Fürth-Trainer Kramer: "Müssen Ansprüche überdenken"

14.3.2014, 05:58 Uhr
Durchaus auskunftsfreudig: Frank Kramer beantwortet Leserfragen.

© Sportfoto Zink / WoZi Durchaus auskunftsfreudig: Frank Kramer beantwortet Leserfragen.

Bernd Naumann aus Fürth fragt: Warum treten wir bei unseren Heimspielen nicht von Beginn an mit zwei Stürmern an?

Frank Kramer antwortet: Die Diskussion über die Anzahl der Stürmer haben wir schon zu Beginn der Saison geführt. Für uns ist dabei nicht vorrangig, wie viele Stürmer auflaufen, sondern wie viele Offensivspieler wir auf das Feld bringen. Das sind von Beginn an bei uns mindestens vier. Dass sich in der Schlussphase Chancen und Räume bieten, liegt natürlich auch daran, dass wir eine sehr gute Ausdauer besitzen und gegen Ende des Spiels sich klassischerweise die Fehler häufen. Außerdem spricht das für unsere Moral. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir in der Liga die meisten Tore erzielt haben. So falsch kann das System also nicht sein. Ich finde übrigens, dass wir uns mit 43 Punkten unsere aktuelle Position erarbeitet haben und nicht nur von den Schwächen der Konkurrenz profitieren.

Rainer Czepluch aus Fürth: Wie nehmen Sie die Unmutsäußerungen der Zuschauer (zum Beispiel bei der Auswechslung von Azemi gegen den FSV Frankfurt) im Stadion und im Forum auf?

Kramer: Natürlich nehmen wir so etwas wahr und jeden Spieler beschäftigen Pfiffe der eigenen Fans. Schöner wäre es natürlich, wenn wir in einer schwierigen Phase eines Spiels von allen angefeuert werden, weil das entscheidend helfen kann. Wir unterstützen uns innerhalb der Mannschaft gegenseitig und natürlich auch einen Spieler, wenn er gerade eine schwere Phase durchlebt.

Horst Weimann aus Seukendorf: Warum ist den Spielern nicht beizubringen, im Strafraum oder in Strafraumnähe einfach aufs Tor zu schießen, anstatt umständlich, wie Azemi gegen Frankfurt, den Ball vom rechten auf den linken Fuß oder zu einem Nebenmann zu schieben? Aus Zuschauersicht muss so was Einfaches den Spielern doch beizubringen sein.

Kramer: Das ist ein Punkt, an dem wir tagtäglich sehr intensiv arbeiten. Wir erarbeiten uns viele Chancen, sind bei der Verwertung aber manchmal zu umständlich. Da helfen letztlich die Erfahrung und das Selbstbewusstsein. Je öfter ein Spieler eine Situation erfolgreich erlebt hat, umso häufiger entscheidet er sich richtig. Zumal das die schwersten Momente sind, weil die Entscheidung unter Gegnerdruck schnell und intuitiv getroffen werden muss. Aber: Wir haben zum Beispiel auch gegen Karlsruhe ein wahres Schussfeuerwerk losgelassen und über 30 Mal auf das gegnerische Gehäuse geschossen — leider aber nur einen Punkt eingefahren.

Claudia Eichner aus Fürth: Erlaubt Herr Hack den Aufstieg in dieser Saison? Oder müssen wir die letzten drei Spiele wieder „unglücklich“ verlieren wie schon die Jahre vor dem ersten Aufstieg?

Kramer: Niemand bei der Spielvereinigung verbietet den Aufstieg. Alle im Verein streben nach dem größtmöglichen Erfolg, das kann ich Ihnen ohne Wenn und Aber versichern. Die Spieler haben es in der Hand, denn die stehen ja auf dem Platz.

Immanuel Reinschlüssel aus Fürth: Ist das Potential von Mavraj für das Aufbauspiel nicht als linker Innenverteidiger viel größer als als rechter Innenverteidiger? Seine Spieleröffnung fehlt komplett, seit er der rechte der beiden Innenverteidiger ist.

Kramer: Ich denke, wir sind uns einig, dass bei einem Rechtsfuß keiner darüber spricht, wenn er auf der linken Innenverteidigerposition eingesetzt wird — siehe Mats Hummels beim DFB und BVB. Bei einem Linksfuß nun schon. Ihre Meinung mit der Spieleröffnung kann ich nicht teilen. Mergim ist technisch stark genug und hat übrigens auch einen guten rechten Fuß. Er kann das auf beiden Positionen spielen, schon auf Grund seiner Erfahrung.

Stefan Achtermann aus Fürth: Was ist schwieriger: aus der zweiten Liga aufzusteigen oder die erste Liga zu halten?

Kramer: Gute Frage, auf die es leider keine gute Antwort zum jetzigen Zeitpunkt gibt. Wir gehen jetzt erstmal den Endspurt in dieser Saison an und dann schauen wir, welche Aufgabe uns in der kommenden Spielzeit erwartet. Beide Herausforderungen sind für uns in Fürth superspannend.

Rolf und Brigitte Motschmann aus Fürth: Baba hat seit mehreren Spielen nichts zu Wege gebracht.  Ganz schlimm war es in Köln. Er war bei den letzten Gegentoren immer beteiligt, leider nur negativ. Vielleicht braucht er mal eine Pause, um sein Talent wieder zu finden.

Kramer: Baba ist ein hochtalentierter 19-jähriger Junge und zeigt immer wieder im Training sein Potential. Dass er noch Fehler macht, ist in diesem Alter normal. Wir haben ihm gegen Bochum eine Pause gegeben, auch weil er nicht für die Nationalmannschaft nominiert wurde und man gemerkt hat, dass ihn das beschäftigt. Er macht sich selbst enormen Druck und ich bin mir sicher, dass er aus diesem momentanen Tal wieder herauskommt. Wir definieren uns in Fürth außerdem als Ausbildungsverein und müssen deshalb jungen Spielern Schwächen und Fehler zugestehen.

Warum sind wir bei Eckbällen gegen uns mit Bayern München die einzigen, die die Torecken nicht zusätzlich durch eigene Spieler absichern?

Kramer: Unser Ansatz ist, dass wir in der Mitte zwei zusätzliche Spieler haben, die mithelfen, dass der Ball im Zentrum gelöscht wird und somit gar nicht erst auf das Tor kommen kann. Wir machen das übrigens nicht so, weil wir wie der FC Bayern sein wollen, sondern weil wir davon überzeugt sind. Wir haben sehr starke Kopfballspieler und dementsprechend auch nur neun Gegentore nach Standards kassiert. Damit liegen wir unter den Top fünf der Liga.

Alex Gscheidl aus Fürth: Beziehen Sie bei der Mannschaftsbesprechung vor dem Spiel das Schiedsrichtergespann mit ein? Weisen Sie auf die jeweiligen Persönlichkeitsmerkmale eines Schiedsrichters hin, zum Beispiel: Wie reagiert er bei Fouls und verbalen Äußerungen?

Kramer: Das spielt nur eine untergeordnete Rolle. Das Hauptaugenmerk liegt bei uns auf der Vorbereitung unserer eigenen Spielidee und wie wir diese umsetzen.

Und gehen Sie auch bei der Nachbesprechung auf das Verhalten der Spieler gegenüber dem Schiedsrichter ein?

Kramer: Wir schauen uns auch immer das Verhalten unserer Spieler an und gehen natürlich in persönlichen Gesprächen auch darauf ein. Dabei spielen alle Reaktionen eine Rolle. Wie geht man mit einer Fehlentscheidung um, wie geht man mit einer vergebenen Chance um, und so weiter. Wir führen die jungen Spieler auch in dieser Hinsicht, was man auch an unserer guten Platzierung in der Fair-Play-Tabelle sieht.

Walter Köhler aus Fürth: Da spielt unsere Mannschaft eine ihrer erfolgreichsten Zweitligasaisons und trotzdem wird gemosert: 10000 Zuschauer schämen sich für einen Sieg und der Trainer findet immer noch einen positiven Ansatz. Tut er das, um die fehlende Weiterentwicklung in der Mannschaft zu verschleiern? Herr Kramer, Sie merken vielleicht, das Mosern geht in Ihre Richtung. Was sagen Sie dazu?

Kramer: Ich denke, wir alle müssen immer wieder den Anspruch überdenken. Wir dürfen nicht erwarten, dass unsere Mannschaft, wie der FC Bayern in Liga eins, jedes Team mal schnell im Vorbeigehen schlägt. Das schafft in dieser zweiten Liga kein Verein, egal unter welchen Voraussetzungen. Wir haben ein sehr junges Team und ich finde nicht, dass wir uns nicht weiterentwickeln. Trotzdem gehen wir nach den Spielen immer sehr kritisch mit uns um. Viele Vereine würden sich in dieser Lage nicht so selbstkritisch präsentieren. Unser Anspruch an uns ist enorm hoch, aber wir spielen eine sehr gute und erfolgreiche Saison. Wir haben lange Ausfälle von absoluten Leistungsträgern und Führungsspielern wie Nikola Djurdjic und Goran Sukalo kompensiert und wir stehen mit vier Punkten Vorsprung auf Rang zwei. Die Mannschaft arbeitet unglaublich hart und hat deswegen unsere Unterstützung verdient. Man kann das Glas halbleer sehen oder halbvoll.

Joachim Rosal aus Fürth: Sehen Sie keine Möglichkeit, es mal mit anderen Spielern als Baba und Stieber in der Startelf zu probieren? Sie können personalmäßig doch inzwischen wieder aus dem Vollen schöpfen.

Kramer: Die Antwort zu Baba haben wir schon oben gegeben. Die Leistung von Zoltán muss man diesbezüglich etwas differenzierter analysieren. Er ist unser Topscorer und hat in dieser Saison schon häufiger seine Qualität unter Beweis gestellt, auch wenn er selbst weiß, dass er in seiner Leistung noch konstanter sein muss. Eines ist jedoch klar: Am Ende entscheidet die Leistung auf dem Platz und im Training. Jeder Spieler unseres Kaders hat die Chance, sich in die Mannschaft zu spielen. Wir stellen dann den Spieler auf, der für die gesamte Leistung der Mannschaft, unserer Meinung nach, am besten geeignet ist.

 

Der nächste Interviewpartner ist Mittelfeldspieler Stephan Fürstner. Schicken Sie Ihre Fragen — mit Namen und Adresse — bis kommenden Dienstag, 19. März, an fn-redaktion@pressenetz.de — Die Antworten lesen Sie in der Freitagsausgabe der Fürther Nachrichten vom 21. März.

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