Jonas Link ist beim HCE der Junge mit den schnellen Beinen

14.2.2017, 07:44 Uhr
Jonas Link ist beim HCE der Junge mit den schnellen Beinen

© Sportfoto Zink

Im Moment des größten Glücks, da musste er einem fast ein wenig leid tun. Jeder drückte, jeder herzte Jonas Link, alle hingen sie an ihm dran, als würde eine Berührung seines Körpers ewige Jugend bescheren. Doch mittendrin in diesem Pulk, da sah man immer wieder sein Gesicht: strahlend und voller Glück.

Dabei hatte die Begegnung zunächst begonnen, wie so viele in diesem Jahr nach dem Bundesliga-Aufstieg: Michael Haaß, der 120-fache Ex-Nationalspieler, zog die Fäden auf Rückraum-Mitte, Jonas Link, der sieben Jahre jüngere Lehrling und spätere Mann dieses Spiels, er saß nur auf der Bank. Lernen durch Beobachtung, sozusagen. "Ich bin dankbar, dass ich so jemanden wie Hassan (Haaß, d. Red.) vor mir habe", sagte er kürzlich erst den Erlanger Nachrichten, "von ihm kann ich unglaublich viel lernen."

Wie viel er schon gelernt hat, das durfte Jonas Link lange nicht zeigen. Erst im Heimspiel gegen den Bergischen HC, am zwölften Spieltag, als Michael Haaß früh einen, nun ja, umstrittenen Spielausschluss kassierte, da musste Jonas Link es dann plötzlich allen beweisen: dass er weiter ist, als noch in der zweiten Liga, dass er gelernt hat, sein ungeheures Tempo, seine Beweglichkeit mit Hang zum Übermut zu zügeln.

Nun aber, hinein geschubst durch äußere Umstände ins eiskalte Wasser der Handball-Bundesliga, da strampelte Jonas Link nicht hektisch, fuchtelte und schrie – nein, er schien seelenruhig durch die Wellen zu kraulen.

Der Auftritt gab ihm Vertrauen in sich selbst und auch beim Trainerteam – beim 27:29 vor fast 9000 Zuschauern beim Champions-League-Klub Rhein-Neckar Löwen, da kraulte Jonas Link schon nicht mehr, da hatte er angefangen, voller Freude in den Fluten zu plantschen: Sieben Tore warf der 24-Jährige, traf beinahe aus allen Lagen. So wie zuletzt im Juni 2016, beim Auswärtssieg in Henstedt-Ulzburg. Sein Tempo, seine Beweglichkeit, seine Sprungkraft waren selbst für die Weltklasse-Spieler nie in den Griff zu bekommen. Sogar ein Sonderlob holte Link sich ab, vom Meistertrainer, Nicolaj Jacobsen.

"Muss die Pause ausgerechnet jetzt kommen?"

Dann kam die WM-Pause: "Nach Weihnachten habe ich gedacht: Muss die Pause ausgerechnet jetzt kommen, wo wir so gut in Fahrt sind?", verriet Jonas Link am Samstagabend.

"Beim Jonas warte ich immer, bis er es endlich richtig krachen lässt", sagte sein Bruder Nikolai kürzlich. Zweieinhalb Jahre älter ist der und Nationalspieler. "Dabei", so Nikolai Link, "ist Jonas eigentlich schon immer der bessere Handballer."

Zu Hause gab es erst nur Volleyball – der Vater hat professionell gespielt, Nikolai Link verdankt seine Sprungkraft auch dem Jugendtraining in Friedberg, wo das Elternhaus steht. Nur Jonas, der ging lieber ins Handballtraining. Schulfreunde hatten ihn mitgenommen zum TSV Friedberg. "Irgendwann wollte auch ich Handball ausprobieren", sagt Nikolai Link. Obwohl Jonas jünger ist, durfte er bei den Älteren mitspielen. "Er hat schon damals alles in Grund und Boden geworfen", erinnert sich der Bruder.

"Natürlich kennen wir Jonas Link", sagte Hannovers Trainer Jens Bürkle und meinte: nicht erst, seitdem dem 24-Jährigen mit der letzten Aktion des Spiels das Siegtor gegen seine Mannschaft gelang. "Das spricht doch für den jungen Kerl, sich in dieser Situation den Ball zu nehmen und ihn auch noch reinzumachen."

26:26 stand es, noch zehn Sekunden waren auf der Uhr, als Jonas Link in der Auszeit das Vertrauen von Trainer Robert Andersson bekam, über den letzten Angriffsspielzug des HC Erlangen zu entscheiden. Link warf selber, sein einziges Tor an diesem Tag, zum umjubelten 27:26-Sieg. "Der hätte genau so gut in den Block fliegen können und wir bekommen noch einen Gegenstoß", sagte er hinterher bescheiden.

"Ich blende die Hektik aus"

In der Vorbereitung hatte er immer wieder Probleme gehabt mit seinem Knöchel, im Pokal war er umgeknickt, hatte sich die Bänder gerissen. Auch krank musste er sich ein paar Mal abmelden. "Ich wollte die Spielzeit zwischen ihm und Michael Haaß aufteilen", verriet Robert Andersson später. Jonas Link, gab er zu, hatte ihm ein wenig besser gefallen. Deshalb diese Entscheidung für Link in der letzten Auszeit des Spiels.

Druck hat Jonas Link dann kaum verspürt: "Wenn ich auf der Bank sitze oder woanders zusehe, dann geht mir in so einer Situation schon gewaltig der Puls rauf", meinte er. "Wenn ich selber spiele, ist das anders. Dann versuche ich einfach fokussiert zu bleiben, die Hektik auszublenden und rational zu entscheiden, was das beste in der Situation ist." Das allerbeste aber kam erst nach Spielschluss, als sie ihn alle zum Drücken lieb hatten.

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