Hilbert tut der Fürther Mannschaft gut

17.10.2017, 12:11 Uhr
Hilbert tut der Fürther Mannschaft gut

© Sportfoto Zink / MeZi

Horst Müller raucht eigentlich nicht. Aber vor den Spielen seines Kleeblatts zündet er sich meistens eine an. "Für die Nerven", begründet er es. Müllers Nervenkostüm ist im Moment sehr in Mitleidenschaft gezogen. Denn bei ihm kommen drei Dinge zusammen: Er ist nicht nur beinharter Kleeblatt-Fan, sondern auch Wirtschaftsreferent der Stadt Fürth sowie Aufsichtsratsmitglied bei der Fürther Fußball-KG.

Wer das nicht weiß, musste sich nur seine Montur am vergangenen Spieltag anschauen: Zum weiß-grünen Outfit trug er "als Glücksbringer" die Sonnenbrille, die er zur Aufstiegsfeier auf dem Rathausbalkon auf hatte. Dazu neue Turnschuhe, die ihm seine Frau von einem Versandhandel in den USA bestellt hatte: Auf weißen Grund war mehrfach das Logo der Spielvereinigung gedruckt.

Mehr Identifikation geht nicht, seit Janos Radoki nicht mehr im Verein ist. Der Ex-Trainer, der erstmals seit seinem Rauswurf wieder im Ronhof zu Gast war, hätte bei dem Anblick sicher herzhaft gelacht. Doch er saß auf der anderen Seite des Stadions. Von der Gegengerade hatte Radoki einen guten Blick auf ein Fußballspiel, dem ein Spieler seinen Stempel aufdrückte, den er noch nicht zur Verfügung hatte: Roberto Hilbert.

"Steini, mach bitte noch ein Tor"

Nach 78 Minuten war für ihn gegen Aue Feierabend. Die Statistik sagt, dass er nicht der Lauffreudigste war, seine Pässe aus dem rechten defensiven Mittelfeld unterlagen noch einer gewissen Streuung. Doch zum Sieg trug er andere Dinge bei. Bei seiner Auswechslung etwa flüsterte er dem 22 Jahre alten Daniel Steininger ins Ohr: "Steini, mach bitte noch ein Tor." Und Steini markierte per Seitfallzieher den 2:1-Endstand.

Hilbert, seit Montag 33 Jahre alt, kommentierte die Szene lächelnd: "Das hat ja gut geklappt, die Jungs hören." Dass er sich Gehör verschaffen möchte, war bei seinem ersten Auftritt im Ronhof nach elf Jahren Absenz deutlich zu merken. Kurz vor der Halbzeitpause fand sein weiter Ball die Brust von Khaled Narey, der anschließend zum 1:0 traf. Fünf Minuten waren noch zu spielen, da empfahl er seinen Mitspielern lautstark, die Führung mit in die Pause zu nehmen.

Darauf angesprochen, erklärt Hilbert: "Die wollen Tore machen, immer nach vorne spielen. Aber ich habe sie zur Ruhe gemahnt und zurückgerufen." So einer hat tatsächlich bislang gefehlt. Marco Caligiuri, ebenfalls 33, der Balazs Megyeri als Kapitän vertrat – Sascha Burchert scheint als Vize-Spielführer abgesetzt –, ist seit Wochen der beste Fürther in einer unsicheren Mannschaft. Doch verbal zu führen, war bisher nicht seine Stärke. Am Sonntag aber sah man auch ihn von seiner Libero-Position aus auffallend oft reden, auch schimpfen. Hilbert steckt an.

Die Mannschaft machte auch gegen die völlig desolaten Auer nicht alles richtig, aber sie erweckte den Eindruck, sie lebt. Hilbert sieht das ähnlich: "Zeitweise war das schon sehr gut, was wir gemacht haben. Vor allem Zweikämpfe und unsere letzte Reihe waren sehr stabil." Nur im Spiel nach vorne haperte es. Und dann gab es diese Phase, in der Aue ausglich und sogar hätte in Führung gehen können, weil die Fürther nervös geworden waren.

"Ich bin ein Chamäleon"

Hilbert erklärt sich das so: "Wir hatten Druck, wir mussten gewinnen. Wir haben viele junge Spieler, die die Situation nicht kennen." Einen Vorschlag, wie das zu lösen sei, hat er bereits: "Lieber den Druck mir geben." Ihm, der noch vor ein paar Wochen in den Reihen von Champions-League-Teilnehmer Bayer Leverkusen stand und nun beim Vorletzten der zweiten Liga kickt. Anpassungsprobleme scheint Roberto Hilbert nicht zu kennen: "Wenn es keinen Unterschied zwischen den beiden Vereinen gäbe, könnte man ja eine Liga machen. Aber ich bin ein Chamäleon, das sich anpassen kann."

Am Samstag tritt diese junge Mannschaft, angeführt von Hilbert, Caligiuri und Burchert, bei den derzeit bärenstarken Berlinern von Eisern Union an. Einen Sieg erwartet dort eigentlich niemand, aber eine Entwicklung wäre schon hilfreich. Es könnte noch ein weiter Weg werden, oder Herr Hilbert? Der antwortet cool: "Welcher Weg ist kurz, wenn man Großes vorhat?"

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