DFB-Vizepräsident leidet unter Schiedsrichter-Affäre

15.3.2010, 00:00 Uhr
DFB-Vizepräsident leidet unter Schiedsrichter-Affäre

© Zink

Rainer Koch als Getriebenen zu skizzieren, fällt an diesem Abend leicht. Fast schulterlang trägt der Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes sein Haar, während seiner Rede auf dem Kreistag des Kreises Nürnberg-Frankenhöhe in der Nürnberger Gartenstadt fallen ihm ab und an Strähnen ins Gesicht. Ein Lächeln hat er erst angeknipst, kurz bevor er auf die Bühne muss.

Wie angespannt er ist, zeigt sich vorher, als er hinter einem Vorhang telefoniert. Das Telefon fällt zu Boden, Koch wirkt müde. Er ist ja nicht nur Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes, der derzeit eine sowieso aufwendige Kreistag-Tour absolviert. Heute Nürnberg, morgen Aschaffenburg - Kochs Terminplan ist voll.

Mediale Wucht

Blöderweise ist Koch auch Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes und saß bis vor kurzem auch im Schiedsrichterausschuss. Bis vor kurzem, dann meldete sich Michael Kempter, ein Schiedsrichter, zu Wort, und nahm eine Auseinandersetzung ihren Anfang, die nun unter dem Stichwort Schiedsrichter-Affäre täglich Schlagzeilen produziert. Mittendrin: Rainer Koch aus Poing, einer 13 000 Einwohner-Gemeinde nahe München.

Um 4.45 Uhr hat dort am Freitag der Wecker geklingelt. Koch musste nach Frankfurt zu einer DFB-Präsidiumssitzung. Es ging, natürlich, um die Schiedsrichteraffäre, um Kempter, Amerell und um Theo Zwanziger, Kochs Präsidenten, der in all dem Schlamassel selbst in die Kritik geraten war. »Acht Uhr Vorbesprechungen, zehn Uhr Treffen mit Zwanziger, 15 Uhr Vorstandssitzung, dann zum Flughafen.» Koch rattert seinen Tagesablauf herunter, der Ausflug nach Nürnberg wirkt wie die Flucht vor Kempter und Co. Kurz zuvor hat er sich in einen Sessel fallen lassen und das Gespräch mit einer Frage begonnen: »Großer oder kleiner Fußball?»

Großer Fußball natürlich, die Streitereien im Kreis können nicht mithalten mit dem Streit der Schiedsrichter. Kochs Reformvorschläge für den Amateurfußball? Nett gemeint, aber derzeit ein Thema, das unterzugehen droht in all dem Wust. Er beginnt ja seine Rede kurz zuvor selbst mit dem großen Fußball. »Wir haben einen Präsidenten, bei dem es sich lohnt, dass man zu ihm steht», sagt Koch, meint aber nicht sich, sondern Zwanziger. Wenn dann im Gespräch die Spannung abfällt, kann man fast Mitleid haben mit dem hauptberuflichen Richter. Er engagiert sich für den kleinen Fußball, nur findet er derzeit keine Plattform, wo man für die Probleme der Amateur-Klubs werben könnte, so richtig mag das ja nicht einmal hier gelingen, wo sich die Kleinen treffen.

Schweigen statt Antwort

»Man konnte die mediale Wucht nicht absehen, man konnte auch nicht ahnen, dass sich die Protagonisten derart attackieren», sagt Koch. Kempter und Amerell tragen diese Affäre in der Öffentlichkeit aus, kaum ein Tag, der nicht mit einer neuen Negativschlagzeile beginnt. Für Kempter, für Amerell, für Koch und den DFB. Jetzt hat man sich zusammengesetzt, wollte Zwanziger den Rücken stärken. Hat man auch gestritten? Gründe gäbe es: Zum Beispiel die Strategie, die anfangs mit der klaren Position pro Kempter konsequent wirkte, die dann aber immer unkoordinierter schien, gekrönt von einer Niederlage vor Gericht. Amerell gelangte an die Namen weiterer Unparteiischer, die gegen ihn ausgesagt hatten, auch sie zerrt er nun in die Öffentlichkeit. Koch beantwortet die Frage mit einem Schweigen. Natürlich sind sie beim DFB unglücklich mit ihrer Außendarstellung, vielleicht auch mit ihrem Präsidenten, sagen wollen sie das nicht.

Stattdessen sagt Koch, dass man »das Schiedsrichterwesen transparenter und effizienter machen will». Mitarbeiten will er daran, leitet am Mittwoch eine Arbeitsgruppe zum Thema. Das hört sich routiniert an: Arbeitsgruppe. Sie suchen nach Halt beim DFB. Vielleicht finden sie ihn im institutionalisierten Gedankenaustausch.