Hauptsache Sieg! Das hat der Club gegen die Hertha vor

20.1.2019, 05:50 Uhr
Er hatte im Hinspiel den Ausgleich auf dem Fuß, aber Mikael Ishak vergab vom Elfmeterpunkt.

© Sportfoto Zink / DaMa Er hatte im Hinspiel den Ausgleich auf dem Fuß, aber Mikael Ishak vergab vom Elfmeterpunkt.

Statistiken und Statistiker machen Nürnbergs Herz-und Schmerzverein kaum noch Hoffnung. Dahingehend, dass sich der Status des Tabellenachtzehnten nach Rundenschluss anders darstellen wird als vor dem Rückrundenauftakt heute gegen Berlin (15.30 Uhr, Live-Ticker auf nordbayern.de). Die in Deutschlands Eliteliga aktiven Experten - zum Thema Klassenkampf jüngst vom kicker befragt - sehen das ähnlich. Der FCN wird landauf, landab als Absteiger Nummer eins gehandelt. Und sehnt sich im Heimspiel gegen die Hertha vielleicht auch deswegen danach, etwas dagegenzusetzen.

 

Die "große Euphorie", die Club-Coach Michael Köllner nach der Sandhausen-Sause und dem damit verbundenen achten Aufstieg ausgemacht hatte, scheint verflogen. Unwiederbringlich? Unvorstellbar eigentlich. So sehr hatten sich alle rund um den FCN gefreut, als der Altmeister nach vier unattraktiven Jahren im Unterhaus seinen Arbeitsplatz im Sommer wieder in Nürnbergs Lieblingsliga verlagerte. Rund 36.000 Zuschauer erwartet man im Max-Morlock-Stadion heute dennoch. Und das, obwohl der Club seit elf Partien in der Premiumklasse nicht mehr gewonnen hat. Und die Eindrücke, die er im von Spaniens Wintersonne freundlich begleiteten Trainingslager in Testspielen hinterließ, kaum Anlass zur Hoffnung geben, dass das mit dem Dreier gegen die Hertha klappt.

Zielrichtung rettendes Ufer

Zweifeln ist jedoch eh nicht Michael Köllners Ding, auch wenn der Club-Chef entgegen seinem Naturell zuletzt selbst etwas öfter an der Erstliga-Tauglichkeit seines Teams zu zweifeln schien. Rechtzeitig vor dem rot-schwarzen Restart hat der Oberpfälzer den ihm angeborenen Optimismus wiedergefundenen. Man wolle "die Punkte zurückholen", die man in der Hinrunde liegen gelassen habe, sagt der Trainer vor dem Match. Zumindest einen Punkt hatte der Köllner-Club beim Saisonstart in der Hauptstadt in der Tat liegen gelassen. Wäre Mikael Ishak in einem Spiel, in dem der FCN bräsigen Berlinern durchaus Paroli bot, mit seinem zu lasch geschossenen Elfmeter nicht an Hertha-Keeper Rune Jarstein gescheitert, hätte Nürnbergs Vorzeigeverein wohl einen Zähler mehr auf dem Konto. Drei Punkte fehlen dem FCN nach dem ersten Bundesliga-Samstag des neuen Jahres nun, um an Relegationsplatz-Inhaber Stuttgart vorbeizuziehen. Vier Punkte Rückstand hat der Altmeister auf Augsburg, das noch am rettenden Ufer kauert.


Club-Gegner Berlin plagt eine rätselhafte Schwäche


Bezogen auf seinen aktuellen Kader ist die Personalsituation beim Club eigentlich ganz gut, um sich mit einem Heimerfolg gegen die Hertha dem rettenden Ufer anzunähern. Bis auf den kranken Kevin Goden und den an einem Muskelfaserriss laborierenden Robert Bauer stehen Köllner alle Spieler zur Verfügung. So auch Christian Mathenia, den der Club-Coach in die Kiste stellt, Kapitän Hanno Behrens, der im Jahresendspurt fehlte, sowie mit Enrico Valentini und Eduard Löwen zwei Männer, die dem FCN zuletzt länger gefehlt hatten. Gerade Löwen, der in einer wenig Mut machenden Vorbereitung mit guten Aktionen im Test gegen Mouscron aufwartete, könnte für den Club mittelfristig zum Mutmacher werden. Ob schon von Beginn an gegen die Hertha, ließ Köllner vor der Begegnung mit Berlin indes offen.

Notfalls auch aus elf Metern

Der Arbeitsauftrag des FCN zum Start in die zweite Saisonhälfte ist mit oder ohne Löwen eh klar formuliert: Der Club darf sich gegen den oft effizienten und abgezockten Hauptstadtklub keinen oder nur wenige Fehler erlauben - ein Hinweis, den man dem gegen Mouscron patzenden Mathenia und den Akteuren im Abwehrverbund wohl nicht extra geben muss. Der Club muss das Stadionachteck zu seiner Kampfbahn machen, das Publikum mitnehmen. Er muss - das sagt auch Köllner - die richtige Balance zwischen defensiver Stabilität und wieder einmal erfolgreich abgeschlossenen Offensivanstrengungen finden. Und er braucht einen Mann, der nach Standards oder Flügelläufen im Zentrum verwertet. Notfalls auch aus elf Metern.

Die Bilanz: ... gegen die Hertha wäre aus Club-Sicht noch hübscher, hätte Mikael Ishak - ach, lassen wir das. 14 Mal hat der FCN gegen die Berliner bislang im Oberhaus gewonnen, 14 Mal hatte er das Nachsehen, fünfmal trennte man sich remis. So übrigens auch, als sich die Kontrahenten am 1. Spieltag der just etablierten Eliteklasse im Olympiastadion begegneten und das Führungstor des unvergessenen Max Morlock im August 1963 das erste von bisher 1416 Bundesliga-Treffern des FCN bedeutete. 
Im Januar 2012, als die Alte Dame zum Rückrunden-Auftakt in Nürnberg vorbeischaute, stand nach Treffern von Alex Esswein und Dominic Maroh ein 2:0 für den Club, der sein 1000. Bundesliga-Spiel damit erfreulich erfolgreich gestaltete. In den letzten sieben Erstliga-Begegnungen mit den Berlinern auf eigenem Feld musste der FCN kein einziges Mal eine Niederlage hinnehmen. Und die Hertha? Die zog, wenn sie bei Aufsteigern zu Gast war, zuletzt fünfmal in Folge den Kürzeren. Na, wenn das keinen Mut macht.

Die Prognose: Der Club nimmt nicht nur aufgrund seiner eigenen, auch in der Vorbereitung gezeigten Defizite gegen die Hertha die Außenseiter-Rolle ein. Neu ist diese Erkenntnis nicht. Schon vor Saisonbeginn durfte man annehmen, dass er in den allermeisten seiner Bundesliga-Spiele nicht der Favorit ist. Hart auf Platz 18 gelandet, gilt das freilich noch mehr. Dennoch kann der FCN im Abstiegskampf ein Lebenszeichen setzen - und muss es vielleicht auch. Nach elf sieglosen Liga-Spielen reicht es dabei vielleicht sogar, die Stärken zu adaptieren, die Michael Köllner beim Gegner ausgemacht hat. Der Club-Coach lobte den Tabellenneunten in der Spieltagspressekonferenz als "routinierte, defensivstarke Mannschaft, die wenig Chancen zulässt und ihre Chancen in Tore überführt". Gelingt dem FCN genau dies selbst, kann er zuletzt oft auch nicht berauschende Berliner zu Hause bezwingen.

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