Mintal: "Für mich ist der Club wie eine große Familie"

15.6.2013, 12:30 Uhr
Mintal:

© Günter Distler

Marek Mintal, wie macht das ein Trainer: Jungen Spielern das Toreschießen beibringen?

Mintal: Phhhh ... Tore. Schwierige Frage.

Damit kennt sich aber doch keiner besser aus als Sie?

Mintal: Okay, auf der einen Seite ist es ein Talent, du musst einfach diese Torgefährlichkeit haben. Aber das musst du alles ausprobieren, verbessern und verfeinern. Wer glaubt, dass ein Talent reicht, dass der Rest dann schon irgendwie kommt, der wird nichts erreichen. Eines ändert sich im Fußball nie: Es ist immer harte, sehr harte Arbeit, und eine Garantie auf Erfolg kann es trotzdem nicht geben.

Die Arbeit findet heute unter beinahe perfekten Bedingungen statt: in den Nachwuchsleistungszentren überall im Land. Macht das alles leichter? Oder hat die frühe Professionalisierung auch ihre Schattenseiten? Es gibt immer mehr immer jüngere Spieler, die schon Stars sind – oder sich so fühlen.

Mintal: Am Ende geht es immer um die Einstellung zum Beruf. Aber du kannst nicht in alle Köpfe hineinschauen. Heute gibt es so viele Möglichkeiten, und es gibt ja immer Spieler mit großer Begabung, die auch hart arbeiten und dann doch irgendwann stagnieren und in ein Loch fallen – vielleicht, weil es viele Ablenkungen gibt, vielleicht, weil sie schneller zufrieden sind. Aber die enorm hohe Qualität, die der Fußball erreicht hat – taktisch, athletisch, in der Geschwindigkeit – ist ganz sicher kein Zufall, sondern Beleg für sehr gute Arbeit.

Dazu tragen Sie nun als Trainer bei. Was haben Sie denn schon gelernt?

Mintal: Dass es etwas ganz anderes ist, als auf dem Platz zu stehen. Dass du viele Vorstellungen im Kopf hast, die du umsetzen willst, perfekt umsetzen. Und dass das nicht geht: perfekt sein – das habe ich natürlich als Spieler schon gelernt, eigentlich schon als Bub. Es passt alles, und jetzt gehe ich eben wieder in die Schule.

Was lernt denn ein Trainer-Azubi in der Ausbildung zuerst?

Mintal: Im November habe ich den B-Schein gemacht, das war noch keine große Sache, im Grunde ging es um Dinge, die ich auch schon als Bub gelernt habe: Passspiel, Ballannahme – aber dabei geht es dann in die theoretischen Details, das hat schon Spaß gemacht in unserer Gruppe.

Sie haben viele alte Bekannte getroffen?

Mintal: Vier Kollegen, mit denen ich für die Slowakei gespielt habe. Aber wir waren 25 Teilnehmer, darunter viele, die selbst nicht hochklassig als Profis gespielt haben – so, wie das jetzt auch in Deutschland ist. Ein guter Trainer muss nicht unbedingt ein ganz großer Spieler gewesen sein, wenn er den Fußball richtig studiert.

Sie absolvieren Ihre Ausbildung zu Hause in der Slowakei, wo Sie auch zum Trainerstab der U21-Nationalmannschaft gehören. Es ist ein Land, das Sie lieben, aber das Ihnen auch Sorgen bereitet, wie Sie schon erzählt haben.

Mintal: Ja, das ist schwer. Sie kennen die Slowakei ja ein wenig.

Wir waren quasi gemeinsam zum Fußball dort. Es war wunderschön in Bratislava.

Mintal: Ja. Ich liebe meine Heimat, aber es ist nicht immer schön, dort zu sein. Wissen Sie: Die Slowaken haben ein richtig gutes, großes Herz, und die Leute arbeiten so fleißig wie die Ameisen – nur werden sie dafür nicht belohnt, und das ist so traurig zu sehen. Misswirtschaft und Korruption haben dazu geführt, dass es Riesen-Unterschiede in den Lebensstandards gibt, und viele unserer Politiker profitieren davon – sie verarschen die Leute, das muss man so sagen, da gibt es keinen Gedanken an Fairness. Mir tut das sehr weh, aber ich wüsste nicht, wie ich dazu beitragen könnte, die Situation zu ändern. Obwohl mir das sehr am Herzen läge.

Zu Hause in der Club-Familie: Marek Mintal mit Nürnbergs U23-Trainer Dieter Nüssing ...

Zu Hause in der Club-Familie: Marek Mintal mit Nürnbergs U23-Trainer Dieter Nüssing ... © Sportfoto Zink / WoZi

Ihre Herzens-Heimat ist heute Nürnberg?

Mintal: Nürnberg und der Club: Das ist perfekt für mich. Jedes Jahr war anders, aber es hat immer Spaß gemacht. Für mich ist der Verein wirklich wie eine große Familie, in der ich mich immer sehr wohl gefühlt habe, und dafür bin ich sehr, sehr dankbar.

Dann dürfen Sie hier aber nie Cheftrainer werden.

Mintal: Nicht?

Naja, man würde eines Tages – schreckliche Vorstellung natürlich – vermutlich auch Marek Mintal feuern.

Mintal: Okay, andere Frage. Lassen wir uns überraschen. Aber ich habe jetzt wirklich noch keine konkreten Pläne im Blick auf meine Zukunft als Trainer. In eineinhalb Jahren will ich die Ausbildung beendet haben, dann sehen wir weiter.

Besondere Trainer haben Sie einige erlebt beim Club. Gibt es ein Vorbild für den Jung-Trainer Marek Mintal?

Mintal: Ein Vorbild ... nein, ich habe von jedem Trainer gelernt, sie waren sehr unterschiedlich und, da haben Sie recht, sehr besonders, aber es war eigentlich mit jedem schön.

Wollen wir sie einmal durchgehen?

Mintal: Sie waren doch immer dabei!

Aber das ist ebenfalls etwas ganz anderes, als auf dem Platz zu stehen. Ein Journalist ist erst recht nie perfekt!

Mintal: Okay, einverstanden.

Nummer eins: Wolfgang Wolf.

Mintal: Er hat mich hierher geholt, er hat mir die Chance gegeben, hier zu spielen, er hat mir vertraut – und ich glaube, das habe ich mir auch verdient. Wenn du als Ausländer anfängst, musst du erst recht und ganz besonders alles geben, dabei ist es wichtig, Vertrauen zu spüren.

... und seinem Ex-Coach Hans Meyer, ...

... und seinem Ex-Coach Hans Meyer, ... © Wolfgang Zink

Nummer zwei: Hans Meyer.

Mintal: Hans war ein Trainer und ein Mensch, vor dem wir riesigen Respekt hatten. Als Trainer hatte er überragende Qualitäten, aber genauso hat ihn seine Menschlichkeit ausgezeichnet, sein Witz und sein Humor. Und er hat mir dieses Halbfinale geschenkt ...

... Ihre Einwechslung kurz vor Schluss in dieser magischen Nacht gegen Eintracht Frankfurt, nach monatelanger Verletzungspause, als das ganze Stadion ...

Mintal: ... bekommen Sie auch noch ein bisschen Gänsehaut, wenn Sie daran denken?

Oh, ja. Es war der Schritt in das phantastische Berliner Pokalfinale 2007, es wurde nach neununddreißig Jahren der erste Titel für den Club.

Mintal: Unser größter Erfolg – es waren die schönsten Momente von vielen sehr schönen. Hans ist ein Riesenmensch und ein Riesentrainer.

Jetzt wird’s aber weniger schön: Nummer drei, Thomas von Heesen, war sicher nicht gerade ...

Mintal: Nein, Hansinko, Moment, warte – das kann ich Dir erklären, das will ich auch unbedingt. Ich will überhaupt nichts Schlechtes sagen über von Heesen, er hatte es nicht leicht nach Hans, aber vor allem hat man gleich gemerkt, dass es irgendwie nicht passt zwischen ihm und der Mannschaft, und er ist auf uns auch nicht zugegangen. Er hat es sich selbst schwer gemacht. Hat er sich wirklich identifiziert mit diesem Verein?

Den Eindruck hatte man nicht.

Mintal: Genau. Das war das Problem. Nicht der Trainer von Heesen.

Nummer vier: Michael Oenning.

Mintal: Ein guter junger Trainer, mit ihm sind wir wieder aufgestiegen. Und daran hatte auch Peter Hermann einen großen Anteil.

Mintal:

© Eduard Weigert

Der damalige Co-Trainer, der jetzt mit Jupp Heynckes und Bayern München in Wembley die Champions League gewonnen hat.

Mintal: Er ist ein absolut überragender Fußballfachmann, einer der besten, die es überhaupt gibt – Hut ab, wirklich, und Peter war auch ein guter Mensch. Es hat gepasst mit beiden Trainern, das hat alles wieder viel einfacher gemacht, auch für mich.

Mit Nummer fünf, Dieter Hecking, war es dann weniger leicht für Sie?

Mintal: Er hat hier drei Jahre einen sehr guten Job gemacht. Ich habe kaum gespielt bei ihm, okay, und wer nicht spielt, ist nicht zufrieden. Aber das hat nichts mit den großen Qualitäten von Dieter Hecking zu tun.

Es gibt noch eine Nummer sechs: Michael Wiesinger, der Ihr Trainer im Regionalliga-Team war und jetzt die Bundesligamannschaft führt. Das hat ihm nicht jeder zugetraut.

Mintal: Ich schon. Ich habe in meinem letzten aktiven Jahr sechs Monate bei ihm trainiert, ich habe wirklich viele Trainer erlebt – und mit ihm hat es Riesenspaß gemacht. Ich habe mich auf jede Einheit gefreut. Auf jede! Michael hat eine klare Linie, sein Training ist intensiv und fußballerisch auf hohem Niveau. Wir haben Disziplin im Team gehabt und Freude, das ist die Mischung, die du brauchst, so wünsche ich mir das auch als Trainer.

Ihr Chef bei der U23, Trainer Dieter Nüssing, ist auch eine Legende in dieser Stadt. Zwei Legenden für den Nachwuchs, das klingt gut.

Mintal: Ach, naja, Legende ...

Mintal:

© Sportfoto Zink

Sie hören das gar nicht so gern.

Mintal: Nein, es freut mich, wenn mich die Leute mögen, unseren Fans verdanke ich so viel. Aber ich bin Marek Mintal, keine Legende. Für Dieter Nüssing ist dieser Club, wie für mich, etwas ganz Besonderes im Leben, er war ein großer Spieler hier, vor dem jeder auch großen Respekt hat. Er weiß, wann er laut sein muss – und er weiß, wann er lustig sein muss. Er kann sehr streng sein, aber er bringt auch eine große Menschlichkeit ein. Für junge Spieler ist das eine gute Mischung. Ich freue mich jetzt, dazuzugehören, ich will da sein für die Jungen, ihnen helfen. Das ist spannend.

Einer der jüngsten Spieler im Club heiß Jakub Mintal. Ein Talent, das irgendwann beim Vater trainiert?

Mintal: Schöne Frage – keine Antwort. Kubi spielt jetzt in der U9 – ja, er hat schon Qualitäten, er hat einen guten Schuss, er macht Tore ... Aber in diesem Alter kann man da nichts voraussehen, da ändert sich oft so viel in kurzer Zeit. Die Jungs sollen eine glückliche Kindheit haben.

Zu Jakub und Sebastian kommt bald noch ein Mintal – wieder ein Bub?

Mintal: Das ist auch spannend, wir lassen uns überraschen. Naja, bis zur nächsten Ultraschall-Untersuchung. Dann wissen wir es.

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