganzen sprechen, muss man auch anerkennen, was Christopher Nöthe geleistet hat. Chris war oft derjenige, der noch mehr mit zurücklaufen musste.

Dennoch: Occean machte die meisten Tore, störte in vorderster Front ungemein aggressiv den Spielaufbau des Gegners. Wie sehr beunruhigt es Sie, dass noch kein Ersatz für ihn verpflichtet wurde?

Büskens: Da mach mir gar keine Sorgen, weil ich ja weiß, wie sehr wir daran arbeiten.

Was muss der Neue, der dann ja wohl irgendwann vorgestellt wird, vor allem mitbringen?

Büskens: Wir sind als Spielvereinigung finanziell nicht in der Lage, einen Stürmer zu holen, der alles kann. Also müssen wir Typen haben, deren Stärken als Einzelkomponenten zusammenpassen. Und da fehlt uns sicher noch ein kopfballstarker Angreifer.

Die Spielvereinigung wirbt bekanntlich um Nick Proschwitz vom SC Paderborn. Ist er der Mann, der Occean ersetzen kann?

Büskens: Nick hat überall auf seinen Stationen gezeigt, dass er weiß, wo das Tor steht. Er könnte einer der Kandidaten sein.

Wen würden Sie im Angriff aufstellen, wenn am Wochenende schon das erste Punktspiel anstünde?

Büskens: Das liegt auf der Hand. Kingsley Onuegbu war eineinhalb Jahre verletzt, und Ilir Azemi von unserer U23 ist noch sehr jung. Also würde es momentan auf Christopher Nöthe und Gerald Asamoah hinauslaufen.

Ex-Nationalspieler Asamoah wurde in der vergangenen Winterpause als Edeljoker verpflichtet. Welche Rolle trauen Sie ihm in der kommenden Saison zu?

Büskens: Es wird Momente geben, da brauchen wir Asa. Das gilt nach wie vor. Schon allein wegen seiner Erfahrung und weil er immer noch ein Gespür dafür hat, wo der Ball hinfallen kann. Asa weiß aber auch, dass er mit 33 in einem Alter ist, in dem man als Stürmer nicht mehr 34 Bundesligaspiele über 90 Minuten absolviert.

Die Offensive des Kleeblatts basiert vor allem darauf, dass die Flügelspieler in den Rücken der Abwehr kommen und flanken können. Wie zuversichtlich sind Sie, dass Sercan Sararer und Zoltan Stieber das leisten können?

Büskens: Vergessen Sie nicht Tayfun Pektürk und Felix Klaus. Ich bin überzeugt, dass all diese Spieler die Hürde Bundesliga nehmen können. Und während einerseits die Qualität der Gegenspieler höher wird, so dürfen wir andererseits davon ausgehen, dass sich ganz wenige Mannschaften gegen uns hinten reinstellen. Wir werden also sicher mehr Platz haben, um das Tempospiel zu zeigen, das uns bisher ausgezeichnet hat.
 

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