Draisaitl: Der total überzeugende Wunschtrainer

27.9.2011, 10:28 Uhr
So sieht also ein "harter Hund" aus: Peter Draisaitl will aber fair zu den Ice Tigers bleiben.

© imago So sieht also ein "harter Hund" aus: Peter Draisaitl will aber fair zu den Ice Tigers bleiben.

Wer versucht hat, Lorenz Funk am vergangenen Wochenende telefonisch zu erreichen, musste zunächst mit einer freundlichen Frauenstimme vorliebnehmen. Die freundliche Frauenstimme gab einem folgenden Rat: „Wenn Sie eine Rückrufbitte wünschen, drücken Sie die eins.“ Viele Menschen drückten daraufhin die eins, Thomas Sabo, Journalisten, Spielerberater, Trainerberater, arbeitslose Trainer aus Frankreich, Österreich und jedem weiteren europäischen Land, in dem professionell Eishockey gespielt wird, und Trainer, die zwar angestellt, mit ihrer Anstellung aber unzufrieden sind.

In fast allen Fällen erfüllte Funk die Bitte um einen Rückruf und nahm dabei in Kauf, jenes persönliche Gespräch hinauszuzögern, das den Großteil der Telefonate überflüssig gemacht hätte. In der Nacht von Freitag auf Samstag war es Funk selbst gewesen, der viele Nummern gewählt hatte, um eine Liste derjenigen Eishockey-Trainer zu erstellen, die das Zeug dazu haben, die Thomas Sabo Ice Tigers aus dem Tabellenkeller zu holen. Nach und nach strich der Geschäftsführer dann die Namen derer weg, die „zu nett“ sind, denen „die Spieler auf der Nase herumtanzen“ und die für den Nürnberger Profiklub finanziell nicht infrage kommen. Im Morgengrauen beschränkte sich die Auswahl dann auf zwei Namen. Den einen strich Funk weg, als er erfuhr, dass es Hans Zach nicht machen würde. Und so blieb nur ein Name übrig: Peter Draisaitl.

Nachdem er fast alle Rückrufbitten erfüllt hatte, nahm Funk dann am Samstagnachmittag persönlich Kontakt auf und verabredete mit dem einstigen Nationalmannschaftskollegen ein Treffen am Sonntag in München. Draisaitl lobte die Atmosphäre des Bewerbungsgesprächs als „sehr angenehm, sehr harmonisch“. Funk war danach „total überzeugt“ von seiner Auswahl: „Peter Draisaitl ist nicht unser neuer Trainer, weil wir keinen anderen gefunden haben, sondern weil wir keinen anderen wirklich wollten.“

Zweitligameister mit Prinzipien

Am Montag setzte Draisaitl seine Unterschrift unter einen Vertrag bis zum Saisonende, am Dienstag um zehn Uhr wird er in der Arena seine erste Trainingseinheit leiten und um 14.30 Uhr wird der 146-malige Nationalspieler den Medien vorgestellt. Funk entsprach schon gestern einer weiteren Rückrufbitte und erklärte, warum er überzeugt davon ist, dass Draisaitl der beste Trainer für die derzeit schlechteste Mannschaft der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ist: „Er hat genau die nötige Erfahrung, ist aber nicht zu alt. Er ist hochmotiviert, hatte aber schon Erfolg. Denn was bringt uns ein Trainer, der zwar seit drei Jahren in der DEL tätig ist, aber nie Erfolg hatte. Er ist bereit, harte Entscheidung zu treffen und er hat den Ruf, Profis motivieren zu können. Genau das haben wir gebraucht.“

Der in der damaligen Tschechoslowakei geborene Ex-Profi spielte in seiner Karriere für Mannheim, Köln, die Moskitos Essen und die Revierlöwen Oberhausen. Als Trainer war er in der DEL für Oberhausen und Duisburg, in der zweiten Liga und der Oberliga für Bremerhaven, Straubing und Regensburg tätig. Zuletzt stand Draisaitl für drei Jahre in Ravensburg als Cheftrainer unter Vertrag. Im Frühjahr führte er den Zweitligisten zur Meisterschaft. Weil die DEL den Ravensburger Bemühungen um eine Lizenz allerdings eine Absage erteilt hatte, gab Draisaitl im Sommer seinen Abschied bekannt, weil ihm die sportliche Perspektive fehlte. Für eine neue Anstellung war es da jedoch zu spät.

In Nürnberg will er nun „den Spagat schaffen, in dieser Saison, die ja gerade erst anfängt, möglichst viel zu erreichen und unbedingt langfristig etwas aufzubauen“. Kurzfristig steht am Donnerstag erst einmal sein erstes Heimspiel gegen Hannover an (19.30 Uhr). In der kurzen Zeit davor will Draisaitl nicht „mit der groben Kelle“, sondern „in aller Ruhe und Sachlichkeit an den Details“ arbeiten, „damit wir so früh wie möglich unseren ersten Saisonsieg einfahren“. Derek Mayer wird ihm dabei nicht helfen. Der bisherige Interimstrainer wurde gestern Abend beurlaubt.

Keine Kommentare