Entscheidung naht: Bleibt Radoki Kleeblatt-Coach?

21.12.2016, 09:32 Uhr
"Ich werte Kritik als etwas Positives. Daraus kann mal viel lernen": Janos Radoki scheut sich nicht vor klaren Worten.

© Foto: Wolfgang Zink "Ich werte Kritik als etwas Positives. Daraus kann mal viel lernen": Janos Radoki scheut sich nicht vor klaren Worten.

Bei Kerzenschein, Lebkuchen und Glühwein wird das Treffen sicher nicht stattfinden. Auch wenn Radoki am Freitag nach dem 1:1 bei Union Berlin noch einmal betonte, "in aller Ruhe und ohne Emotionen" sprechen zu wollen. Ohne Emotionen? Das ist bei einem Mann wie Radoki kaum vorstellbar.

Der 44-Jährige verkörpert Leidenschaft pur. Bei Union tigerte er wie ein Besessener in der ersten halben Stunde die Linie auf und ab, diskutierte mit dem vierten Offiziellen, mit den Spielern auf der Bank und verteilte seiner schlafmützigen Elf eine verbale Ohrfeige nach der anderen. In der zweiten Hälfte übertrug sich sein Ehrgeiz auf die Mannschaft, am Ende nahm die ersatzgeschwächte Truppe einen Punkt mit nach Hause.

Ein unbequemer Coach

Sieben Zähler sammelte Radoki in seinen vier Spielen als Interimscoach mit Fürth ein. "Es hat Spaß gemacht", zog Radoki in der Alten Försterei ein kurzes Fazit. Wie es ab heute weitergehen soll, wollte er nicht orakeln, sagte aber: "Es wird ein klares Statement geben. Egal, wie es ausfällt."

Von wegen Kuschelkurs, um einen der begehrten 36 Trainerplätze in der Bundesliga zu ergattern. Der 44-Jährige tickt anders als andere Kollegen. "Ich bin authentisch und werde es bleiben", sagt Radoki. An kleinen Stellschrauben wolle er drehen, verkündete er bei seiner Antrittspressekonferenz. Gedreht hat er am Ende am großen Rad. Vier verschiedene Aufstellungen, vier verschiedene Systeme präsentierte der 44-Jährige. "Ich will mich weder auf ein System noch eine Stammelf festlegen. Bei jedem Gegner gibt es Möglichkeiten und die muss man erkennen", sagt er.

Seiner Vorstellung von Fußball entsprach keine der vier Vorstellungen. Nach dem schwachen 0:2 gegen St. Pauli stellte er bereits die Qualitätsfrage: "Nach so einer Partie kann man schon mal fragen, ob es reicht", stellte er unmissverständlich klar; ungewohnte Worte eines Übergangstrainers, der um den Einstieg ins Profigeschäft kämpft. Schließlich wurde damit auch die Arbeit von Manager Yildirim und Präsident Hack im vergangenen Sommer ein Stück weit infrage gestellt.

"Pep Guardiola hat neulich gesagt, dass er noch Zeit brauche. Nach einer kompletten Sommervorbereitung und einem halben Jahr Meisterschaft", sagte Radoki. Wunderdinge, so die einfache Interpretation, könne auch er mit dem Team nicht vollbringen, selbst wenn er weitermachen darf.

"Nicht arbeitslos und ganz entspannt"

Der 44-Jährige will klare Strukturen, Abläufe und Zuständigkeiten im Verein, hat sich ein Konzept zurechtgelegt. Ob Hack und Co dem folgen werden, ist offen. Als Notnagel bis zum Saisonende will Radoki sicher nicht herhalten. Der Weg zurück in die U 19, die er seit 2013 mit Erfolg in der umkämpften Junioren-Bundesliga hält, ist ihm sicher. "Ich werde ab dem 17. Dezember nicht arbeitslos und ganz entspannt sein", sagte er.

Es kann für beide Seiten eine Chance sein. Ein junger, profierfahrener Coach, der dem Erfolg alles unterordnet, auf der anderen Seite aber klare Vorstellungen hat und unbequem sein kann. Gegenüber der Mannschaft und seinen Vorgesetzten.

In einem Klub, in dem der Vereinsboss gerne die Fäden in der Hand hält, birgt das Konfliktpotenzial. "Ich werte Kritik als etwas Positives. Daraus kann mal viel lernen", sagt Radoki. Wenn die Gegenseite das genauso sieht, steht einer Zukunft mit ihm eigentlich nichts im Weg.

6 Kommentare