Pagenburg: Phönix, Bornheim, Phnom Penh

13.11.2013, 12:24 Uhr
Chhunly Pagenburg - hier wird er als Siegtorschütze beim 1:0 gegen Aachen vom damaligen Club-Coach Hans Meyer ausgewechselt - begegnet demnächst Guam.

© Günter Distler Chhunly Pagenburg - hier wird er als Siegtorschütze beim 1:0 gegen Aachen vom damaligen Club-Coach Hans Meyer ausgewechselt - begegnet demnächst Guam.

Knapp 13 Flugstunden sind es von Frankfurt nach Kambodscha. Direktflüge gibt es nur selten, man muss meist in Bangkok umsteigen. Chhunly Pagenburg ist die Strecke in dieser Woche geflogen. Der Mann, der einst in Nürnberg - beim SB Phönix - das Fußballspielen lernte, nimmt die Strapazen gerne auf sich. Am kommenden Dienstag wird "Chhun" - wie sie ihn beim 1. FC Nürnberg nannten - im Trikot der kambodschanischen Nationalmannschaft auf dem Platz stehen. Bei 30 Grad und auf schlechtem Rasen. Und gegen eine Mannschaft, die hierzulande kaum einer kennt. „Vom Niveau her ist das etwa zwei Klassen schlechter als hier“, sagt Pagenburg. Trotzdem kommt der gebürtige Nürnberger frühlingsfrisch daher. Wenig verwunderlich, bedeutet sein Vorname aus dem kambodschanischen übersetzt: “Glück im Frühling“.

Pagenburgs Mama stammt aus Kambodscha. Er selbst hat die doppelte Staatsbürgerschaft. Die Landessprache Khmer versteht der 27-Jährige, aber das Sprechen fällt ihm schwer. Die Verständigung auf dem Platz klappt trotzdem irgendwie. Vor drei Jahren recherchierte ein Reporter in Phnom Penh über Spieler, die kambodschanische Wurzeln haben und im Ausland spielen. Er stieß auf Pagenburg, rief ihn an und gab seine Telefonnummer an die Verantwortlichen des nationalen Verbandes weiter. Wenig später kam die Anfrage, aber es sollte noch einmal drei Jahre dauern, bis Pagenburg das Trikot der Mannschaft zum ersten Mal überstreifen konnte.

Damals in der Noris ging alles viel schneller. “Ich habe Nürnberg viel zu verdanken, hatte dort viele schöne Jahre“, erklärte Pagenburg jüngst nordbayern.de. Bei Phönix, dem Kleeblatt und der Club-Jugend erhielt er einst sein fußballerisches Rüstzeug. Im Februar 2006 debütierte er als 19-Jähriger in der Bundesliga - auf Schalke eingewechselt. In Nürnbergs nachfolgender Gute-Laune-Spielzeit führte ihn Hans Meyer über weitere Kurzeinsätze an die Startelf heran. Ingesamt zwölf Mal ging der 1,78-Meter-große Stürmer, der sich im Sommer dem Zweitligisten FSV Frankfurt angeschloss, zwischen Februar 2006 und November 2007 in Deutschlands Eliteklasse auf Torejagd. Gegen Alemannia Aachen - im April 2007 - durfte der flinke Angreifer gegen Aachen erstmals von Beginn an ran. Er bedankte sich , indem er ein Engelhardt-Zuspiel kaltschnäuzig zum 1:0 verwertete.

Beim 4:0-Heimtriumph im Pokal trug sich Pagenburg in die Torschützenliste ein. In Trier hat er das Jubeln wieder gelernt.

Beim 4:0-Heimtriumph im Pokal trug sich Pagenburg in die Torschützenliste ein. In Trier hat er das Jubeln wieder gelernt. © Daniel Karmann

Dass Meyer seine emsige Offensivkraft im Anschluss als “gerade mal zwei Köpfe größer als ein Schwein“ bezeichnete, war als Lob zu verstehen. Als “Riesenerlebnis“ - wahlweise auch als “Riesensache“ - hat “der Kleine“ den größten Erfolg in Nürnbergs jüngerer Vereinsgeschichte im Kopf - den Pokalsieg 2007. Das Finale in Berlin verfolgte Pagenburg zwar 120 Minuten von der Ersatzbank aus. Bei der stimmungsvollen Ouvertüre - dem 4:0-Heimtriumph im Halbfinale gegen die Frankfurter Eintracht - hatte “Chhun“ als idealer Konterspieler allerdings den Schlussakkord gesetzt.

Im Anschluss hatte der Nun-Bornheimer jedoch eine “lange Leidenszeit“ hinter sich zu bringen. Bei den Münchner Löwen, dem zwischenzeitlich abgestiegenen Club und Drittligist Erfurt lief es nicht nach Plan. Und dies, selbst als Pagenburg in Thüringen von Februar 2009 an zur Stammkraft avancierte und bis Saisonende fünf Treffer markierte. Mehr als ein Jahr war er aufgrund eines Knorpelschadens in der Hüfte und einer komplizierten Beckenentzündung außen vor. Im Sommer 2011 wechselte der Stürmer – eingefädelt von Roland Seitz – zu Viertligist Trier.

Der vermeintliche Abstieg erwies sich als Aufstieg. Betreut vom Neumarkter Coach der dort ansässigen Eintracht schoss sich der kleine Vorarbeiter zurück ins Blickfeld höherklassiger Verein. In 50 Spielen ließ es Pagenburg insgesamt 29 Mal klingeln. Mit allein 18 Treffern in 24 Partien der zurückliegenden Saison sorgte er in der Regionalliga West dafür, dass das Team von der Porta Nigra lange Zeit an den Aufstiegsrängen klopfte.  

Kambodscha liegt in der FIFA-Weltrangliste auf Platz 198, nur elf Teams kommen noch dahinter. Warum tut sich einer, der auch schon für die deutsche U-19- und U-20-Nationalmannschaft gespielt hat, sowas an? „Es ist eine tolle Erfahrung“, erklärt Papenburg. „Der Fußball ist dort erst im Kommen.“ Am Dienstag trifft er mit seinen Teamkollegen auf die Mannschaft von Guam. Vielleicht wird er ein bisschen stolz sein, wenn er ins Stadion einläuft. Nur die kambodschanische Nationalhymne kann er noch nicht.

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