Ex-Club-Keeper Schäfer: Auf der Suche nach Torwart-Talenten

27.12.2017, 15:41 Uhr
Alles im Blick: Der langjährige Profi Raphael Schäfer ist beim Club nun als Torwartkoordinator tätig.

© Sportfoto Zink / JüRa Alles im Blick: Der langjährige Profi Raphael Schäfer ist beim Club nun als Torwartkoordinator tätig.

Zum Mittagessen im Tennisheim am Valznerweiher begnügt sich Raphael Schäfer mit einem Salat – garniert mit Thunfisch und Käse zwar, aber immerhin. "Gute zehn Kilo", gesteht der frühere Torhüter des 1. FC Nürnberg, habe er seit dem Ende seiner Profikarriere im Sommer zugelegt, nun sollen die Pfunde langsam wieder weichen. "Meine Frau ist da eigentlich noch ganz entspannt. Aber nachdem die letzten Hosen nicht mehr passen, habe ich im Dezember wieder mit dem Laufen angefangen", erzählt Schäfer schmunzelnd.

Bis dahin genoss der langjährige Leistungssportler den ungewohnten Luxus, "einfach mal nichts zu machen, das hab’ ich gebraucht". Fast 20 Jahre lang pflegte Schäfer das streng reglementierte und straff durchorganisierte Leben eines Berufsfußballers. Training, Spiel, Regeneration – Woche für Woche derselbe Rhythmus, dazu der saisonale Rahmenterminkalender, der jährlich den Urlaub diktiert.

Tennisturnier und Zeit am Klavier

Das alles ist seit Mai vorbei – und Schäfer genießt seinen neuen Lebensabschnitt. "Man ist viel flexibler, gerade am Wochenende. Jetzt kann ich mit meiner Tochter auch mal zum Tennisturnier fahren und ihr zuschauen", freut sich der dreifache Vater, "wir führen endlich ein normales Familienleben." Auch fürs geliebte Klavierspielen daheim in Erlenstegen bleibt mehr Muse. Die Weihnachtslieder sitzen, "obwohl ich sie seit einem Jahr nicht mehr geübt habe. Da war sogar der Klavierlehrer zufrieden."

Langweilig wird es dennoch selten. Der Alltag mit drei schulpflichtigen Mädchen im Alter von sechs, zehn und elf Jahren will schließlich organisiert sein. Zudem hat sich Schäfer mit Gattin Anja noch während der aktiven Zeit ein zweites Standbein aufgebaut und eine eigene Firma gegründet, die in Nürnberg stilvolle Apartments an Reisende vermietet. "Wir sind so eingespannt, dass wir nicht unbedingt morgens beim Kaffee sitzen und überlegen, was wir heute eigentlich machen sollen", sagt der 38-Jährige und fügt lächelnd an: "Im Hause Schäfer läuft schon immer noch alles auf 100 Prozent."

Und dann ist da ja noch der Anschlussjob als Torwartkoordinator für den Lizenz- und Nachwuchsbereich, den der Club dem verdienten Ex-Profi offeriert hat. "Viel planen, viel schauen, viel notieren", beschreibt Schäfer die neue Aufgabe am Valznerweiher, wo seit 1. Juli sein Schreibtisch im "Büro für Spezialtrainer" steht. Von der U21 bis zur U14 "und manchmal auch noch darunter" hat Schäfer alle NLZ-Keeper des Vereins im Blick, begutachtet und bewertet sie im Training und im Spiel oder per Videoanalyse. Auch das Scouting künftiger Stuhlfauths, Wabras, Köpkes oder Schäfers gehört zum Aufgabenbereich des einstigen Leitwolfs, der schon im Sommer den Kontakt zu Fabian Bredlow hergestellt hatte.

Als Chefcoach Michael Köllner vor einigen Wochen einen Torwartwechsel vollzog und Routinier Thorsten Kirschbaum durch eben jenen Bredlow ersetzte, war zuvor auch Schäfers Meinung gehört worden, "die Entscheidung trifft am Ende aber natürlich der Trainer", betont Schäfer. Gelegentlich kann man ihn auch auf dem Platz entdecken, wenn er bei besonders komplexen Übungen seinem früheren Torwarttrainer und alten Kumpel Michael "Mix" Fuchs assistiert.

Insgesamt ein Job, "der mir viel Spaß macht" und interessante Einblicke in die Abläufe eines Vereins ermögliche, wie Schäfer sagt, den er sich allerdings nicht "bis ins Rentenalter" vorstellen könne. "In welche Richtung es bei mir später gehen wird, weiß ich nicht." Die Trainerausbildung wäre ein Option, aber auch ein Leben ganz ohne Fußball sei durchaus denkbar, sagt Schäfer, der nebenbei ein Studium zum Sportfachwirt vorantreibt. "Vielleicht setzen wir auch komplett auf unsere eigene Firma und breiten uns da weiter aus."

"Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung"

Die aktuelle Entwicklung bei seinem Herzensverein verfolgt der langjährige Club-Kapitän nach wie vor aufmerksam. Niederlagen können ihn auch jetzt noch ziemlich nerven, "insgesamt bin ich da aber schon viel gelassener geworden". Seinen ehemaligen Kollegen traut er zu, "dass sie zu den fünf, sechs Mannschaften gehören, die da oben auf jeden Fall bis zum Ende ein Wörtchen mitreden können." Wehmut will bei ihm trotz der reizvollen sportlichen Perspektive dennoch nicht aufkommen. "Alles hat seine Zeit", sagt Schäfer, und da das Karriereende ursprünglich ja sogar schon ein Jahr vorher geplant gewesen war, "konnte ich mich sehr gut darauf vorbereiten. Ich bin immer noch froh, dass ich einen Schlussstrich gezogen habe. Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung."

Und es ist ja nicht so, als könnte Schäfer nicht auf eine respektable Karriere zurückblicken: Für den Club und den VfB Stuttgart absolvierte er 273 Bundesliga-Spiele, 108 Zweitliga-Partien und sechs Einsätze in der Champions League, er feierte zwei Aufstiege und als Krönung den historischen DFB-Pokalsieg 2007. "Ich bin schon auch stolz darauf, was ich erreicht habe und wie lange ich mich hier halten konnte, weil ich immer meine Leistung gebracht habe", sagt Schäfer, der als meinungsstarker, streitbarer und bisweilen auch dominanter Mensch nie der große Publikumsliebling war und das wohl auch gar nicht sein wollte, am Ende aber sogar von den ihm nicht immer freundlich gesonnenen "Ultras" mit großem Respekt verabschiedet worden war.

Geblieben ist der Ehrgeiz des impulsiven Keepers. Gleich im ersten Einsatz "in meiner ´Altherrentruppe´ des TuS Bar Kochba Nürnberg" habe er als Stürmer "zwei Kisten gemacht, eiskalt", wie Schäfer stolz erzählt. Inzwischen ist er zwar "mehr im Mittelfeld unterwegs", dennoch genießt er das wöchentliche Training und "danach ein Bierchen, wie sich’s halt gehört". Auch wenn das beim zähen Ringen um das alte Kampfgewicht etwas kontraproduktiv sein könnte.

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