"Ein Trainer ist nicht ein Idiot!"

17.4.2014, 11:38 Uhr
Deutschlands Trainer bringen ihre Schützlinge nach vorne, erhalten dafür aber - laut eigener Einschätzung - zu wenig Wertschätzung.

© Sportfoto Zink Deutschlands Trainer bringen ihre Schützlinge nach vorne, erhalten dafür aber - laut eigener Einschätzung - zu wenig Wertschätzung.

Wenig Anerkennung, ungewisse Perspektiven und bescheidene Gehälter: Die Trainer im deutschen Spitzensport klagen immer vehementer über geringe Wertschätzung für ihre Arbeit. „Es gibt Trainer, die bereiten Athleten auf eine Weltmeisterschaft vor und bekommen dafür 600 Euro monatlich“, berichtete Ulla Koch, Frauen-Cheftrainerin im Turnen, bei einem Journalisten-Workshop der Trainerakademie am Dienstag in Köln mit dem Titel „Ein Trainer ist nicht ein Idiot!“.

Es geht nicht nur um Geld, sondern ebenso um den Status eines Berufsstandes, der staatlich nicht anerkannt ist. Jahrelange Bemühungen, die Diplom-Trainerausbildung an der Kölner Akademie zu Bachelor-Studium aufzuwerten, sind bisher gescheitert. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran“, berichtete Thomas Weikert, Vorsitzender des Vereins Trainerakademie.

Doch die sportpolitischen Widerstände sind groß – auch beim Träger, dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Immerhin sind seit Gründung der Trainerakademie vor 40 Jahren knapp 1300 Diplome vergeben worden und Coaches ausgebildet worden, die im weltweiten Sport begehrt sind. Seit Gründung des DOSB im Mai 2006 sind seine Trainer institutionell nicht mehr eingebunden. Der Beirat der Trainer des ehemaligen Deutschen Sportbundes wurde abgeschafft. „Das war ein Fehler“, sagte DOSB-Sportdirektor Bernhard Schwank. Zugleich kündigte er an, dass im Zuge der Strukturreform ein Expertengremium Trainer in den Statuten des Dachverbandes verankert werden soll. Außerdem bot er an, mit dem relativ neuen Berufsverband der Trainer im deutschen Sport den Austausch suchen zu wollen.

Zu besprechen gibt es viel. Schließlich hat sich die deutsche Erfolgsbilanz bei Olympischen Spielen eklatant verschlechtert. Seit 1992 ist die maximale Zahl der Medaillen, die ein Land bei Winterspielen holen kann, von 14 bis 18 auf etwa sieben Prozent bei den Sotschi-Spielen im Februar (8 Gold/6 Silber/5 Bronze) gesunken. „Die Zahl hat sich halbiert. Deshalb sprechen wir von einer nicht mehr Wirksamkeit des Leistungssports in dem konkreten Fall“, erklärte Arndt Pfützner, Direktor des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaften (IAT) in Leipzig. Um den drastischen Abwärtstrend zu stoppen und Athleten optimal auf Großereignisse vorzubereiten, brauche es qualifizierte Trainer. „Durch die Traineroffensive, die 2005 gestartet wurde, gab es Fortschritte, doch im eigentlichen Sinne ist die Offensive gescheitert“, befand Pfützner.

Sozialfonds gegen das Risiko

Zur DOSB-Traineroffensive gehörte, die Honorierung der Trainer zu verbessern und faire Rahmenbedingungen zu schaffen, zu denen die Laufzeit von Verträgen gehört. Insgesamt sind laut DOSB die Gehälter seit 2008 um 7,75 Prozent gestiegen, dennoch können viele Trainer kaum eine Familie davon ernähren. Zwar reicht die Spannbreite der Bezahlung von Cheftrainern zum Beispiel von 50 000 bis 160 000 Euro, die für Bundestrainer von 41 500 bis 130 560 Euro – die Mehrzahl der Coaches kann von solchen Spitzenlöhnen aber nur träumen. „Der Trainerberuf ist einer der risikoreichsten, den es in unserer Gesellschaft gibt“, sagte Michaela Engelmeier-Heite, sportpolitische Sprecherin der SPD im Bundestag. Dies gelte besonders für ältere Trainer. Deshalb regte sie ein Sozialfonds für Trainer an. Den Vorschlag, eine besseren Entlohnung bei limitierten Fördermitteln zu ermöglichen, machte Gerhard Böhm, Leiter der Sportabteilung im Bundesinnenministerium. Man müsse über die Größe der Athletenkader nachdenken: Weniger Sportler, weniger Trainer.

Die Trainer suchen die Schuld für ihre nicht zufriedenstellende Situation aber nicht nur bei BMI, DOSB oder den Verbänden, sie übten auch Selbstkritik. „Für den Schlamassel sind wir auch selbst verantwortlich“, bekannte Badminton-Cheftrainer Holger Hasse. Zu lange habe man versäumt, gegen die Missstände aufzubegehren. „Die Trainer haben ihre Ansprüche nicht formuliert“, sagte der ehemalige Hockey-Präsident und Sportrechtler Christoph Wüterich. „Wir sind immer einvernehmlich, eine Familie, tragen die Konflikte nicht aus.“

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