Mögliche Strategien im Didavi-Dilemma

24.4.2012, 07:00 Uhr
Daniel Didavi fühlt sich wohl in Nürnberg - doch er bleiben kann, ist höchst ungewiss.

© dpa Daniel Didavi fühlt sich wohl in Nürnberg - doch er bleiben kann, ist höchst ungewiss.

Anfang Dezember war Daniel Didavi richtig heiß auf Fußball. Gerade hatte es der Mittelfeldspieler drei Mal in Folge in die Startelf des 1. FC Nürnberg geschafft. Ein schöner Erfolg für den lange Verletzten, ein Meniskusriss samt Operation ließ ihn monatelang pausieren. Und schon ein wenig zweifeln, ob es überhaupt noch etwas wird. Mit der Profi-Karriere.

Mitarbeiter des Club-Magazins durften ihn zuhause besuchen. Eine nette Wohnung am Stadtpark, viel Grün ringsum, Didavi lebt mit seiner Freundin zusammen. Es ging ihm schon damals prima, „auch das Drumherum passt“, wie er sagte. Stadt, Kollegen, Chef. Alles wunderbar.

"Hier ist alles noch etwas familiärer"

Besonders gut gefiel und gefällt ihm sein neuer Verein. „Hier ist alles noch etwas familiärer“, sagt Didavi. Ein freundlicher, eher ruhiger Typ, den man zunächst gerne mal übersieht. Beinahe schüchtern wirkt der Sohn eines Beniners und einer Deutschen. Viel zu erzählen gab es damals ja auch nicht.

Knapp fünf Monate später ist jedes seiner nach wie vor seltenen Interviews ein kleines Medienereignis, Fans und Journalisten hängen an seinen Lippen. Weil sie wissen wollen, ob er möglicherweise doch hierbleiben kann – oder, wie Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia am Sonntagabend im SWR unmissverständlich zu verstehen gab, im Sommer zum VfB zurückkehren muss.

Didavi ist ja bloß geliehen, sein Stammverein hat ihn noch bis 30. Juni 2013 unter Vertrag. Als Siebenjähriger hatte er in Stuttgart angefangen mit dem Kicken, bis auf einer kurze Unterbrechung blieb er seinem VfB immer treu. Würde aber trotzdem lieber heute als morgen fest nach Nürnberg wechseln. Wo er seine schönsten Momente erlebt hat als Fußballer.



Am meisten wird er sich wohl selbst wundern über seinen sagenhaften Entwicklungsschub. Sieben der vergangenen elf Nürnberger Tore erzielte er selbst, mit links, mit rechts, mit dem Kopf. Zwei legte er noch auf. Unglaubliche Statistiken für einen, der mit der Empfehlung von lediglich acht Bundesliga-Einsätzen in drei Jahren und null Bundesliga-Toren nach Nürnberg kam. Trotzdem glaubten sie an ihn und sein außergewöhnliches Talent. Der langjährige Junioren-Nationalspieler ist wieselflink und gesegnet mit viel Ballgefühl, außerdem kann er sehr platziert schießen. Wenn er seine Backen aufbläst, wird es normalerweise gefährlich.

Erklärungen für Didavis Leistungsexplosion gibt es einige. Eine lautet, dass ihn die Unterstützung des Trainers und seiner Mitspieler förmlich trägt. Timmy Simons und Hanno Balitsch halten dem Jungstar zudem nach Kräften den Rücken frei, damit sein Weg zum Tor nicht zu lang wird. Wahrscheinlich hat Didavi infolge seiner Erfolgserlebnisse aber einfach nur ganz viel Selbstvertrauen. Und mit jedem Tor wird es größer. „Er hat“, sagt Dieter Hecking im schönsten Fußballerdeutsch, „einfach einen Lauf.“

Der es wiederum objektiv betrachtet schwer bis fast unmöglich erscheinen lässt, ihn zu halten. Nürnberg steckt im Didavi-Dilemma: Mit jeder Gala wird es wahrscheinlicher, dass man ihn ziehen lassen muss. Wie vor fast einem Jahr Mehmet Ekici; weil die Bayern keine Verwendung mehr hatten für den vertraglich noch ein Jahr an München gebundenen Super-Techniker, verkauften sie ihn für fünf Millionen Euro nach Bremen.

Kumpel Esswein

Bleibt die Frage, was Stuttgart mit Didavi vorhat. Sollte er sich weigern, seinen Vertrag zu verlängern, würde er nur noch im Sommer eine Ablöse einbringen. In einem möglichen Wettbieten mit anderen Interessenten hätte der Club aber wohl schlechte Karten. Deshalb konzentriert man sich ganz auf die Wünsche des auch schon 22-Jährigen. Natürlich sei er noch bis 2013 gebunden an den VfB, sagt Didavi. „Klar ist aber auch, dass ich sehr gerne hier bleiben würde.“

Weil er sich ausgesprochen wohlfühlt und viele Freunde hat in der Mannschaft, mit Alexander Esswein unternimmt er auch privat sehr viel. Im Mai wollen sich Vertreter beide Vereine zusammensetzen, um eine Lösung zu finden, die es vielleicht gar nicht mehr gibt. Oder doch? „Letztendlich“, sagt Hecking, „entscheidet der Spieler.“

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