Kraftlos gegen Kiel: HCE unterliegt beim Rekordmeister

4.6.2017, 15:12 Uhr
Erlangens Trainer Robert Andersson ist nach der 22:30-Testspielniederlage des HCE bei THW Kiel enttäuscht.

© Sportfoto Zink / DaMa Erlangens Trainer Robert Andersson ist nach der 22:30-Testspielniederlage des HCE bei THW Kiel enttäuscht.

Über 10.000 Zuschauer besuchen beim THW Kiel jedes Heimspiel, steil ragen die Tribünen teilweise in vier Rängen hinauf bis zum Dach. Die Menschen entwickeln eine unglaubliche Atmosphäre, eine, die einschüchtert - aber auch Kräfte freisetzen kann, die man vorher nicht für möglich hielt. Auf beiden Seiten. Als der kleine HC Erlangen am Samstagabend beim Deutschen Rekordmeister zu Gast war, war es beides: 30:22 (12:10) gewann am Ende der THW Kiel, weil Erlangen Mitte der zweiten Halbzeit keine Kraft mehr hatte, um dem Tabellendritten ausreichend gegen zu halten. Und weil vorher viel zu viele technische Fehler unterliefen.

Kiel übernimmt schnell das Kommando

Zunächst nämlich, da schüchterte diese Atmosphäre den Aufsteiger regelrecht ein. Zwar führte Erlangen durch Nikolai Link, der Europameister Andreas Wolff den Ball durch die Beine warf, mit 1:0, doch dann übernahm Kiel sehr schnell das Kommando. Immerhin geht es für den Pokalsieger ja noch ums Erreichen der Champions League - und genau das zeigte die Mannschaft von Trainer Alfred Gislason auch: routiniert spielte sie die Erlanger Deckung teilweise schwindelig, setzte mit Marko Vujin aus dem Rückraum immer wieder kraftvolle Akzente. Erlangen taumelte, produzierte obendrein unnötige Fehler, und so nahm Robert Andersson, der Gästecoach nach 14 Minuten die erste Auszeit beim Spielstand von 2:6.

Nun setzte er auf Jonas Links Tempo im Angriffsspiel und Kiel schaltete gleichzeitig einen Gang herunter, langsam kroch Erlangen zurück, das jetzt den Respekt mehr und mehr ablegte. von 4:8 (17.) ging es bis auf 8:10 heran, hätte Katsigiannis, der sich jetzt steigerte, zwei Gegenstoßpässe an den Mann gebracht, wäre vielleicht ein wenig mehr herausgesprungen, als das sehr achtbare 10:12 aus Erlanger Sicht zur Pause. "Wir wissen, wenn man sie dort hinbekommt, wo wir sie teilweise hatten, haben sie nicht dieses Selbstvertrauen in dieser Saison", meinte Robert Andersson, der Trainer.

Andersson ist enttäuscht

Das brachte Mut, das brachte Selbstbewusstsein - und Erlangen kam mit Schwung aus der Pause: Der offensiv starke Jonas Thümmler verkürzte postwendend auf 11:12, der HCE konnte nun einige Minuten ganz nah den Rekordmeister am Ausgleich halten - doch das wichtige Ausgleichstor fiel nicht, trotz Ballbesitz beim Stand von 13:14, dem letzten knappen Rückstand. Dann häuften sich wieder die Fehler.

"Das ist enttäuschend", fand Andersson später, "wir schaffen es nicht, unser Niveau zu halten, haben starke Schwankungen drin. Zeitweise haben wir mittelmäßiges Zweitliganiveau abgerufen, so kannst du hier nichts holen, gar nichts." Martin Stranovsky scheiterte gleich drei Mal vom Siebenmeterpunkt, genau wie einmal Ole Rahmel und einmal Kevin Herbst. Darüber hinaus produzierte Erlangen zahlreiche Abspielfehler, vor allem durch die erfahrenen Spieler Michael Haaß oder Isaias Guardiola, Pavel Horak warf den Ball einmal unbedrängt ins Seitenaus. Nicolai Theilinger, weiter weit entfernt von seiner Topform, strauchelte im Tempogegenstoß und verlor den Ball - und so zog Kiel, das wieder das Tempo anzog, davon.

"Es ist wie verhext"

"Manchmal passiert das einfach, auch wenn es das nicht darf", meinte Katsigiannis. "Ich habe selber auch zwei Fehlpässe gelifert, die passieren mir sonst eigentlich nicht." Vielleicht sei es die Müdigkeit nach einer langen Saison, in der die Konzentration nachlasse. "Es ist wie verhext", fand Nikolai Link.

Angeführt vom starken Niklas Landin im Tor, Marko Vujin und Christian Dissinger im Angriff, die gemeinsam 14 Tore warfen, und einem immer besseren Patrick Wiencek am Kreis war bald nur noch die Frage, wie hoch Erlangen verlieren würde. "Wir hätten gern mehr herausgeholt", meinte Katsigiannis, der vergangene Saison beim THW Kiel spielte, "man muss aber auch sehen, dass wir aus dem letzten Loch pfeifen und froh sind, wenn bald endlich Urlaub ist."

Nachwuchsakteur Johannes Bayer gehörte aus Gästesicht die Schlussphase, in der er sich drei Mal in die Torschützenliste eintragen konnte. Die Uhr stoppte bei einem auch in der Höhe insgesamt verdienten 30:22 für Kiel, das keine gute Leistung ablieferte, aber für die Gäste, die viele Fehler produziert hatten, reichte es. Und die Bühne wurde geräumt für eine stimmungsvolle Abschiedsshow vor diesen 10.285 Zuschauern für die Spieler, die den THW Kiel nach der Saison verlassen.

Den Live-Blog der Partie gibt's hier zum Nachlesen.

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