Erlanger bei der Deutschen Ruder-Meisterschaft

25.6.2015, 10:58 Uhr
Erlanger bei der Deutschen Ruder-Meisterschaft

© Fotos: Harald Sippel

Julian Schneider freut sich aufs Wiegen. Jedes Mal wieder. Ein Gefühl, das er exklusiv haben dürfte. Sein Gewicht allerdings ist ihm herzlich egal. Er gehört zu den glücklichen Menschen, die im Prinzip essen können, was sie wollen, ohne großartig zuzulegen. Das Wiegen spielt für den 18-Jährigen dennoch eine wichtige Rolle.

„Wenn es zur Waage geht, weiß ich, dass der Wettkampf beginnt.“ Schneider ist Ruderer in der Leichtgewichtsklasse. Das heißt, er muss sich zwei Stunden vor jedem Rennen wiegen. „Für mich ist das zum festen Ritual geworden.“ Wiegen, Warten, Warmlaufen. Kurz geht es nochmal aufs Wasser. „Damit man das Gefühl für das Boot bekommt.“ Und dann zählt’s.

An diesem Wochenende wird Schneider sich ebenfalls so auf die Rennen vorbereiten. Die Deutschen Meisterschaften im Rudern stehen an. Und der Erlanger hofft auf Medaillen. Er startet im Einer, Zweier und Vierer. „Es sind viele Rennen, aber ich hoffe, es ist kein Nachteil.“ Immerhin hat er mehrere Chancen auf Edelmetall. „Ich habe die Qualifikation für die Weltmeisterschaft knapp verpasst, jetzt ist die DM mein primäres Ziel.“

Auch für Lena Olbrich sind die nationalen Titelkämpfe der Höhepunkt der Saison. In ihrem Jahrgang gibt es keine WM. Im Zweier und im Vierer rechnet sie sich Medaillen-Chancen aus. „Desto besser, desto schöner.“ Anders als Schneider, der mit Nachwuchs-Talenten aus ganz Deutschland im Team rudert, hat die 18-Jährige mit Kristina Engelke aus München eine feste Partnerin. Zuletzt gewann das Duo eine Junioren-Regatta in Hamburg.

Einen festen Partner zu haben, kann vorteilhaft sein, ist jedoch nicht entscheidend. Schneider zum Beispiel startet im Vierer mit den nominell stärksten im Feld. „Aber ich will mir nicht zu viel Druck machen“, sagt der Erlanger. „Rudern ist mein Hobby, es soll Spaß machen.“

Erlanger bei der Deutschen Ruder-Meisterschaft

Das Training allerdings ist hart. „Wir gehen achtmal pro Woche aufs Wasser“, sagt Olbrich. Achtmal in sieben Tagen. Samstag doppelt. Dann tragen sie ihre langgestreckten Einer-Boote aus der Garage des Vereinsgebäudes am Europakanal, die Steinstufen hinunter zur Plattform, ziehen sich ihre Sportsachen an und rudern los.

Das Wetter spielt dabei keine Rolle. Die strammen Beine der Nachwuchsathleten sind braungebrannt von der Sonne. Bei Wind und Regen schützt eine dünne Jacke. „Natürlich hat man nicht jeden Tag Lust aufs Training“, sagt Olbrich. „Aber wenn man erst einmal auf dem Wasser ist, macht es immer Spaß.“

Schneider ist sogar überzeugt davon, dass der Leistungssport ihm auch in anderen Lebensbereichen hilft. „Wir haben früh gelernt, unsere Zeit gut einzuteilen und dann den Plan diszipliniert abzuarbeiten.“ Er rudert sein acht Jahren, Olbrich seit zwölf. Beide haben dieses Jahr Abitur gemacht. Und nebenbei für eine Deutsche Meisterschaft trainiert. Oder eben umgekehrt.

Abiturstress und Training

Schneider möchte in Zukunft weiter leistungsmäßig rudern, geht dafür zum Studieren extra nach Mainz, wo er gute Trainingsmöglichkeiten hat. Olbrich hingegen hört erst einmal mit dem Leistungssport auf. „Ich habe alle Jahrgänge absolviert. Es hat immer Spaß gemacht. Aber jetzt möchte ich etwas anderes ausprobieren.“ Was genau, darüber will sich die 18-Jährige erst nach der DM den Kopf zerbrechen.

Am Mittwoch sind die Sportler vom Erlanger Ruderverein nach Köln gefahren. Mit dabei sind der 19-jährige Freddi Schütt und der 17-jährige Lasse Grimmer. „Wir haben uns noch die Strecke anschauen können“, sagt Schneider, ehe es am Donnerstag mit den Vorläufen los geht.

Nur die Ersten kommen direkt weiter, die Zweiten müssen morgen noch einen Hoffnungslauf bestreiten. Die U-23-Finals für Schneider sind alle am Samstag. Bei Olbrich verteilen sich die Endläufe aufs gesamte Wochenende. Dann geht es um die Medaillen. Die Konkurrenz ist stark. „Ab einem gewissen Niveau entscheidet auch die Tagesform“, sagt Olbrich.

Wichtig bei einem Ruder-Wettkampf ist dabei immer der Start. „Bei uns wird nicht taktiert, sondern Vollgas gegeben“, sagt Schneider. „Wir sitzen ja andersherum im Boot.“ Nur der Führende hat die gesamte Konkurrenz im Blick. „Hinten heraus muss man bei 2000 Metern dann ganz schön kämpfen.“ Umso wichtiger ist es, genau auf den Punkt fit und konzentriert zu sein. Der routinemäßige Ablauf vor dem Rennen hilft dabei. Wiegen, Warten, Warmlaufen. Und dann hoffentlich: Gewinnen.

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