Fit in Erlangen: "Unklar, ob Faszientraining gut ist"

7.9.2016, 06:00 Uhr
Fit in Erlangen:

© Foto: Sabine Härdler/fotolia

Wer sein Bindegewebe trainiert, bleibt in Form und geschmeidig, Schmerzen verschwinden und die Leistungsfähigkeit steigt. So die Versprechungen zum Faszientraining, das auch hier in immer mehr Fitnessstudios angeboten wird. Die Physiotherapeutin Jana Brehsan, Dozentin an der Philanthropos Berufsfachschule in Erlangen, behandelt Faszienprobleme auch in ihrer Praxis. Trotzdem ist sie skeptisch.

Ständig ist jetzt die Rede von Faszien und Faszientraining. Wie erklären Sie einem Laien, was das ist?

Jana Brehsan: Faszien sind das Bindegewebe, das zwischen Muskeln und als Hülle um Muskeln herumliegt. Faszien gehen durch den ganzen Körper. Das Faszientraining soll die Faszien lockern und dehnen und Verklebungen lösen, die Probleme bereiten.

Sie sind skeptisch. Warum?

Brehsan: Im Moment wird sehr viel versprochen, es sind viele Mythen auf dem Markt. Dabei existiert einfach noch viel zu wenig Wissen darüber, was genau im Körper passiert. Es kann schon sein, dass das Faszientraining die Faszien um den Muskel herum lockert. Aber ist das gut? Das wissen wir noch gar nicht. Es ist genauso gut möglich, dass eine Lockerung schlecht ist.

Aber Sie behandeln in Ihrer Praxis doch auch Patienten mit Faszienproblemen.

Brehsan: Das stimmt. Aber ich behandle die Faszien nicht vorbeugend, sondern bei Patienten, die zum Beispiel mit Schulter- oder Hüftproblemen kommen. Und ich wende die Techniken nur an, wenn ich nach einer Untersuchung zu dem Schluss komme, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit ein Faszienproblem ist und nichts anderes. Die Ergebnisse werden gemeinsam mit Kollegen dokumentiert und ausgewertet. An Rückenproblemen zum Beispiel sind selten die Faszien schuld, in dem Fall rate ich von Faszientraining definitiv ab.

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Jetzt ist das aber gerade der große Trend in immer mehr Fitnessstudios . . .

Brehsan: Ich bin gerade bei den Gruppen wirklich skeptisch. Da werden die unterschiedlichsten Menschen mit der Blackroll, einer harten Schaumstoffrolle, regelrecht gequält, und keiner weiß, ob das gut ist. Ich glaube nicht, dass die Trainer diejenigen erkennen, die eine Vorerkrankung haben und mit der Blackroll nicht trainieren sollten.

Wer sollte das Faszientraining unbedingt lassen?

Brehsan: Bei Osteoporose kann der Druck, der über die Blackroll auf die Rippen ausgeübt wird, zu hoch sein und sogar zu Frakturen, also Knochenbrüchen, führen. Auch an Knochenvorsprüngen oder Schleimbeuteln kann es durch den Druck, den die Blackroll ausübt, zu Entzündungen und Problemen kommen.

Viele, die das Training im Fitness-Studio ausprobieren, haben aber das Gefühl, es tut ihnen gut. Was raten Sie denen?

Brehsan: Sie sollten einfach vorsichtig sein und nicht so trainieren, dass es wehtut — vor allem nicht hinterher. Ein Trost: In ein paar Jahren werden wir sicherlich mehr über Faszien wissen.

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