„Glück gehört dazu, um den Titel zu holen“

23.6.2011, 12:42 Uhr
„Glück gehört dazu, um den Titel zu holen“

© Philipp Roser

Nein, neidisch ist Gero Bisanz auf seine Nach-Nachfolgerin keineswegs. Auch wenn Silvia Neid heute als Bundestrainerin im Vergleich zu einst geradezu phänomenale Möglichkeiten wie einen vielköpfigen Trainer- und Betreuerstab hat, um ihr Team auf die Weltmeisterschaft vorzubereiten. „Ich habe überhaupt keine Gefühle in diese Richtung, im Gegenteil. Ich bin froh, dass der Frauenfußball auch in Deutschland, wo der Männerfußball sehr stark ist, auch angenommen worden ist von den Medien, von den Verantwortlichen im DFB – das war früher nicht so der Fall“, sagt der inzwischen 75-Jährige, der 1982 vom damaligen DFB-Präsidenten Hermann Neuberger als erster Frauen-Bundestrainer installiert wurde.

Nebenbei – „ohne zusätzliche Bezahlung“ – erledigte Bisanz fortan diese Aufgabe und leitete weiter verantwortlich die Trainerausbildung beim Deutschen Fußball-Bund. „Damals wollte die Uefa eine Europameisterschaft veranstalten, und wir hatten keine Nationalmannschaft“, blickt Bisanz im NZ-Gespräch zurück. Damals schon im ersten deutschen Länderspiel mit dabei: Silvia Neid, die heutige Bundestrainerin. „Sie habe ich – wie später auch Birgit Prinz – in die Mannschaft genommen, die damals überwiegend aus älteren Spielerinnen aus Bergisch-Gladbach bestand. Sie hat im ersten Spiel sofort nach ihrer Einwechslung die Regie im Mittelfeld übernommen und mit ihren jungen Jahren schon ganz selbstbewusst aufgetrumpft.“

Birgit Prinz ist die einzige Akteurin aus Bisanz’ Zeiten, die heute noch im DFB-Kader steht. „Birgit war 16, als ich sie 1994 in Montreal gegen Kanada einwechselte – da hat sie sich sogar mit dem 2:1-Siegtreffer in der 89. Minute bedankt. Birgit war sehr ehrgeizig, wollte unbedingt spielen und hatte auch die physischen Fähigkeiten dazu. Ihr technisch-taktisches Vermögen hat sich im Laufe der Zeit sehr stark verbessert“, hat Bisanz die Entwicklung seiner einstigen Elevin sehr aufmerksam verfolgt.

Spiele der deutschen Mannschaft besucht der frühere Bundestrainer heute noch, wenn sie in der Nähe seines Heimatortes Overath im Rheinland stattfinden. Natürlich gehört sie für ihn bei der WM zu den Favoriten. „Aber man darf nicht zu euphorisch an die Sache rangehen, denn Spiele sind nicht ausrechenbar. Man kann schnell viel Pech haben. Ich weiß, dass Silvia die Mannschaft sehr gut vorbereitet hat. Und natürlich hoffe ich – und glaube es auch fast –, dass sie es ins Endspiel schaffen, wo die Karten neu gemischt werden. Dann kommt es aber auch ein bisschen auf Glück an.“

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