Kein Dreier auf dem Kiez: Fürth kassiert Niederlage

16.8.2015, 15:25 Uhr
Musste dreimal hinter sich fassen: Fürths Schlussmann Sebastian Mielitz.

© Sportfoto Zink / WoZi Musste dreimal hinter sich fassen: Fürths Schlussmann Sebastian Mielitz.

Dort, wo vor einem halben Jahr die Fürther Gäste noch mit einem martialischen Bengalo-Feuer begrüßt wurden, wo die Fans des FC Sankt Pauli zwei Totenköpfe und den Spruch "Willkommen in der Hölle" auf einen alten Bunker projeziert hatten, dort steht seit dieser Saison eine steile Tribüne. Das Millerntor strahlt in neuem Glanz, durch die Kurven kann man die Fahrgeschäfte auf dem Kiez drehen sehen. Auch sportlich läuft es endlich wieder schöner für die Hamburger, die vergangene Saison Ewald Lienen in letzter Sekunde vor dem Abstieg bewahrte.

Auch die Spielvereinigung Greuther Fürth kämpfte vergangene Saison gegen den Abstieg, als man sich an einem kalten Wintertag das letzte Mal an diesem Ort traf, gewann der Gast mit 1:0 - es war der letzte Sieg unter Trainer Frank Kramer. An dessen Stelle sitzt seit Saisonbeginn Stefan Ruthenbeck, die Mannschaft ist auch nicht mehr dieselbe - auch nicht wie beim letzten Spiel, dem peinlichen Pokalaus bei Erzgebirge Aue. Ruthenbeck setzte wieder auf die Anfangsformation vom 2:2-Remis bei RB Leipzig, einzig der widergenesene Marco Caligiuri rückte für Franke in die Innenverteidigung.

Keine Minute war gespielt, da stockte den Fans bereits der Atem: Einen missglückten Rückpass von Philipp Ziereis grätschte der überraschte Hamburger Schlussmann Robin Himmelmann bereits von der eigenen Torlinie.

Das war das Signal: Beim Kleeblatt ging es vor allem in Richtung Heimtor, Sankt Pauli trat hingegen auf wie eine Auswärtsmannschaft, stand tief in der Defensive, schaffte es jedoch zunächst nicht, mit Tempo bei Ballgewinn in die Offensive umzuschalten.

So schnürte Fürth den Gastgeber vor einer beeindruckenden Kulisse am Millerntor mehr und mehr ein, produzierte aber kaum gefährliche Szenen. Am ehesten vielleicht noch bei einer scharfen Hereingabe ins Nichts von Marco Stiepermann, der damit eine aussichtsreiche Fünf-gegen-Vier-Situation verpuffen ließ. Weil jener Stiepermann die bis dahin harmlosen Hamburger eine Spur zu leicht nahm und vergeblich versuchte, Daniel Buballa mit einem Hackentrick im Mittelfeld zu narren, liefen die Fürther in einen verhängnisvollen Konter. Buballa lief allen davon, seine Hereingabe von der Auslinie verwertete Marc Rzatkowski zum 1:0 (19.).

Fürths Überlegenheit war erst einmal Unsicherheit gewichen, der Spielfluss ging verloren, weil Sankt Pauli schlagartig das Tempo und die Aggressivität erhöhte. Für Niko Gießelmann, der bei einem Zweikampf unglücklich umgeknickt war, brachte Trainer Stefan Ruthenbeck nach 27 Minuten Stefan Thesker. Doch Fürth spielte nicht mehr, sondern versuchte mit Fernschüssen sein Glück. Doch der starke Robert Zulj (31.) wie auch Wurtz (32.) verfehlten das Ziel. Besser machte es Marcel Halstenberg auf der anderen Seite, der jedoch von Wurtz nicht angegriffen wurde, und sich so den Ball zurechtlegen konnte. Sein feiner Schlenzer von der Strafraumgrenze ins rechte untere Toreck war für Sebastian Mielitz im Fürther Tor nicht zu halten: 2:0 (35.). Das nennt man wohl gnadenlose Effektivität.

Dass Fürth weiterhin im Spiel blieb, verdankte das Team und die gut 1500 mitgereisten Fans Sebastian Freis, der eine lange Thesker-Flanke fast von der Auslinie am zweiten Pfosten per Kopf zum Anschluss verwertete (42.). Auch im zweiten Durchgang blieb die Partie ein unterhaltsames Fußballspiel, mit viel Tempo ging es hin und her. Zunächst klärte Hamburgs Torwart Himmelmann im Eins-gegen-Eins mit Veton Berisha, den der nach Krankheit in die Innenverteidigung zurückgekehrte Kapitän Marco Caligiuri mit einem Traumpass in die Spitze freigespielt hatte (52.), dann hatte Fürths Torwart Mielitz Glück, dass ein abgefälschter Freistoß von Halstenberg nur an den Pfosten klatschte (55.).

Freis hatte den Ausgleich und damit seinen zweiten Treffer auf dem Fuß, seine Direktabnahme zielte aus wenigen Metern nach Freistoß von Gjasula aber direkt auf Himmelmann (63.). Die Partie blieb wild, zerfahren, wahnsinn. Plötzlich war der Ball wieder im Tor - Robert Zulj hatte einen Freistoß mit dem Kopf unter die Latte gedrückt - der Linenrichter hatte aber eine Abseitsposition erkannt. Während die Fürther noch diskutierten, lief Sankt Pauli schon den Gegenangriff; Mielitz parierte stark mit dem Fuß gegen Waldemar Sobota, der Ball sprang zu Rzatkowski, der verstolperte zunächst, schoss dann doch noch - ins Tor. Statt 2:2 stand es plötzlich 3:1 für Sankt Pauli.

Noch immer war aber nicht Schluss am Millerntor. Fürth warf wütend alles nach vorn, wo Neuzugang Domi Kumbela erstmals Einsatzminuten bekam. Doch es war wieder Zulj, der erneut traf - und diesmal zählte der Treffer: nach Vorarbeit von Tom Weilandt trudelte der Ball ins lange Eck. Weiter machte Fürth, dem die Zeit davon lief, gehörig Druck auf den Ausgleich, Sankt Pauli stand mit allem, was es hatte, in der Defensive. Eine Minute war noch auf der Uhr, da flog die nächste Flanke in den Strafraum, Kumbelas Kopfball parierte Himmelmann aber stark. Als Schiedsrichter Willenborg abpfiff, feierte Sankt Pauli den ersten Heimsieg gegen Fürth, das eigentlich ein großartiges Spiel gemacht hatte, seit Februar 1998.

 

>>>Der Ticker zum Nachlesen<<<

SpVgg Greuther Fürth: Mielitz - Wurtz, Caliguiri, Röcker, Gießelmann (26. Thesker) - Hofmann – Stiepermann (61. Weilandt), Gjasula, Zulj, Freis (71. Kumbela) - Berisha

FC St. Pauli: Himmelmann - Nehrig, Ziereis, Deichmann, Halstenberg - Alushi, Rzatkowski - Sobota (78. Buchtmann), Maier (85. Choi), Buballa - Thy (68. Verhoek)

Tore: 1:0 Rzatkowski (19.), 2:0 Halstenberg (34.), 2:1 Freis (42.), 3:1 Rzatkowski (74.), 3:2 Zulj (79.) | Gelbe Karten: Deichmann, Rzatkowski - Röcker, Thesker | Schiedsrichter: Willenborg (Osnabrück) | Zuschauer: 28.421.

 

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