HCE: Handball-Traum mit kleinen Schönheitsfehlern

23.12.2014, 18:29 Uhr
HCE: Handball-Traum mit kleinen Schönheitsfehlern

© Sippel

Schon als das Team von Trainer Frank Bergemann als Spitzenreiter der 2. Bundesliga in die Rückrunde startete, deutete sich an, dass 2014 der große Wurf gelingen könnte. Und daran wurde nicht nur von der Mannschaft gearbeitet, die sich Sieg um Sieg erspielte und Rückschläge wegsteckte. Auch im Management um Carsten Bissel plante man voraus und holte mit Geschäftsführer Stefan Adam einen bundesweit anerkannten Handball-Fachmann ins Boot. Der hatte das Potenzial und den Ehrgeiz in "einem der spannendsten Clubs im deutschen Handball" erkannt und zwar "unabhängig von der Liga".

Doch was einmal ins Rollen gekommen war, das ließ sich nicht mehr aufhalten: Der HCE muss im Mai nach einer knappen Heimniederlage gegen Essen zwar die Aufstiegsparty verschieben, doch eine Woche später heißt es "Wir sind erstklassig!" Dass es zur Meisterschaft im letzten Saisonspiel nicht mehr reichte, weil vier Tore fehlten, ging im Freudentaumel unter.

Neue als Glücksgriffe

In diesem Jubel wurde im Hintergrund bereits an entscheidenden Weichenstellungen gearbeitet, denn es hieß schnell handeln, vor allem was Spielerverpflichtungen angeht. Zur Transfer-Hochphase im Januar und Februar war man als potenzieller Aufsteiger ja noch nicht wirklich ein Zugpferd. Da hieß es nachlegen, was mit den beiden Sommerneuzugängen Siggi Sveinsson und Martin Stranovsky überaus erfolgreich gelang.

Ihnen folgten mit Keeper Nikolas "Katze" Katsigiannis und Stanko Sabljic zwei weitere Glücksgriffe. "Katze" spielte sich mit tollen Paraden in die Herzen der Fans, Kreisläufer Sabljic lief als Ersatz für den verletzten Sebastian Preiß gerade zu toller Form auf, als er selbst mit einer schweren Verletzung ausfiel und der Mannschaft bis auf weiteres nur als Motivator helfen kann. Für ihn stieß zuletzt der junge Jonas Thümmler zum HCE.

Und dann stand die Frage aller Fragen im Raum: Wo soll man eigentlich spielen? Im Juni stand fest: Die Arena in Nürnberg soll - abgesehen von vier Partien in der Hiersemann-Halle - die neue Heimat des HCE werden. Eine heikle Entscheidung, denn keiner konnte vorhersagen, wie viele Fans man aus Erlangen für das Nürnberger Eis würde erwärmen können. "Wir müssen auch in Nürnberg eine Euphorie entfachen", hatte Frank Bergemann gesagt und sein Team zerstreute schon beim ersten Auftritt dort alle Bedenken: Nachdem man mit drei Niederlagen ins Abenteuer 1. Liga gestartet war, pushten 2900 Zuschauer aus der ganzen Region und weit darüber hinaus die "Bergemänner" zum ersten Punktgewinn.

HCE: Handball-Traum mit kleinen Schönheitsfehlern

© Harald Sippel

Die neue "Hölle" war geboren und brachte sogar die Spieler zum Staunen, die sich sofort zuhause fühlten. Absolut nachvollziehbar, dass man im Oktober der Hiersemann-Halle komplett den Rücken kehrte und alle Spiele nach Nürnberg verlegte. Fans und Mannschaft machten die Arena in der Folge zur schier uneinnehmbaren Festung, die Atmosphäre hat sich schnell herumgesprochen und wurde zuletzt durch zwei TV-Übertragungen in ganz Handball-Deutschland verbreitet. In der Liga sind fünf Siege, zwei Unentschieden und nur zwei Niederlagen die beachtliche Heim-Bilanz der Erlanger, die couragiert einen Traditionsverein - Gummersbach, Lemgo, Hannover - nach dem anderen besiegten. Die Krönung war allerdings der Sieg gegen Spitzenreiter Rhein-Neckar Löwen - den sahen bereits über 5300 Zuschauer.

Auswärtspunkte fehlen

Zwei Wermutstropfen gibt es allerdings in dieser Bilanz: Auswärts hat der HCE lediglich einen Punkt geholt. Der war zwar sensationell aus dem Berliner Fuchsbau entführt worden, doch ein paar mehr müssen es schon sein, wenn man die Liga halten will. Denn auch für den grandiosen Auftritt beim Rekordmeister THW Kiel, der knapp mit einem Tor verloren ging, wird man sich in der Endabrechnung nichts kaufen können. Dazu kommt, dass man gegen die "Großen" der Liga zwar ein ums andere Mal aufhorchen lässt, aber im Duell mit den Abstiegskonkurrenten immer wieder patzt.

Am Ende ist zwar jeder Punkt gleich viel wert, aber mit der Favoritenrolle in solchen Spielen souveräner umzugehen würde vieles leichter machen.  Zumindest rappelt man sich immer wieder auf: "Abhaken und Weitermachen hat uns in dieser Saison ausgezeichnet", attestiert Frank Bergemann seinem Team. Und das wird seinen Fans sicher noch viel Freude machen - vielleicht mit einem zweiten Jahr in Liga eins.

Respekt für den Aufsteiger

Denn eines ist dem HCE bereits gelungen: Er hat sich Respekt verschafft, bei Gegnern und Gegenspielern, die die Erlanger Akteure zuvor allenfalls aus dem Fernsehen kannten, und in Hallen, in denen zu spielen man sich als Handballer immer erträumt. Oder wie Stefan Adam sagt: "Wir müssen uns bewusst sein, wo wir eigentlich herkommen."

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