Die Jäger: Erlanger Ruderer qualifiziert sich für WM

1.7.2016, 12:00 Uhr
Die Jäger: Erlanger Ruderer qualifiziert sich für WM

© Foto: Katharina Tontsch

An Land sind es träge Jäger mit drahtigen Beinen und dünnen Socken in den Badelatschen. Auf dem Wasser allerdings verwandeln sie sich in pumpende Kraftpakete. In ihrer Altersklasse U 23 sind sie die Schnellsten – und deshalb für die Weltmeisterschaft qualifiziert.

Seit einem halben Jahr sitzen Jonathan Schreiber und Joachim Agne zusammen im Leichtgewichts-Doppelzweier, aber auch im Doppelvierer. Beide trainieren bei Ingo Euler, Agne reist deshalb sogar aus Würzburg an. Schreiber wechselte im vergangenen Jahr von Regensburg zum Erlanger Ruderverein, auch weil er seit dem Wintersemester hier „Integrated Life Sciences“ studiert.

Vor allem aber hat er trainiert.

2015 ist er im Training rund 3000 Kilometer gerudert. In diesem Jahr hat er diese Marke bereits jetzt überschritten. Der 18-Jährige hat sich verbessert, das Ziel war die Weltmeisterschaft.

Um sich dafür zu qualifizieren, musste ein Sieg bei den Deutschen Meisterschaften in Hamburg her. Im Doppelzweier allerdings war schon die ganze Saison ein Duo — die amtierenden U-23-Weltmeister — besser. Immer besser. Rund fünf Sekunden besser. „Das ist schon viel“, sagt Schreiber. Er ist ein ruhiger junger Mann, überlegt, gelassen, cool, auch in Badelatschen. „Wir haben uns als Team langsam hineingesteigert.“

Das Rennen auf der Deutschen Meisterschaft lief gut, „keinen klitzekleinen Fehler haben wir gemacht“. Bis zur Hälfte der Strecke, bei der 1000-Meter-Marke, waren Schreiber und Agne Zweiter, wie gewohnt zwei Bootslängen oder fünf Sekunden hinter ihren schärfsten Konkurrenten. „Es ist wichtig, beim Rennen den Überblick zu behalten.“ Deshalb gucken sich die Ruderer auch immer um, wo sich ihre Gegner befinden und wer wann zum Sprint ansetzt. „Dann spürt man auch die Boote neben sich im Wasser.“

"Gefeiert haben wir dann eher innerlich"

Auf der Hamburger Regattabahn allerdings spürte plötzlich die Konkurrenz, wie der Erlanger mit seinem Partner anzog. Bei 1750 Metern lagen die Boote gleichauf. Es folgte noch ein Spurt, auf den letzten 250 Metern überholten Schreiber und Agne ihren Gegner und kamen in 6:22,92 Minuten als Erste ins Ziel. Plötzlich waren sie Deutscher Meister, und als solcher dürfen sie zur WM fahren.

„Gefeiert haben wir dann eher innerlich“, sagt Schreiber. Nach einem solchen Rennen sei man einfach zu platt und froh, es überhaupt überstanden zu haben. Die Taktik jedenfalls ist aufgegangen. „Man überlegt vorher mit dem Trainer, nach wie vielen Metern ein Spurt kommt.“ Dann ruft Agne ein kurzes Kommando, und ab geht es. „Unser Vorteil war, dass wir nichts zu verlieren hatten. Wir waren die Jäger, die Herausforderer.“

Diesen Status haben Schreiber und Agne nun verloren. „Der Anspruch des Verbands ist sicher, dass wir Weltmeister werden“, sagt der Erlanger. In den vergangenen drei Jahren war Deutschland immer Erster. „Der Druck wird groß.“ Der 18-Jährige sagt das ganz ruhig, als würde ihn das nicht betreffen. Bis zur WM ist aber auch noch Zeit, das Turnier findet vom 21. bis zum 28. August in Rotterdam statt.

"Alleine wäre es größerer Stress"

Für Schreiber ist es die erste Weltmeisterschaft überhaupt, zudem ist er der erste Erlanger Ruderer, der es geschafft hat. Joachim Agne hingegen war vergangenes Jahr schon dabei, hat mit dem Doppelvierer Rang vier belegt. „Es ist eine ganz andere Atmosphäre, der Zusammenhalt im gesamten deutschen Team ist super.“ Schreiber profitiert von der Erfahrung seines drei Jahre älteren Partners. „Alleine wäre es größerer Stress.“

Den hat Teamkollege Lasse Grimmer noch vor sich. Er gewann auf der DM in der Junior-A-Klasse (U19) im Vierer ohne Steuermann und im Achter zweimal Silber. Für das WM-Ticket aber muss er sich an diesem Wochenende noch in einem Einzel-Leistungstest gegen einen direkten Konkurrenten durchsetzen. Dafür strampelt er auf dem Ergometer, macht Stufen-Tests, rudert in einem Boot, in dem alle seine Daten erfasst werden. „Es geht darum, in jedem Test besser zu sein“, sagt der 18-Jährige. 2015 hat er die WM in Rio schon knapp verpasst, dieses Jahr will er in Rotterdam unbedingt mit.

Schreiber und Agne haben die Teilname schon sicher. Für das Duo stehen nun zwei harte Monate der Vorbereitung an. Höhepunkte und Wettkämpfe bleiben aus, zwischenzeitlich geht es ins Trainingslager. Ansonsten müssen die Beiden weitere Kilometer den Europakanal entlang rudern. Bei der WM könnten sie die Gejagten sein.

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