Doch wieder Odyssee

29.3.2018, 19:00 Uhr
Doch wieder Odyssee

© Anja Hinterberger

Am Ende waren es mickrige drei Punkte, irgendwo verloren gegangen in 22 Spielen seit 10. September bis zum vergangenen Sonntagnachmittag. Irgendein Unentschieden, eine der vielen knappen Niederlagen zu viel. So wurde auch das abschließende Saisonspiel gegen den Bundesliganachwuchs der HSG Wetzlar in der Hiersemannhalle, so etwas wie die allerletzte, kleine Chance, um das Ziel vielleicht doch noch irgendwie zu erreichen, zum Sinnbild einer Saison voller Auf und Ab in der Junioren-Bundesliga für den HC Erlangen: Das hart erkämpfte 30:30 (16:14) war sehr achtbar, aber am Ende eben zu wenig.

Sport in seiner härtesten, unsensibelsten Form.

"Keine Katastrophe"

"Es ist jetzt keine totale Katastrophe", sagt Jugendkoordinator Tobias Wannenmacher, "aber es ist schon eine Enttäuschung." Platz sechs hätte Erlangen in der Abschlusstabelle benötigt, um auch kommende Saison wieder in der Bundesliga starten zu dürfen. Es wurde: Platz acht mit drei Punkten Rückstand aufs rettende Ufer. Deshalb geht es jetzt wieder in den harten Qualifikationsmarathon, durch Ferien und Abiturprüfungszeit, der schon am 7. April ab 10 Uhr in der Hiersemannhalle mit dem ersten von zahlreichen Turnieren von vorne beginnt. "Unser Ziel wird es sein, uns diesen Irrsinn das nächste Mal zu ersparen", hatte Trainer Matthias Bracher vergangenes Jahr noch gehofft.

"Die Mannschaft hatte starke Phasen", sagt Tobias Wannenmacher und meint zum Beispiel die vier Wochen, in denen der HCE zu Hause den Tabellenführer aus Leipzig mit zehn Toren Unterschied bezwang und auch die kommenden drei Partien für sich entschied. "Und sie hatte den Faden mal verloren" – wie zum Beispiel direkt nach dieser Phase, als drei Pleiten folgten. "Insgesamt war sie aber zu inkonstant." Was man ihr zugetraut hätte, wäre aufgrund des sportlichen Niveaus der Klassenerhalt gewesen: Nicht wenige Talente wurden vor der Saison offensiv zum HCE gelockt, um dem Team mehr Erfahrung, mehr Klasse zu schenken. Ein Weg, den man in dieser Form so oft noch nicht gegangen war beim HCE. "Wir sind jetzt in einer Analysephase", sagt Wannenmacher. Beim HCE wollen sie nicht einfach weitermachen, sondern lernen, um es zukünftig besser zu machen.

Begrenzte Möglichkeiten

Die Möglichkeiten sind aber begrenzt: Internate wie in Großwallstadt sind ohne Geldgeber nicht machbar, die Fördergelder reichen nicht aus, um Leistungshandball auf höchstem Niveau anzubieten. "Wir werden weiterhin Jugendspielern keine Gehälter zahlen. Wir leben vom Einzugsgebiet, von einem großen Pool an Talenten", sagt Wannenmacher. Schon mehrfach hat auch dieser Weg zum Erfolg geführt, mit kleinen Mitteln nach oben – angetrieben von Talent, Leidenschaft und Willen, etwa bei Michael Haßferter, Johannes Bayer oder Christopher Bissel. Alle haben heute Bundesligaeinsätze vorzuweisen, Bissel ist gar zum Bundesligaspieler geworden. Deshalb wollen sie nun probieren, mit Johannes Heufelder (Foto: Harald Sippel) einen hauptamtlichen Trainer in der A-Jugend zu installieren. Als Team wird die jetzige B-Jugend aufrücken, eine Mannschaft, die in sich über Jahre gewachsen ist und die punktuell mit Spielern, die noch A-Jugend spielen dürfen, ergänzt wird: "Ziel ist wieder die Bundesliga."

Der bisherige Trainer Matthias Bracher rückt dafür in die B-Jugend. "Das ist keine Kritik an Matsches", sagt Wannenmacher, "wir brauchen aber jemanden, der sich rund um die Uhr mit dem Team befassen kann." Bracher ist Lehrer und an manchen Tagen daher bis in den Abend hinein nicht verfügbar. Sein Co-Trainer Harald Käppner soll die neue U 21 übernehmen, die dritte Mannschaft, die einige der ehemaligen A-Junioren nun aufnimmt. "Hier ist das Ziel langfristig Landes- oder gar Bayernliga, je nach Finanzierbarkeit", sagt der Jugendkoordinator, selbst Trainer der U 23 in der dritten Liga. Seine Mannschaft, der direkte Unterbau der Bundesliga, ist das nächste Etappenziel für die meisten Talente. Eines der größten, Devin Ugur, der vor der Runde aus Großwallstadt kam, wird den HCE wieder verlassen.

Bruck als Konkurrent

In derselben Liga wie die U 23 spielt bald auch der TV 1861 Erlangen-Bruck, "mit vielen bin ich freundschaftlich verbunden – aber natürlich ist das auch sportliche Konkurrenz", sagt Wannenmacher. Jedoch mit anderer Philosophie.

Beim HCE soll es weiter Ziel sein, Spitzenhandball anzubieten mit dem beiderseitigen Traum, dass Spieler es bis in die Bundesliga schaffen können. "Hierfür bieten wir die sportlichen Rahmenbedingungen", sagt Wannenmacher. Ob die Talente dann tatsächlich den steinigen Weg bis zu Ende gehen, entscheiden dann keine Punkte mehr, auch keine Qualifikationsodyssee. Dann zählen einzig Glück, Talent und Durchsetzungsvermögen.

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