Damenkonkurrenz beim Challenge: Mehr als eine Ergänzung

27.6.2018, 13:04 Uhr
Damenkonkurrenz beim Challenge: Mehr als eine Ergänzung

© Stefan Hippel

Wenn sich der normale Langdistanztriathlet am Sonntag an einen Ort sehnt, an dem Fahrradfahren, Laufen, Schmerzen und Durchfall keine Rolle spielen, rennt der schnellste Langdistanztriathlet der Party entgegen. Wenn beim Challenge der Sieger erwartet wird, pulsiert das Herz der Triathlonwelt auf dem Festplatz von Roth. Lauter, immer lauter sollen die Tausenden Menschen klatschen und schreien. Wenn er auf dem Teppich einläuft, wenn sich Verbissenheit in Glück wandelt, wird es noch einmal lauter, ehe es emotional wird. Kleine Kinder werden geherzt, mit Bier geduscht, dazwischen drängt sich ein Politiker aufs Bild. Das wiederholt sich noch zweimal für den Zweit- und den Drittplatzierten. Danach verlassen viele Menschen das Triathlonstadion. Dann kommt die schnellste Frau ins Ziel.

Es ist dieser eine Moment, der kein leuchtendes Beispiel für die Gleichberechtigung ist. Es ist aber auch der einzige. Drei Minuten nach den schnellsten Männern gehen am Sonntag die schnellsten Frauen ins Kanalwasser an der Lände Hilpoltstein. Die 226 folgenden Kilometer bestreiten sie gemeinsam, das ist kein Alleinstellungsmerkmal des Challenge. In Roth ist es Renndirektor Felix Walchshöfer aber auch immer wieder gelungen, potenziell grandiose Frauenkonkurrenzen zu organisieren, vor allem aber außergewöhnliche Charaktere an die Serie und an den Wettkampf zu binden.

Liebe, die auf Gegenseitigkeit beruht

Es begann mit Belinda Granger, die sich erst in die Herzen der Veranstalter und Helfer und dann in die Herzen der Zuschauer babbelte – ihren Titel Landkreisschätzchen hat sie sich hart erarbeitet, mit einem Sieg 2005, vor allem aber mit ihrer Nahbar- und Liebenswürdigkeit. Ihre Nachfolgerin war noch ein wenig schneller – mit den Beinen und mit dem Mundwerk. Die Premiere von Yvonne van Vlerken war eine Sensation, ihre Pressekonferenzen danach auch. Die abseits der Strecke wunderbar verpeilte Holländerin verbesserte bei ihrem zweiten Start die ewige Bestzeit (natürlich in Roth aufgestellte Bestzeit) von Paula Newby-Fraser auf 8:45:48 Stunden. Ein Jahr später war aber auch diese Zeit pulverisiert und Geschichte.

Es begann die Ära von Chrissie Wellington, einer ebenso faszinierenden und charismatischen und doch komplett gegensätzlichen Athletin. Die reflektierte Engländerin stellte breit lächelnd drei neue Weltbestzeiten in Folge auf (aktuell 8:18:13) und verschwand wieder, zumindest aus dem Wettkampfgeschehen. Roth blieb sie treu, als Repräsentantin, als Fan – genauso wie Belinda Granger, das Landkreisschätzchen. Yvonne van Vlerken startet an diesem Sonntag – zum siebten Mal. Die Liebe des Landkreises zu seinen schnellen Frauen beruht auf Gegenseitigkeit.

Wie in der Diskothek

In den letzten beiden Jahren hatte ihr eine extrovertierte Schweizerin die Show gestohlen. Daniela Ryf kam Wellingstons Fabelzeiten erstaunlich nahe – und fühlte sich dabei "wie in der Diskothek, wenn man abtanzt und alles um sich herum vergisst, oder?" Ein rhetorisches Oder. Tatsächlich gehört sie zu dem kleinen Kreis, der das beurteilen kann.

Am Sonntag wird Yvonne van Vlerken in der Freiluftdisco feiern, ansonsten fehlen die ganz großen Namen im Frauenfeld. Wobei, das hat man in Roth immer mal wieder gesagt und erlebte dann die Geburt eines Stars. So oder so, es lohnt sich, im Stadion ein wenig länger zu klatschen.

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