Fangipfel: Mehr Dialog bringt mehr Sicherheit

1.11.2012, 18:58 Uhr
Keine Lösungen, aber mehr Dialog: Der Fangipfel in Berlin brachte eine vorsichtige Annäherung zwischen Anhänhern und Verbänden.

© Jörg Carstensen (dpa) Keine Lösungen, aber mehr Dialog: Der Fangipfel in Berlin brachte eine vorsichtige Annäherung zwischen Anhänhern und Verbänden.

Die Fans wehren sich gegen das neue Strategiepapier «Sicheres Stadionerlebnis», das DFB und DFL schnell zur Abstimmung stellen wollen. «Wir wollen einen Dialog. Wir wollen eine sachliche Diskussion führen», sagte Joachim Ranau, der leitende Fanbeauftragte des Bundesligisten Hamburger SV, auf einem Fangipfel in Berlin.

Zurück zum Dialog - auf Augenhöhe. Diese Botschaft gaben rund 250 Fußballanhänger aus 49 Vereinen an die Deutschen Fußball Liga (DFL) und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) weiter. In einer Abschlusserklärung an die Verbände, Vereine, Politik und Polizei zeigten die Anwesenden Eckpunkte auf, die einen Konsens zwischen ermöglichen könnten. Darin enthalten: Fußball ist ein Kulturgut - Stehplätze müssen erhalten bleiben, mehr Geld für Präventionsarbeit und Fans in Gremien in Vereinen und Verbänden integrieren.

Die Verbände stehen nach den diversen Vorfällen in der vergangenen Saison enorm unter Druck, die Innenminister drängen auf eine schnelle Umsetzung von neuen Maßnahmen. «Ich möchte Politiker lieber im Wirtschafts- oder Politikteil der Zeitung lesen - und nicht im Sport», konterte der designierte DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig auf dem Fangipfel in Berlin und forderte eine «verbale Abrüstung»: «Wir dürfen nicht weiter in Superlativen sprechen.»

Das neue Konzept beinhaltet auch verschärfte Sanktionen wie die mögliche Einbehaltung von Fernsehgeldern, längere Stadionverbote und den Ausschluss von Auswärtsspielen. Doch der Maßnahmenkatalog aus präventiven Konzepten und Strafen wird von vielen Fans und Clubs weiter abgelehnt. «Dieses Papier sollte in die Tonne gekloppt werden. Es darf keine Abstimmung geben, da dieses Konzept keine Akzeptanz hat. Man sollte bei Null anfangen», erklärte Sven Brux. Der Sicherheitsbeauftragte des FC St. Pauli schlug vor, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die paritätisch besetzt ist. Dafür gab es sehr viel Applaus in Berlin.

Reinhard Rauball will vom Zeitplan nicht abrücken: «Wir sollten an dem Ziel 12. Dezember festhalten», sagte der Liga-Präsident am Donnerstag. An dem Tag soll die DFL-Vollversammlung das Sicherheitskonzept beschließen. Erst am Mittwochabend war es beim DFB-Pokalspiel zwischen Hannover und Dresden (4:3 n.E.)  zu neuerlichen Zusammenstößen zwischen Fans und Polizei gekommen - die Einsatzkräfte machten die Dynamo-Anhänger dafür verantwortlich.

Diskussion versachlichen

Mit dem neuen Konzept will der Ligaverband die Gewalt im und um das Stadion eindämmen. «Es ist jetzt wichtig, die Clubs mit ins Boot zu holen», betonte Bernhard Witthaut, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP.. «Nur gemeinsam kann die Gewaltspirale zurückgedreht werden.» Doch genau das Gemeinsame fehlt den Fanvertretern. «Es ist dringend erforderlich, die Diskussion wieder mehr zu versachlichen», meinte Ligapräsident Rauball: «Dafür sind weitere intensive Gespräche mit allen Beteiligten, darunter natürlich die Fans und die Polizei, elementar.»

Rettig räumte auch Fehler der Verbände ein: «Die Zeit von Befehl und Gehorsam ist vorbei. Wir brauchen moderne Management-Methoden. Die Fans müssen mit einbezogen werden», sagte Rettig. Seine klare Botschaft: «Nur wenn wir gemeinsam sprechen, kommen wir weiter.» Wie das allerdings konkret aussehen soll, blieb auch am Tag nach den neuerlichen Zwischenfällen von Hannover unklar.

Dynamo Dresden war vor knapp einem Jahr nach Ausschreitungen rund um das Pokalspiel bei Borussia Dortmund schon einmal vom nun laufenden DFB-Pokal-Wettbewerb ausgeschlossen worden. Erst das DFB-Bundesgericht kippte dieses Urteil später wieder und verhängte stattdessen ein Geisterspiel in der 2. Bundesliga gegen den FC Ingolstadt sowie eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 Euro.

"Hysterie, die keinem etwas bringt"

HSV-Fanbeauftragte Ranau wollte den Vorwurf des Gewaltanstiegs beim Fußball nicht akzeptieren. «Wir haben gerade eine Hysterie, die keinem etwas bringt. Wir sollten aufeinander zugehen und zusammen Spielregeln erarbeiten, die von beiden Seiten akzeptiert werden», sagte er. Polizei-Gewerkschafter Witthaut fand es schade, «dass die Polizei zu diesem Kongress nicht eingeladen wurde». Das wies Christian Arbeit, Sprecher des gastgebenden 1. FC Union Berlin, zurück: «DFB- und DFL-Vertreter haben gezeigt, dass man keine Einladung brauchte. Alle hätten kommen können.»

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