Greuther Fürth und Uni Erlangen kooperieren

19.4.2012, 07:17 Uhr
Greuther Fürth und Uni Erlangen kooperieren

© Bernd Böhner

So viele Autos mit Fürther Kennzeichen habe er auf dem Parkplatz des Instituts für Sportwissenschaften und Sport (ISS) in Erlangen noch nie gesehen, konstatierte Thomas Schöck, Kanzler der Friedrich-Alexander-Universität (FAU), nach Ende des offiziellen Termins. Professor Matthias Lochmann, Leiter des ISS, berichtete, er habe am Vortag erstmals eine Vorlesung im „Kleeblatt“-Trikot gehalten und dafür kräftigen Beifall bekommen. Und: Sein dreijähriger Sohn wolle den weiß-grünen Dress gar nicht mehr ausziehen.

Diese Beobachtungen waren am Rande der Pressekonferenz zu machen, bei der die Spielvereinigung und die Uni Erlangen ihre Kooperation offiziell vorstellten, die bereits seit gut einem Jahr läuft und zumindest ein Mosaiksteinchen zum Aufstiegserfolg beigesteuert hat. Als „bestmöglichen Partner angesichts der geballten Kompetenz“ würdigte SpVgg-Präsident Helmut Hack die innovativen Sportwissenschaftler und Mediziner, mit denen sein Verein zusammenarbeitet – mehrfach sei er zuletzt bei der Tagung der Bundesligaklubs in Frankfurt von Vertretern anderer Erstligisten angesprochen und auch dazu befragt worden, berichtete Hack nicht ohne Stolz.

Angesichts der Voraussetzungen in Fürth „müssen wir als Verein ein bisschen tüchtiger, kreativer und innovativer arbeiten“, sagte Hack zum Hintergrund der Kooperation zwischen Universität und „Kleeblatt“, ganz der Vereinsphilosophie entsprechend: „Die Tradition wahren, aber mit dem Fortschritt gehen.“ Ähnlich formulierte es Martin Meichelbeck, der Leiter der Medizin und Sportpsychologie bei der Spielvereinigung. „Der Kooperationspartner auf höchstem Niveau“ gewährleiste eine optimale Betreuung aller „Kleeblatt“-Spieler in medizinischer und wissenschaftlicher Hinsicht durch die entsprechenden Uni-Fachbereiche, „und das Feedback der Spieler ist sehr positiv“, konstatierte der Ex-Profi.

Die Kooperation zwischen der Universität und dem Fußballverein beschränkt sich aber keineswegs auf die Profis, auch das Nachwuchs-Leistungszentrum (NLZ) ist voll miteinbezogen, so dass insgesamt rund 220 Spieler davon profitieren. Präventiv wie auch kurativ, so verstehen die Erlanger Wissenschaftler – in engster Zusammenarbeit mit dem Fürther Mannschaftsarzt Harald Hauer – ihre Aufgabe. „Leistung ist nur interdisziplinär erreichbar“, brachte es Professor Friedrich Hennig als Leiter der Unfallchirurgie auf den Punkt. Hierbei könne die Sportwissenschaft Fähigkeiten und Schwächen von Spielern bereits in jungem Alter erkennen und mit entsprechenden Tipps an die Akteure, Trainer und medizinische Abteilung der Fürther gegensteuern.

Bundesweit einzigartig ist beispielsweise eine Studie, die Hennigs Mitarbeiter Götz Welsch mit 120 Kindern und Jugendlichen des NLZ am Laufen hat. Dabei wird der Knorpelstoffwechsel im Kniegelenk untersucht, um Verletzungsvorboten frühzeitig zu erkennen und mit gezielter Physiotherapie späteren Schäden vorzubeugen.

Doch auch am ISS werden Nachwuchsspieler wie Profis regelmäßig internistisch, kardiologisch und orthopädisch untersucht, ebenso auf Herz und Lunge sowie Allergien. „Sie werden ab der ,U12‘ über Jahre begleitet“, so Leonhard Fraunberger, der Leiter der sportärztlichen Untersuchungsstelle am ISS. Dabei können sich die Mediziner und Wissenschaftler auf modernste Technik wie ein Herzultraschallgerät stützen. Ähnliches gilt für die Analyse des Laufverhaltens jedes Fußballers oder das Speziallabor zur Gelenkleistungs-Diagnostik, das Lochmann zufolge ab Mai zur Verfügung stehen wird.

Natürlich bezahlt die SpVgg für die universitären Dienste, doch auch die Allgemeinheit, die mit ihren Steuern die Arbeit an der FAU finanziert, profitiert von den Erkenntnissen. Die Angebote könne jeder Sportler in Anspruch nehmen, so Lochmann. Sein Kollege Hennig sieht darin Mittel im Kampf gegen die gesundheitlichen Immobilitätsschäden in einer immer bewegungsärmeren Bevölkerung. „Natürlich erhöht sich mit einem Leuchtturm wie der SpVgg Greuther Fürth als Vorbild die Breitenwirkung“, sagte der Mediziner.

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