Hack: "Diese dummen Kämpfe haben geschadet"

26.8.2016, 14:50 Uhr
Neu im DFL-Gremium: Helmut Hack, Präsident der SpVgg Greuther Fürth, wird zweiter Vizepräsident der DFL.

© Sportfoto Zink / WoZi Neu im DFL-Gremium: Helmut Hack, Präsident der SpVgg Greuther Fürth, wird zweiter Vizepräsident der DFL.

Herr Hack, die Wahl fiel einstimmig auf Sie. War das überhaupt noch eine Überraschung?

Helmut Hack: "Die Anerkennung und der Wunsch der Zweitligavertreter waren für mich immer spürbar. Auch die Erstligisten haben sich übrigens gefreut, weil sie in meiner Person einen stabilisierenden Faktor sehen."

Wann beginnen die Sitzungen?

Hack: "Es geht im September los. Erfahrungsgemäß brauchen wir dafür drei bis vier Sitzungen. Wir möchten, dass die Vereine noch in diesem Jahr Klarheit darüber haben, welche finanziellen Spielräume ihnen ab der Saison 2017/18 zur Verfügung stehen."

Momentan werden die Fernsehgelder in einem Verhältnis 80:20 verteilt. Möchten Sie diesen Schlüssel beibehalten?

Hack: "Aber natürlich. Das ist überhaupt keine Frage, dass ich das weiterhin will und die ganze zweite Liga. Aber was wir wollen, und was am Ende umsetzbar ist, ist eine andere Geschichte. Wir dürfen unsere nächsten Aufgaben nicht darauf reduzieren. Es geht nicht nur darum, wie Geld verteilt wird. Es ist ein unternehmerisches Thema, das weit darüber hinausgeht."

Welche Rolle hatte und hat der Lizenzierungsausschuss, dem Sie nun vorsitzen, inne?

Hack: "Die Vereine und die DFL haben in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, wie sich die beiden deutschen Bundesligen entwickelt haben im Vergleich zu anderen Ländern. Dinge wie die Nachwuchsleistungszentren und die Eigenkapitalentwicklung sind ja nicht vom Himmel gefallen. Sie sind nicht freiwillig aufgebaut worden, sondern sind Teil der Lizenzierung geworden. Wir haben den Vereinen gelehrt, dass sie wirtschaftlich denken müssen.

Wenn ich nur ein paar Jahre zurückdenke, in welch akuter Not manche Vereine waren, als sie furchtbar unterkapitalisiert den Lizenzentzug in letzter Minute durch fremde Geldgeber abgewehrt haben... Unser Lizenzierungsverfahren, das wir weiterentwickelt haben, ist heute besser als jedes andere in der ganzen Welt. Wirtschaftlich gesehen werden nicht mehr so viele Risiken eingegangen. Das hat viel mit den Auflagen zu tun, die wir über die Lizenzierung einfordern."

Wie wirkt sich das auf den Fußballsport aus?

Hack: "Dass die Nationalmannschaft so gut in der jüngeren Vergangenheit abgeschnitten hat, ist letztlich ein großer Verdienst der Bundesligen."

Welche Bedeutung hat die zweite für die erste Bundesliga?

Hack: "Ganz einfach: Wie setzen sich die Ligen denn zusammen? Wir haben hinter den Topvereinen neun Vereine in der ersten und neun in der zweiten Liga, die in jedem Jahr auf- oder absteigen können. Die Erstligaabsteiger bekommen dann die Fernsehgelder der zweiten Liga. In den vergangenen zehn Jahren waren 50 Prozent aller heutigen Erstligisten auch einmal in der zweiten Liga. Zwei Drittel der jetzigen Zweitligisten waren kürzer oder länger schon einmal in der ersten Liga. Wenn im vergangenen Jahr jemand gesagt hätte, Hannover und Stuttgart müssen jetzt einmal denken wie Zweitligisten, hätte jeder gesagt: du spinnst. Oder wenn jemand gesagt hätte: Darmstadt bleibt drin. Darmstadt und Ingolstadt haben jetzt mehr Fernsehgelder als Stuttgart und Hannover – wer hätte das gedacht? An diesen Beispielen kann man nicht einfach über erste und zweite Liga reden, sondern muss sie zusammenhängend sehen."

Deshalb muss die DFL beiden Ligen gerecht werden...

Hack: "...und gleichzeitig brauchen wir die Topvereine, weil wir sonst alle viel weniger Geld haben. Wir brauchen auch in der Europa League Vereine, die besser abschneiden als bisher. Denn mit den bisherigen Leistungen kam in den wirtschaftlichen Kreislauf der Bundesliga weniger Geld. Der deutsche Fußball muss alles tun, damit diese Vereine international erfolgreich sind."

Der Rubel muss rollen.

Hack: "Nicht nur wegen der Vereine. Denn die Menschen wollen, wenn sie den Fernseher einschalten, Top-Fußball sehen. Und wenn da nur noch Real und Atletico Madrid und fünf englische Vereine zu sehen sind, werden wir alle darunter leiden. Die Menschen entscheiden vor dem Fernseher, dass sie nicht nur die Bundesliga anschauen wollen, sondern eben auch die Premier League. Sie werden in erster Linie die Champions League anschauen, wenn deutsche Vereine dabei sind. Im übrigen hat die Teilnahme von deutschen Vereinen in der Königsklasse auch großen Einfluss auf die Sponsoren. Also müssen wir wettbewerbsfähig sein, weil das allen anderen Vereinen auch zugute kommt."

Das Thema Traditionsvereine wird immer wieder in den Ring geworfen, wenn über die Verteilung der Fernsehgelder diskutiert wird.

Hack: "Von den momentanen 36 Vereinen in den ersten beiden Ligen haben wir mindestens 25, die auf eine große Tradition verweisen können. Ich bin ein klarer Gegner davon zu sagen: Je mehr Anhänger ein Verein hat, desto mehr soll er vom Kuchen abbekommen. Ich sage, der Tüchtige soll belohnt und nicht bestraft werden."

Die Herausforderung besteht darin, die kleinen Vereine nicht zu vergessen...

Hack: "Genau. Aber es geht nicht darum, nur laut darüber zu reden. Ich habe immer gesagt: Diese dummen Kämpfe in der Öffentlichkeit über die Verteilung der Fernsehgelder haben geschadet. Der Innenminister hat es gesagt: Wie sollen andere Sportarten darüber denken, wenn wir soviel Geld zu verteilen haben und uns öffentlich darüber streiten? Das ist unvernünftig."

Mit Michael Meeske und Ihnen ist die Quote der fränkischen Fußballvereine im DFL-Präsidium überdurchschnittlich hoch – sicher kein Nachteil für die Region.

Hack: "Es geht darum, dass wir in einem Präsidium Qualität haben wollen. Das muss oben drüber stehen. Wir haben hier nichts für Franken zu entscheiden, sondern für den Fußball. Es hat sich eben so ergeben. Was erwartet wird, ist, dass wir weit über den Tellerrand hinaus blicken, dass unser Fußball in zehn Jahren noch immer wirtschaftlich gesund ist, von den Fans weiterhin geliebt wird, sie sich damit identifizieren. Trotz des Geldes, das da ist, geht es um die Liebe zu diesem wunderbaren Sport. Da würden alle anderen Sportarten so unglaublich gern mit uns tauschen."

Sie wollen sich nicht nachsagen lassen, dass Sie die Spielvereinigung bevorteilen könnten.

Hack: "Moment mal! Alles, was ich tue, kommt logischerweise auch unserem Verein zugute. Meine Arbeit in den vergangenen sechs Jahren im Vorstand des Ligaverbands war auch gut für die Kleinen, für die ich auch weiterhin kämpfe, also auch gut für Fürth."

Ist es zu romantisch, in diesem "Geschäft" noch über den Erhalt der Stehplätze zu reden?

Hack: "Fußball ist ein Teil unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft. Wenn wir den Fußball noch so organisieren würden wie vor 20 Jahren, dann würde sich kein Mensch mehr für ihn interessieren. Wir haben neue Medien, über die jeden Tag Informationen ohne Ende verbreitet werden. Es gibt ja fast niemanden mehr, der sich nicht für Fußball interessiert. Aber wir können nicht die Augen verschließen, dass wir in einer globalen Welt leben und in einem globalen Wettbewerb stehen."

Es ist ein schwieriger Spagat, Stehplätze und Vip-Logen unter einen Hut zu bekommen.

Hack: "Weiß ich, aber wer keine Vip-Logen vermietet, der wird nicht in der zweiten Liga bleiben. Wenn sie die positive Entwicklung in Dresden, Leipzig, Halle, Chemnitz und jetzt auch Erfurt betrachten – überall wird investiert in Vereine, die am Boden lagen, um die Attraktivität zu schaffen, die wir in Fürth bald haben werden. Ohne das hast du keine Chance."

Auch der Stehplatzfan soll sich aber weiterhin wohl fühlen.

Hack: "Wir haben dafür gesorgt, dass wir – im Gegensatz zu England – weiterhin Stehränge haben und Plätze zu moderaten Preisen verkaufen. Dafür steht die Deutsche Fußball-Liga. Gleichzeitig müssen wir von den Fans einfordern, dass sie das Thema Gewalt in den Griff bekommen, dass sie auch ihren Beitrag leisten müssen. Damit der Fußball weiterhin ein faszinierendes, friedliches Spiel bleibt, an dem wir alle Freude haben und gerade dafür brauchen wir die Leidenschaft, die Emotion und die Identifikation der Fans."
 

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