Dichter unter Druck

4.6.2007, 00:00 Uhr
Dichter unter Druck

© Karlheinz Daut

Wie fünf Stunden später im benachbarten Stadion dem Außenseiter San Marino blieb den Akademikern die befürchtete zweistellige Niederlage erspart. Leicht angeschlagen von einer Mannschaftslesung im Staatstheater am Vorabend (Seite 6), kamen die von Nürnbergs Pokalsiegertrainer Hans Meyer gecoachten und um Regisseur Sönke Wortmann verstärkten Dichter auf dem satten Grün am Valznerweiher zu einem 3:1-Erfolg - an dem sich beide Seiten (und 131 Zuschauer) berauschen konnten.

«Ich glaube, dass wir das alles erst morgen richtig realisieren können», erwies sich FAZ-Feuilletonist Jürgen Kaube, standhafter Verteidiger der Akademiker, auch in der Analyse als stilsicher. «Eine Niederlage gegen ein Hans-Meyer-Team ist in jeder Karriere ein Höhepunkt», sagte das überragende Akademie-Torwarttalent Ronny Blaschke - eine Ansicht, die der hinter den Spitzen eher durchhängende Autor dieser Zeilen nur teilen kann, schließlich steht man damit noch deutlich besser da als der Deutsche Meister (Stuttgart verlor gleich dreimal gegen Meyers Nürnberg).

Mit zwei blitzsauberen Toren bewies dabei Dramatiker Moritz Rinke aus Berlin schon WM-Reife - unter erschwerten Bedingungen. «Der Druck war fast unmenschlich», sagte Rinke in Anspielung auf Meyers im kicker verbreitete Wertschätzung («Moritz ist mein bester Mann»). Den dritten Treffer steuerte Klaus Döring bei, einzig real existierende Kombination aus Rudi Völler und Ronaldinho.

Übertroffen wurden beide an Effizienz nur von Thomas Brussig. Der Berliner Romancier («Wie es leuchtet»), Gründer des Literaten-Teams, verstärkte diesmal die Akademie - und leitete mit seinem einzigen Ballkontakt («dem Anstoß», wie Brussig auf Anfrage erläuterte) den Ehrentreffer durch Pfarrer Jochen Wagner ein; Keeper Albert Ostermaier («Ode an Kahn») war, Enthüllungen zufolge nicht unempfindlich geschwächt von einem Kneipenstreifzug durch Fürth, chancenlos. «Ich kann meine Gefühle noch nicht beschreiben», bat auch Brussig um Verständnis, «ich habe schließlich eine enge emotionale Bindung zu beiden Teams.»

Der Vorhang fiel nach 70 Minuten, und Fragen blieben offen. «Als Verteidiger steht man ja immer beim Torwart und wundert sich, was die da vorne machen», rätselte Florian Werner, Autor der Karaokeseifenoper «Rachengold». Aber nach Trainingstagen zwischen Dichtung und Wahrheit muss die Elf in Malmö nun - im Kampf um die letzten Antworten - ohne ihren Spiritus rector auskommen. Hans Meyer ist erklärtermaßen urlaubsreif, aber, versichert Moritz Rinke, die Taktik steht: Kick it like Beckett. Ansonsten gilt die Devise, mit der Trainer-Luchs Meyer die Kämpfer beider Teams am Samstag aufs Feld geschickt hatte: «Kommt gesund zurück, Jungs.» hbö