Das Wunder wird wahr: Deutschland ist Europameister!

31.1.2016, 19:10 Uhr
Grenzenloser Jubel: Das DHB-Team feiert den EM-Titel.

© JANEK SKARZYNSKI Grenzenloser Jubel: Das DHB-Team feiert den EM-Titel.

Was für ein Finale! Von Anfang an fand Favorit Spanien kein Mittel gegen Deutschlands starke Defensive - und wenn doch mal ein Spieler durchkam, war bei Andreas Wolff meist Endstation. Der Torwart, schon während des kompletten Turniers in blendender Form und aufgrund überragender Leistungen ins Allstar-Team der Europameisterschaft gewählt, wuchs im Finale noch einmal über sich hinaus.

Spanien verzweifelte, bei Deutschland wurde die Brust immer breiter: Zur Pause führte das Team von Bundestrainer Dagur Sigurdsson 11:6 - und stellte damit einen Rekord auf. Noch nie in der 22-jährigen EM-Geschichte (seit 1994) ließ ein Team im Finale in einer ersten Halbzeit so wenig Tore zu wie die DHB-Auswahl.

Auch nach der Pause blieb es beim gleichen Bild: Spanien verzweifelte, Deutschland begeisterte, Wolff parierte. Am Ende triumphierte Deutschland mit 24:17 - und der Jubel kannte keine Grenzen.

Direktticket für die Olympischen Spiele gesichert

Es ist der größte Erfolg für den Deutschen Handball-Bund seit dem WM-Titel 2007. Mit der Goldmedaille um den Hals und dem Direktticket für die Olympischen Spiele in Rio in der Tasche darf sich die DHB-Auswahl an diesem Montag bei der Party in Berlin feiern lassen. Dabei herrschte in der Tauron-Arena von Krakau schon Heimspiel-Atmosphäre.

Als das deutsche Team den ersten Angriffsversuch der Spanier, die im ersten EM-Duell in Polen Deutschland noch 32:29 besiegt hatten, erfolgreich blockte und den Ball eroberte, brandete tosender Applaus unter den 15 000 Zuschauern aus. Erst recht beim 1:0 durch Linksaußen Rune Dahmke. Und in Deutschland drückte selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel die Daumen. Worauf es ankam, um zum zweiten Mal nach 2004 den EM-Titel nach Deutschland zu holen, war klar. "Wir müssen eine sehr starke Abwehr haben", betonte Sigurdsson unmittelbar vor dem Anpfiff.

Und seine Jungs, formiert in einer 6:0-Deckung, setzten das brillant um, erlaubten den Spaniern in den ersten sechs Minuten der Partie nicht mal einen einzigen Treffer. Erst per Siebenmeter überwanden die Iberer erstmals den überragenden Wolff. Unbeeindruckt setzte die deutsche Mannschaft auch Sigurdssons zweite Forderung um: Schnell Umschalten. Die Folge: eine 4:1-Führung in der neunten Minuten nach dem dritten Tor von Joker Kai Häfner. Der Nachrücker hatte schon den entscheidenden Treffer im Halbfinale zum 34:33 nach Verlängerung gegen Norwegen erzielt. Die Treffer zeigten Wirkung bei den Spaniern. Die Blicke wurden schon etwas verzweifelt.

Spanien kommt an Wolff kaum vorbei

Egal, was sie versuchten, letztlich kamen sie entweder am deutschen Abwehrblock oder am grandios aufgelegten Torwart nicht vorbei. Von den Rängen hallten bereits "Andy-Wolff"-Sprechchöre. Und der 24 Jahre alte Keeper von der HSG Wetzlar zeigte weiter, warum er wie Rechtsaußen Tobias Reichmann ins EM-Allstar-Team gewählt wurde. "Andy hält überragend. Wir haben uns sehr gut auf die Spanier eingestellt. Und wenn mal einer durchkommt, hat er ihn", meinte der von Wolff als Nummer 1 verdrängte Carsten Lichtlein. Nach gut elf Minuten gelang den Spaniern erst das erste Feldtor.

Überragendes Turnier, überragendes Finale: DHB-Keeper Andreas Wolff.

Überragendes Turnier, überragendes Finale: DHB-Keeper Andreas Wolff. © ATTILA KISBENEDEK

Mickrige sechs Treffer ließen Wolff und seine Vorderleute den Spaniern zu: Das bzw. noch weniger gab es bei allen vorangegangenen 47 EM-Spielen in Polen nur einmal (Frankreich – Weißrussland zur Pause 20:5). In einem EM-Finale gab es das aber noch nie. "Da steht eine deutsche Mauer", meinte Ex-Handballstar und TV-Experte Stefan Kretzschmar bei der ARD. Und sie bröckelte auch nach der Pause nicht. Wolff schraubte seine Paradenbilanz zwischenzeitig auf unfassbare 56 Prozent hoch.

Selbst der zweite verworfene Siebenmeter von Reichmann kurz nach der Pause war zu verschmerzen. Denn auch die Spanier trafen nicht aus sieben Metern, Wolff schien sie regelrecht zermürbt zu haben: 15 Minuten vor Ende der Partie führte Deutschland mit sieben Toren (16:9). Auf den Rängen fieberten auch die verletzten Leistungsträger Steffen Weinhold, Kapitän des Teams, und Christian Dissinger mit. Doch selbst wenn die Spanier ihrerseits, meist durch Siebenmeter mal trafen.

Die von Sigurdsson perfekt eingestellt Deutschen hatten stets die richtig Antwort. So wie Deutschlands erfolgreichster Werfer, Kai Häfner, als er mit seinem siebten Treffer wieder eine Sieben-Tore-Führung herstellte. Auf acht kam er insgesamt. Wie im Rausch setzten sie die Demütigung der hilflosen Spanier fort. Die Spieler hüpften schon vor dem Apfiff an der Seitenlinie, auf den Tribünen sangen sie: "Oh, wie ist das schön."

Wer die frisch gekürten Europameister von nahem sehen möchte, hat dazu am kommenden Freitag die Chance. Dann gastieren die DHB-Helden beim All Star Game 2016 in Nürnberg.

Das Spiel zum Nachlesen im Live-Ticker:

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