Ice-Tigers-Trio bei Olympia: Scheibenschießen in Südkorea

8.2.2018, 10:59 Uhr
Heiß auf Olympia: Die drei Ice-Tigers-Profis Leo Pföderl, Patrick Reimer und Yasin Ehliz freuen sich auf das Eishockeyturnier.

© Roland Fengler Heiß auf Olympia: Die drei Ice-Tigers-Profis Leo Pföderl, Patrick Reimer und Yasin Ehliz freuen sich auf das Eishockeyturnier.

Anfang Januar erhielten alle drei von Marco Sturm einen Anruf. Der Bundestrainer übermittelte ihnen persönlich die frohe Kunde ihrer Nominierung für Olympia. Darauf hingearbeitet hatten sie, aber die Gewissheit, tatsächlich dabei zu sein, hatten sie erst in diesem Moment. "Seit wir die Qualifikation geschafft hatten, hatte ich die Olympiateilnahme im Kopf", verrät Reimer, der zwar schon an fünf Weltmeisterschaften teilgenommen hat, Olympische Spiele aber noch nicht erleben durfte.

Mit 35 Jahren kann er sich nun diesen Traum erfüllen - es ist davon auszugehen, dass es seine einzigen und damit auch letzten Spiele sein werden, wenngleich er sich noch ein Hintertürchen offen lässt. "Man soll nie nie sagen", bemerkte er mit einem süffisanten Lächeln. Ob es wirklich erst gemeint war?

Ehliz (25) und Pföderl (24), die beiden "Tölzer Buam", sind einige Jahre jünger, stehen eigentlich erst am Anfang ihrer internationalen Laufbahn. Wenngleich Ehliz schon 51 Länderspiele bestritten hat und auch schon drei WM-Teilnahmen vorweisen kann. Für Pföderl (21 Länderspiele) ist das Eishockeyturnier in Pyeongchang dagegen absolutes Neuland.

"Es kribbelt" 

Gespannt, was sie in Südkorea alles erwartet, sind sie alle drei gleichermaßen. "Es kribbelt", gestand Pföderl schon vor einigen Tagen, als es noch eine Zeit lang hin war bis zum Abflug. Er war gerade beim Kofferpacken und musste eingestehen, "ein bisschen überfordert" zu sein. Ähnlich erging es Ehliz ("Es ist nicht so einfach, den Überblick zu behalten und nichts zu vergessen"), während sich Reimer da weniger Gedanken machte. Nicht zum ersten Mal musste er für ein Großereignis die Koffer packen.

Allerdings, vergleichbar mit einer WM sind Olympische Spiele natürlich auch für den seit Dienstagabend 100-fachen Nationalspieler nicht. "Eine WM hast du jedes Jahr. Olympische Spiele vielleicht nur einmal im Leben", stellt der gebürtige Mindelheimer die Tage von Pyeongchang über alles, was er bisher in seiner Sportlerkarriere erlebt hat. Und der Kapitän der Ice Tigers will auch gar nicht bewerten, ob eine Olympiateilnahme über den Gewinn der deutschen Meisterschaft geht. "Beides wäre unglaublich für mich. Die Olympiateilnahme habe ich jetzt schon mal."

Leo Pföderl steht im Vergleich zu Reimer und Ehliz erstmals bei einem großen internationalen Turnier im Blickpunkt. Nur Berlins Verteidiger Jonas Müller hat im deutschen Kader weniger Länderspieleinsätze (16) aufzuweisen als der Nürnberger Torjäger. "Letztes Jahr wäre ich bei der WM wahrscheinlich dabei gewesen, doch dann kam die Schulterverletzung in den Play-offs dazwischen", erinnert sich der Mann mit dem perfekten Handgelenkschuss an seine bisher bitterste Stunde. Nun darf er auf der olympischen Bühne vorspielen – eine Auszeichnung, die er sich redlich verdient hat. Nicht nur wegen seiner bisher erzielten 20 Tore in der laufenden Saison.

Tore, Power und Erfahrung 

"Leo schießt Tore, Yasin bringt Power und Tempo ins Spiel und Patrick die Erfahrung und Leaderqualität", umschreibt Nürnbergs Sportdirektor Martin Jiranek die besonderen Stärken der drei "Eistiger", die im fernen Südkorea auch Werbung für ihren Verein betreiben können.

Aber die sportlichen Hürden auf den angestrebten Weg ins Viertelfinale sind groß, werden der deutschen Mannschaft alles abverlangen. Finnland, Schweden und Norwegen sind die drei Vorrundengegner, danach geht es im K.o.-System (auch für die Gruppenletzten) weiter. Das heißt, mindestens vier Spiele auf olympischem Eis haben Reimer und Co. sicher. Ob es mehr werden, wird sich zeigen. "Wir gehen in jedes Spiel, um zu gewinnen. Wir werden unser Bestes geben, wollen unser Land würdig vertreten", verspricht Reimer.

Auch Pföderl ("An einem guten Tag können wir jeden überraschen") und Ehliz ("Wir sind hochmotiviert. Wir müssen in jedem Spiel Vollgas geben und brauchen ein bisschen Glück") geben sich durchaus optimistisch, wenngleich natürlich andere Nationen für die Medaillenplätze zu allererst in Frage kommen.

Vom Fernsehsessel auf das olympische Parkett

Das sportliche Abschneiden ist das eine, das Erlebnis Olympische Spiele das andere. Das Ice-Tigers-Trio konnte es gar nicht mehr erwarten, endlich vor Ort zu sein. Das Olympische Dorf betreten, die Eröffnungsfeier live miterleben, und, und, und. . . "Die Vorfreude ist riesig", sprach Pföderl auch im Sinne seiner beiden Mitstreiter, die Olympische Spiele bisher nur vom Fernsehsessel aus erlebt haben. Jetzt sind sie selbst ein Teil dieses Spektakels. Athleten anderer Sportarten zu begegnen, natürlich auch (soweit es die Zeit erlaubt) andere Veranstaltungen zu besuchen, überhaupt das ganze Flair der Spiele aufzusaugen – das alles macht für Reimer, Ehliz und Pföderl die Einmaligkeit von Olympischen Spielen aus.

Da das erste deutsche Spiel gegen Finnland erst am 15. Februar stattfindet (tags darauf geht es gleich gegen Schweden), gibt es vielleicht schon vorher die Gelegenheit, sich auch andernorts unter die Zuschauer zu mischen. Ehliz, selbst ein außergewöhnlich guter Schlittschuhläufer, würde allzu gerne beim Eisschnelllaufen dabei sein: "Ich will die Geschwindigkeit und die Lauftechnik einmal live sehen." Für Pföderl stehen Biathlon und alpiner Skisport an erster Stelle. Und Reimer? Der würde alles anschauen, freut sich aber vor allem, dass seine Frau und sein Vater zum ersten deutschen Spiel anreisen: "Das ist mehr als eine Zugabe." 

 

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