Katerstimmung in Fürth: Mission "Nicht-Abstieg" erfüllt, aber ...

25.5.2015, 06:00 Uhr
Bleibt er, geht er? Auch Kleeblatt-Kapitän Wolfgang Hesl blickt in die Zukunft.

© Zink Bleibt er, geht er? Auch Kleeblatt-Kapitän Wolfgang Hesl blickt in die Zukunft.

Die Gefühlsexplosion bleibt aus. Wolfgang Hesl schaut mit leerem Blick auf die Tribünen, Mike Büskens bläst die Backen auf, umarmt Stephan Schröck, Benedikt Röcker geht verhalten klatschend in die Kurve. Das wars. Durchaus schizophren, denn die Spielvereinigung Greuther Fürth hat sich gerade gerettet. Genau genommen müsste man aber eben jenes "sich" streichen. Gerettet haben das Kleeblatt St. Pauli, Aue, 1860 München.

Alle haben sie verloren oder nur Remis gespielt, alle haben sie womöglich noch weniger abgeliefert als die Spielvereinigung. Man könnte auch sagen: Alle spielten für Fürth, nur Fürth nicht. Die Mission "Nicht-Abstieg" ist für Mike Büskens und das Kleeblatt damit erfüllt. Mehr aber eben nicht, ganz unglamourös, völlig glanzlos.

"Lasst mich mein Bier trinken, echt!", sagt der Kleeblatt-Trainer im Anschluss an die Partie. "Schreibt, dass es ein schlechtes Spiel war, damit habt ihr Recht. Aber bedenkt auch, welcher Druck auf den Jungs lag." Dabei geht es Büskens nicht um gewinnen oder verlieren, nicht um Erfolg oder Misserfolg - sondern um die wirtschaftliche und blanke Existenz eines Vereins. Er spricht von Bürokräften, von Mitarbeitern, die jetzt ihren Arbeitsplatz behalten können, von der Bedeutung für die ganze Stadt. Die Erleichterung ist förmlich spürbar.

Die 1500 mitgereisten Fans reagieren frustriert

Die Stimmung in Fürth ist nach dieser "Horror-Saison", wie Verteidiger Johannes Wurtz sie nennt, dennoch verkatert. Ruppig wurde es auf den Tribünen. Etwa 1500 Fans wollten die Mannschaft in Leipzig zum Sieg peitschen, resignierten nach dem 0:2 unmittelbar vor der Halbzeit allerdings mit Frust im Bauch. Die Reaktion: Unzufriedenheit, Pfiffe, vereinzelt sogar Mittelfinger. "Ich kann jeden einzelnen verstehen", sagt Wurtz. "Für die ist es auch eine Gefühls-Achterbahn."

Wie also jetzt umgehen mit dieser Situation und der gesamten Saison? Die Fürther Spieler wissen genau, wie diese Partie einzuordnen ist. Ein paar exemplarische Stimmen:

"Wir habens geschafft, scheißegal wie! Heute die erste Halbzeit war einfach schlecht, die zweite haben wir uns mehr reingehängt." (Johannes Wurtz)

"Ich bin der glücklichste Mensch, das ist mir scheißegal. Bitte stellt mir keine Fragen wie das Spiel war." (Stephan Fürstner)

"Wir müssen Gott dankbar sein, dass wir das heute geschafft haben. Natürlich: Unsere Leistung war zum Schämen heute, das weiß jeder." (Robert Zulj)

Alle Stimmen zur Fürther Niederlage gegen Leipzig.

Jetzt geht es bei der SpVgg Greuther Fürth um die Zukunft, um die Neuausrichtung des Vereins - und die ist durchaus ungewiss. Die Verhandlungen mit Kapitän Wolfgang Hesl wurden bereits vor Monaten ausgesetzt, um sich voll auf das Ziel Klassenerhalt fokussieren zu können. Ein Plan, der aufging, denn: Hesl war einer der Garanten dafür, dass das Kleeblatt auch künftig in der zweiten Fußball-Bundesliga spielen darf.

"So eine Saison darf nicht mehr vorkommen"

"Da kann man nur den Hut ganz arg ziehen. Er hat uns das Vertrauen erhalten", sagt Helmut Hack nach Spielschluss über Hesl. Ob die Zusammenarbeit weitergeht, ist aber dennoch unklar. Ebenso unklar ist sie bei Robert Zulj ("Ich würde gerne hierbleiben, so eine Saison darf da aber nicht mehr vorkommen") und Trainer Mike Büskens.

Wie feiern geht, das zeigt dann ausgerechnet der Gegner, für den es eigentlich um gar nichts mehr geht. Leipzigs Kapitän Daniel Frahn, der Aufstiegs-Garant aus der vergangenen Saison, verlässt den Verein. Zuvor belohnte er sich mit dem 1:0-Treffer selbst. Nach der Partie wird Frahn minutenlang gefeiert und auf Schultern durch die Red Bull Arena getragen. Derweil muss sich das Kleeblatt den eigenen Fans stellen. Wie gesagt: Ein ziemlich schizophrener Nachmittag in Leipzig.

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