Club: Das Millionen-Spiel

18.1.2011, 05:58 Uhr
Club: Das Millionen-Spiel

© Zink

Seit der Vereinsgründung vor 110 Jahren hatte der 1. FC Nürnberg normalerweise zu wenig Punkte und zu wenig Geld. Zum Bilanzstichtag 30. Juni 2010 drückten den fränkischen Traditions-Klub gar über zehn Millionen Euro Schulden, wovon durch Dennis Diekmeiers späteren Verkauf nach Hamburg und die Trennung von Angelos Charisteas zwischenzeitlich ein gutes Drittel abgebaut werden konnte.

Auch im laufenden Pokal-Wettbewerb hat der viermalige Cup-Sieger bislang ordentlich hingelangt. Über eine Million kam herein, die nicht eingeplant war im aktuellen Finanzplan. Ein Sieg morgen Abend im nachzuholenden Achtelfinale bei Drittligist Kickers Offenbach wäre sogar geschätzte 1,8 Millionen wert.

Mintal braucht Bedenkzeit

Für den Einzug ins Viertelfinale gäbe es einen garantierten TV-Sockelbetrag von 1,125 Millionen, die Live-Übertragung des möglichen Viertelfinales nächsten Dienstag auf Schalke (20.30 Uhr/ZDF) würde zusätzlich etwa 300.000 Euro in Nürnbergs leere Kassen spülen. Zudem werden sämtliche Ticketerlöse nach Abzug der angefallenen Unkosten unter den Vereinen geteilt.

Also vielleicht weitere Einnahmen – und eventuell auch bald weniger Ausgaben. Marek Mintal, einer der Top-Verdiener in Nürnbergs Bundesliga-Kader, wird sich, wie sein Freund und Berater Peter Hammer wissen lässt, „Freitag oder Samstag“ entscheiden, ob er in die nordamerikanische Major League Soccer zu Philadelphia Union wechselt. Ein lukrativer Drei-Jahres-Vertrag mit Option auf eine weitere Saison wartet dort auf seine Unterschrift.

Heute wird Mintal aus den USA zurückerwartet, seit Samstag hatte er sich Philadelphia angeschaut und letzte Gespräche mit Union-Funktionären geführt. Eine Tendenz, wohin Mintals Weg führt, sei derzeit nicht erkennbar, sagt Hammer; seit 2003 spielte Mintal, der in seiner Karriere fünfmal Schützenkönig war, für seinen Club und erzielte insgesamt 66 Liga-Treffer. In das Nachwuchsleistungszentrum wollte man den 33-Jährigen ab dem 1. Juli übernehmen, als Trainer. Als Fußballer hatte die Nürnberger Legende Mintal schließlich schon länger nicht mehr überzeugt. Sein letztes Tor liegt schon über 17 Monate zurück.

Neue Herausforderung in Übersee

Mintal könnte in Übersee also eine neue Herausforderung finden, die Nürnberg nicht mehr ist für ihn. Ob sich Familienmensch Mintal auch umgehend wohl und heimisch fühlen wird an der Ostküste, darf man zumindest anzweifeln. Dort der Moloch Philadelphia mit seinen 1,5 Millionen Einwohnern, hier sein geliebtes Röthenbach an der Pegnitz, wo außer den Mintals nur noch etwa 12.000 andere Menschen leben.

Morgen in Offenbach wäre Mintal, wie zuletzt eigentlich immer, höchstens Reservist gewesen. Wenn es gilt, erstmals seit 2007 in die Runde der letzten acht Mannschaften einzuziehen. Davor wartet freilich ein hartes Stück Arbeit; den VfL Bochum und, Achtung, Borussia Dortmund haben die kampfstarken Kickers bereits eliminiert, Deutschlands Überelf erst im Elfmeterschießen.

„Unser Maßstab ist ihr Dortmund-Spiel“, versichert Trainer Dieter Hecking, die Rollen sind trotzdem klar verteilt. Offenbach ist Außenseiter, der Club Favorit. Und? „Wir sind topfit, wir können auch Nürnberg ein Bein zu stellen“, sagte Kickers- Trainer Wolfgang Wolf der dpa. Im Millionen-Spiel. Morgen Abend, auf dem Bieberer Berg.

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