Grönefeld: "Man muss die Eins sein, alles andere zählt nicht"

14.6.2013, 10:51 Uhr
Anna-Lena Grönefeld (links) hat wieder Spaß am Tennis. Das war nicht immer so.

© dpa Anna-Lena Grönefeld (links) hat wieder Spaß am Tennis. Das war nicht immer so.

Anna-Lena Grönefeld könnte viele Geschichten erzählen, aber sie muss das nicht und deshalb macht sie es auch selten. Viel mehr Geschichten als in Anna-Lena Grönefeld können in einem Tennisprofi kaum stecken. Sie handeln vom frühen Erfolg, von harter Arbeit, von fürchterlichem Misserfolg, von der Abhängigkeit — und eine handelt natürlich auch von Steffi.

Steffi ist immer dabei, nach Nürnberg hat sie die Bundestrainerin mitgebracht, irgendwie. Barbara Rittner freut sich natürlich über die vielen jungen deutschen Tennisspielerinnen, die dieses neue WTA-Turnier zu einem schönen Vergnügen machen. „Schau’ dir die Beine an“, hat Rittner jetzt über die junge Annika Beck gesagt, „wie bei Steffi“. Steffi ist Stefanie Graf, eine bessere Tennisspielerin hat dieses Land nie gesehen, weshalb sich alle Frauen, die in Deutschland gut Tennis spielen, irgendwann fragen lassen müssen, ob sie vielleicht so etwas sind wie die neue Steffi.

„Das wird sich nie ändern“, sagt Anna-Lena Grönefeld. Sie ist nach Nürnberg gekommen, um hier Doppel zu spielen. Mit ihrer Partnerin Kveta Peschke ist sie am Donnerstag ins Halbfinale eingezogen. Über Anna-Lena Grönefeld sagt niemand mehr: „Schau’ mal: wie bei Steffi.“ Grönefeld ist keine junge Hoffnung mehr, obwohl sie natürlich noch jung ist, aber eben nicht mehr in Tennisjahren. 28 Jahre alt ist sie, sie spielt inzwischen nur noch Doppel, vor allem spielt sie sehr gut Doppel. Die Sache mit dem Einzel hat sie aufgegeben. „Ich hatte nicht mehr die Energie, mich wieder nach oben zu kämpfen“, sagt Grönefeld.

Nach oben — dorthin also, wo sie einst stand, als Deutschland in der Zeit nach Steffi zu einem Tennis-Entwicklungsland geworden war, als Grönefeld die einzige war, die herausragte. Sie spielte Tennis in einem Deutschland, das sich noch erinnern konnte an die Auftritte von Steffi, von Boris — vor allem konnte sich das Land an die Erfolge von Steffi und Boris erinnern.

Im April 2006 war Grönefeld die vierzehntbeste Spielerin der Welt. Die vierzehntbeste Tennisspielerin der Welt. Die Republik interessierte sich nun ein wenig für Grönefeld, vor allem interessierte sie sich aber für die Frage: Ist das eine wie Steffi, diese Grönefeld?

Sie war keine wie Steffi, sie ist keine wie Steffi. Jetzt weiß man das, damals ist Grönefeld fast kaputt gegangen am Anspruch der Öffentlichkeit. „Man muss hier die Nummer eins sein, alles andere zählt nicht“, sagt Grönefeld heute. Auf dem vorläufigen Höhepunkt ihrer Karriere aber musste sie sich — und das war das einschneidendste Erlebnis ihres bisherigen Lebens — aus den Fängen ihres despotischen Trainers und Managers Font de Mora befreien. Er hatte sie erfolgreich gemacht, aber glücklich war Grönefeld damit nicht, also musste sie weg von de Mora. Als das gelungen war, sagte sie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Früher war ich fremdgesteuert, alles war Zwang.“

Beschimpft vom Trainer

Als sie nicht mehr fremdgesteuert war, war sie bald nicht mehr die vierzehntbeste Tennisspielerin der Welt. Aber sie war wieder sie selbst. Sie ist immer noch auf der Tour, sie ist nicht zerbrochen an den Erwartungen, an einem Trainer, der sie manipuliert hat, sie beschimpfte. Um sich herum sieht sie auch bei Turnieren wie jenem in Nürnberg viele junge Frauen am Beginn ihrer Karriere. Frauen, manchmal sind es noch Mädchen, die alles investieren in den Traum, irgendwann einmal die Nummer eins zu sein, eine wie Steffi zu sein.

Sie könnte ihnen allen ihre Geschichten erzählen. Aber wenn sie niemand danach fragt, sagt Anna-Lena Grönefeld, muss sie es nicht. Sie will sich nicht aufdrängen, sie will glücklich sein.

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