HCE-Debakel in Melsungen: "Den Mist kann sich keiner ansehen"

14.5.2015, 09:30 Uhr
"Eines der schlimmsten Spiele meiner Karriere": Nikolas Katsigiannis wird die Pleite in Melsungen noch lange in Erinnerung bleiben.

© Sportfoto Zink / DaMa "Eines der schlimmsten Spiele meiner Karriere": Nikolas Katsigiannis wird die Pleite in Melsungen noch lange in Erinnerung bleiben.

Die Mannschaft hoffte auf eine Überraschung am Mittwochabend bei der MT Melsungen, jener Mannschaft, die noch um den letzten zu vergebenen Europapokalplatz spielt. Die Tatsache, dass der HCE einmal mehr großer Außenseiter war, machte ihnen allen Hoffnung, um mit einem kleinen Handballwunder alle Kräfte zu mobilisieren, mit dem ersten Auswärtssieg überhaupt in der Bundesliga im 16. Spiel in fremder Halle Mut zu schöpfen für die anstehenden Partien. Doch es wurde ein Desaster: 23:37 unterlag der HCE in der Kasseler Messehalle der MT Melsungen (hier der Live-Blog zum Nachlesen).

Dabei hatte Erlangen anfangs hervorragend ins Spiel gefunden, bis sich erste Nachlässigkeiten und Fehler ins Spiel schlichen. Davon ließen sich die Gäste nervös machen, Melsungen fand so spät ins Spiel hinein, begann Konter zu laufen und diese eiskalt auszunutzen - oder wieder und wieder wenigstens vom Siebenmeterpunkt erfolgreich zu sein. So wurde der Rückstand immer größer, 12:17 stand es zur Pause. Ein Funke Hoffnung lebte noch.

Der HCE blieb Melsungen zunächst tapfer auf den Fersen, fand aber besonders im Angriff nur wenig Lücken. Der große Aufwand, der lange Kampf wurde nicht belohnt, im Gegenteil: Melsungen nutzte nun seine Abwehrstärke für die nächsten Konter, schraubte den Vorsprung auf zehn Tore in die Höhe, zog dem HCE damit das letzte Korn an Selbstbewusstsein. Anstatt weiter so gut es geht wenigstens dagegenzuhalten und Schadensbegrenzung zu betreiben, ließ sich der HC Erlangen vor 3106 Zuschauern phasenweise vorführen und in der Schlussphase abschlachten.

Angriffe wurden nicht mehr besonnen zu Ende gespielt, sondern kopflos Abschlüsse gesucht wie bei einer trotzigen Schülermannschaft, die allesamt eine leichte Beute für den Heimtorhüter waren. Weil Melsungen keine Gnade kannte, schraubten die Gastgeber das Ergebnis bis auf 37:23 in die Höhe - es war die zweithöchste Niederlage gegen den HCE in dieser Saison, nur das 18:35 bei den Rhein-Neckar Löwen war noch deftiger ausgefallen. 37 Gegentore jedoch hatte der Aufsteiger noch nicht kassiert. So war der Ausflug nach Melsungen am Ende auch ein negativer Rekord - mental denkbar ungünstig zum Auftakt der von Andersson angekündigten "heißen Phase".


"Eines der schlimmsten Spiele meiner Karriere"

Direkt nach dem Spiel noch unter direktem Einfluss des eben Erlebten sprachen wir mit Nikolas Katsigiannis, dem Erlanger Schlussmann und Publikumsliebling, über diese Niederlage und was sie bedeutet für die entscheidenden Wochen im Bundesliga-Abstiegskampf.

Herr Katsigiannis, 23:37 in Melsungen - war es das schlimmste Spiel für Sie im Trikot des HC Erlangen?

Nikolas Katsigiannis: Das war, denke ich, eines der schlimmsten Spiele, die ich überhaupt gesehen habe in meiner 27-jährigen Handballkarriere. Also wenn man 23:37 verliert ist das ja schon schlimm, aber die Art und Weise, wie das zustande gekommen ist, ist natürlich eine Riesenkatastrophe. Da sag ich Ihnen ganz ehrlich: da fehlen mir erst einmal die Worte.

Wie konnte es dazu kommen?

Katsigiannis: Ich denke wir starten eigentlich ganz gut ins Spiel und dann bekommen wir zehn Siebenmeter gegen uns und zwanzig Gegenstöße in sechzig Minuten. Als wir in die Phase kamen, bei denen es nicht läuft, liegen wir mit zehn Toren zurück - und fangen an, Angriffe mit zehn, fünzehn Sekunden zu spielen, schießen einfach viel zu schnell aufs Tor. So laufen wir wieder und wieder ins offene Messer. Das gehört nicht zu unseren Ansprüchen, ich weiß ehrlich gesagt noch gar nicht, wie das passieren konnte.

Es war mehr als ein Klassenunterschied, phasenweise hatte man den Eindruck, die Mannschaft hat sich richtiggehend abschlachten lassen - ist das das fatalste Signal in dieser wichtigen Saisonphase, dass heute erstmals der Zusammenhalt nachgelassen hat?

Katsigiannis: Die Mannschaft ist intakt und hält zusammen, das ist nicht das Problem. Aber wenn man sieht, dass man eigentlich nur zehn Minuten lang in diesem Spiel war, ein Handballspiel aber nunmal sechzig Minuten dauert - und jetzt auf diese Anzeigetafel hochguckt und sieht: 23:37… was willst du da noch sagen, das ist ein Klassenunterschied. Schlimmer noch, mehr als eine Klasse Unterschied. Und das, obwohl wir vier Wochen Zeit hatten uns auf dieses Spiel vorzubereiten, Melsungen nach dem 25:25 (gegen Abstiegskandidat Minden fünf Tage vorher, d. Red.) sich in einer schwierigen Situation befand.

Das ist wie in den Playoffs jetzt, wir haben eine super Ausgangslage, um eigentlich noch etwas zu reißen. Wenn du das Spiel mit drei oder fünf Toren verlierst kannst du sagen: Wir haben wenigstens gut gespielt. Aber diesen Mist, denn wir stattdessen hier abliefern, den kann sich ja kein Mensch angucken.

Was bedeutet so ein alarmierender Auftritt für diese Saisonphase jetzt, für den Samstag, an dem um 19 Uhr Friesenheim in die Arena kommt - ein Spiel gegen einen Mitaufsteiger, das man unbedingt gewinnen muss, sonst ist der HCE abgestiegen?

Katsigiannis: Mir fällt es gerade schwer Durchhalteparolen zu finden, weil ich erst eine Nacht brauche, um das heute alles zu verarbeiten. Aber ich hoffe, dass ich dieses Spiel am Donnerstag im Training spätestens verarbeitet habe. Das einzige, was wir tun können, ist jetzt hart zu trainieren - und dann nicht wieder so einen Mist abzuliefern.

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