Eishockey-WM: Draisaitl gibt sofort den Rhythmus vor

15.5.2017, 13:45 Uhr
Deutschlands Stürmerstar Leon Draisaitl soll bei der WM für Furore sorgen.

© dpa Deutschlands Stürmerstar Leon Draisaitl soll bei der WM für Furore sorgen.

Leicht gerötete Augenringe, eine Basecap in fast dem selben Ton auf dem Kopf und noch nicht ganz ausgeschlafen war Leon Draisaitl am Samstagvormittag am Frankfurter Flughafen dem Air-Canada-Flug aus Calgary entstiegen. In Empfang genommen wurde der 21 Jahre alte Stürmer von seiner Mutter Sandra Draisaitl sowie den ersten Kameras und Mikrofonen vor der Nase. Ob er das 2:3 nach Verlängerung gegen die Dänen verfolgt habe, wurde sogar gefragt. Draisaitl kannte das Ergebnis, nicht aber das Zustandekommen. Wie auch, schließlich hatte er sich ja auf der langen Reise über den großen Teich befunden.

Am nächsten Resultat hatte der Ausnahmekönner Stunden später in seiner Heimatstadt großen Anteil. Eine Mütze voll Schlaf hatte sich der Star vom NHL-Team Edmonton Oilers genehmigt, dann nahm er den "Eiskaltstart" an, wie er seinen Einsatz ohne eine einzige Trainingseinheit mit der deutschen Auswahl gegen Italien nannte. Zum weitgehend ungefährdeten 4:1-Erfolg über biedere Italiener steuerte die personifizierte Hoffnung des Deutschen Eishockey Bundes gleich mal eine Vorlage bei und lenkte die Aktionen.

Sturms doppelte Belohnung am Muttertag

Nicht mal Zeit war geblieben, um den Play-off-Bart nach dem Ausscheiden der Oilers in der NHL zu rasieren. "Für mich ist die WM die nächste Play-off-Runde", erklärte Draisaitl den Verzicht auf Kontakt mit einer Klinge. Für den Sohn des früheren Nürnberger Trainers und Nationalspielers Peter Draisaitl, der seinen Sohn auf dem Flug nach Deutschland begleitet hatte, lief das erste Spiel bei der WM in seiner Stadt wie geschmiert. Rechts flankiert vom Münchner Brooks Macek und links vom Mannheimer Matthias Plachta beeindruckte der Mittelstürmer mit Scheibenführung, Übersicht und Passgenauigkeit.

Im Schlussabschnitt drosselte Bundestrainer Marco Sturm die Einsatzzeiten seines müden Juwels. Schließlich soll Draisaitl am Dienstag (20.15 Uhr/Sport1) im voraussichtlich entscheidenden Spiel um den Einzug ins Viertelfinale gegen Lettland erneut die Fäden ziehen und noch stärker auftrumpfen als gegen die Italiener. So gewährte Sturm Draisaitl denn gestern auch einen besonderen Bonus. Mit Mama Sandra verbrachte er zusammen den Muttertag. Eine Belohnung für beide, zu Hause in Köln ist Leon schon lange nicht mehr regelmäßig. Seit fünf Jahren spielt er in Nordamerika, wechselte schon im Juniorenalter nach Übersee.

"Bis Dienstag durchschlafen"

Womöglich erfüllte seiner Mutter ihrem Sohn einen Wunsch zumindest teilweise. "Am liebsten würde ich bis Dienstag durchschlafen", sagte Draisaitl nach dem Duell mit Italien, wohlwissend, dass daraus nichts werden wird. So ganz ohne Training mit seinen nationalen Teamkollegen wird Bundestrainer Sturm den Hoffnungsträger Nummer eins nicht wieder auf das Eis lassen.

Dass rund um ihn eine Euphorie ausgebrochen ist, ist Draisaitl bewusst. Dass er zum Heilsbringer geworden ist, hat er verinnerlicht. Verunsichert hat es ihn nicht. "Ich denke, dass man immer Druck hat, wenn man ein guter Spieler sein möchte. Natürlich lese ich auch die Zeitungen und weiß, was in Deutschland abgeht. Ich freue mich, zu Hause zu spielen, vor meiner Familie und den deutschen Fans", kommentierte er die aufgekratzte Stimmung rund um seine Person. Wer in der besten Liga der Welt allerdings der achtbeste Scorer der Hauptrunde geworden ist, kann mit besonderer Aufmerksamkeit auf und neben der Eisfläche umgehen. Hohe Erwartungen erfüllen, gehört zu seinem Alltag.

Humor gehört auch dazu

In den des deutschen Teams kehrte mit dem Sieg über Italien wieder mehr Spaß ein. Torhüter Danny aus den Birken stand weit vorne auf der Liste der Missmutigen. So richtig wollten die Kritik an seinen Auftritten und die eigene Einschätzung seiner Leistung nicht korrespondieren, was seine Laune drückte.

Aus den Birken aber war es, der den Sieg über Italien und die neue Freude in der Kabine des deutschen Teams mit dem Brüller garnierte. "Das war eine super Mannschaftsleistung. Nur zwei Schüsse im ersten Drittel aufs Tor, einen davon habe ich sogar gehalten", brachte der Münchner das Team zum Lachen. Trotzdem: Morgen wird mit Philipp Grubauer von den Washington Capitals neben Draisaitl der zweite Hoffnungsträger aus der NHL im Tor stehen.

Keine Kommentare