Polak: "Ich kann schon auch noch mal explodieren"

29.7.2014, 10:50 Uhr
Jan Polak will sich mit dem 1. FC Nürnberg durchsetzen und das nicht nur gegen Gräfenberg.

© Sportfoto Zink / JüRa Jan Polak will sich mit dem 1. FC Nürnberg durchsetzen und das nicht nur gegen Gräfenberg.

NZ: Herr Polak, Sie waren DFB-Pokal­sieger mit Nürnberg, belgischer Meis­ter und Pokalsieger mit Anderlecht, haben 57 Länderspiele für Tschechien auf dem Buckel – warum tun Sie sich mit 33 Jahren eigentlich noch einmal die 2.Liga an?

Jan Polak: Mein Vertrag beim VfL Wolfsburg lief aus, und ich wusste noch nicht, wo ich weiterspielen wür­de. Dann kam das Angebot aus Nürn­berg, und mir war schnell klar, dass ich das annehme. Ich hatte hier eine angenehme Zeit, habe mich immer wohlgefühlt. Ich empfinde das auch nicht als Abstieg, Nürnberg hat immer noch etwas zu bieten. Und ich freue mich sehr auf diese Aufgabe. Ich will dabei sein, wenn wir hier etwas Großes schaffen. Auch die Heimat­nähe war natürlich ein Argument. Ganz zurück nach Tschechien wollte ich aber noch nicht.

NZ: Weil Sie, wie Sie in einem anderen Interview beklagt haben, in Tschechien nicht dieselbe Akzeptanz spüren wie hier in Deutschland?

Polak: So sind wir Tschechen eben. Viele große Namen, die zurückgekehrt sind, wie Berger, Nemec oder Latal, bekamen Schwierigkeiten. Unser Publikum ist einfach ein bisschen anders, es ist schwer, die Erwartun­gen zu erfüllen. Hier in Deutschland hat man auch Druck, aber die Leute haben Respekt vor dir und können dich auch mal loben. In Tschechien sehe ich auch viel Neid.

NZ: Es soll ja bereits im Winter Gesprä­che über eine Rückkehr zum Club gegeben haben...

Polak: Stimmt, der Kontakt war schon da. Aber die Verhandlungen waren damals noch nicht so konkret, und dann ist leider eine Verletzung dazwischengekommen.

Und dann die Hände zum Himmel! "Der Pokal­sieg ist eine schöne Erinnerung, die uns niemand nehmen kann, aber lei­der auch Vergangenheit", sagt Nürnbergs neue, alte Kampfmaschine

Und dann die Hände zum Himmel! "Der Pokal­sieg ist eine schöne Erinnerung, die uns niemand nehmen kann, aber lei­der auch Vergangenheit", sagt Nürnbergs neue, alte Kampfmaschine © Oliver Lang

NZ: Aus der legendären Pokalsieger­ Elf von 2007 sind noch Raphael Schä­fer und Javier Pinola da, außerdem die in den Trainerstab aufgerückten Marek Mintal und Daniel Klewer. Wie oft sind Sie schon zusammengeses­sen und haben von den alten Zeiten geschwärmt?

Polak: Eigentlich gar nicht. Der Pokal­sieg ist eine schöne Erinnerung, die uns niemand nehmen kann, aber lei­der auch Vergangenheit. Es ist jetzt sieben Jahre her, danach fragt im Fuß­ball heute keiner mehr.

NZ: Für die Fans ist dieser Pokal aber immer noch etwas Besonderes. Schließlich kommt es ja nicht so oft vor, dass der 1.FCN einen Titel holt.

Polak: Das ist auch so ein Unterschied zu Tschechien: Wenn du hier etwas er­reicht hast, genießt du für immer Respekt, die Menschen lieben dich. In Tschechien vergisst man viel schnel­ler, alles wird negativer gesehen.

Tschechen-Connection und Hans Meyer

NZ: Ihr ehemaliger Mitspieler und Landsmann Tomas Galasek ist nach seiner Profikarriere hier in die Region zurückgekehrt. Haben Sie sich schon mal zum Plaudern getroffen?

Polak: Wir hatten leider den Kontakt verloren. Seit ich wieder hier bin, ha­be ich ihn nur mal während einer Trai­ningseinheit draußen stehen sehen, aber noch nicht mit ihm gesprochen.

NZ: Und Ihr Ex-Trainer Hans Meyer?

Polak (lacht): Den hab’ ich auch nicht gesehen.

NZ: Würden Sie sich denn über eine Begegnung freuen?

Polak: Ich würde ihn natürlich begrü­ßen und mit ihm reden.

NZ: Seit 2007 hat sich einiges getan am Valznerweiher – zum Beispiel sit­zen wir hier in einem schmucken Funk­tionsgebäude. Haben Sie nicht ein bisschen Sehnsucht nach dem alten Kabinentrakt im Keller?

Polak (lacht): Das gehört auch zu den Erinnerungen, aber so ist es jetzt schon schöner. Man sieht, wie sich der Verein entwickelt hat und alles noch professioneller geworden ist. Ich hatte schon im Internet die Bilder des neuen Gebäudes bewundert. Es ist perfekt, die Räume sind super, auch die Architektur gefällt mir sehr gut. Ich bin froh, dass ich das jetzt jeden Tag live erleben kann. Das ist absolut Bundes­liga-reif.

"Ruhiger, älter und nicht mehr so blond"

NZ: Wie sehr hat sich denn Jan Polak verändert? Als Sie 2005 nach Nürn­berg kamen, hatten Sie den zweifelhaf­ten Ruf als „zweibeiniges Minenfeld“.

Polak: Ich denke schon, dass ich ruhi­ger geworden bin und versuche, die Dinge etwas anders zu sehen. Man wird eben einfach älter. Aber wenn mir etwas nicht passt, kann ich schon auch noch mal explodieren.

NZ: Auch Ihre Frisur ist nicht mehr so spektakulär wie damals.

Polak (lacht): Nicht mehr so blond.

Früher Freunde ausdrucksstarker Frisuren: Javier Pinola und Jan Polak (hier noch für den VfL Wolfsburg aktiv).

Früher Freunde ausdrucksstarker Frisuren: Javier Pinola und Jan Polak (hier noch für den VfL Wolfsburg aktiv). © Sportfoto Zink / WoZi

NZ: Ihrem etwas extravaganten Mode­geschmack sind Sie aber treu geblie­ben. In Wolfsburg haben Sie einmal mit einem T-Shirt, das den nackten Hollywood-Star Richard Gere zeigte, für Aufsehen gesorgt, heute tragen Sie ein auffälliges Micky-Maus-Shirt. Ein bisschen herausstechen aus der grauen Masse muss also schon noch sein?

Polak: Darum geht es gar nicht. Wich­tig ist, dass mir etwas gefällt und dass ich mich darin wohlfühle. Mir ist dann auch egal, was die anderen Leu­te sagen. Ich werde vielleicht auch mal ein T-Shirt mit Löchern tragen, wenn ich Lust darauf habe. In den USA sind die Menschen da viel cooler und lockerer.

NZ: Mögen Sie den American Way of Life?

Polak: Ich war bislang nur einmal da, in New York. Das war sehr schön, aber ich könnte mir nicht vorstellen, in den USA zu leben. Das ist alles so groß. Ich bin schon eher der europäi­sche Typ.

Haussuche und Führungsaufgabe

NZ: In Nürnberg haben Sie sich aber gleich wieder zurechtgefunden?

Polak: Ich war ja bereits bei den Aus­wärtsspielen mit Wolfsburg ein paar­mal wieder da. Einige Termine muss ich zwar mit dem Navi machen, aber ich kenne mich schon noch aus. Das ist auf jeden Fall angenehmer, als in eine völlig fremde Stadt zu kommen. Meine Frau hat sich auch gefreut, immerhin wurde unser erster Sohn Daniel hier geboren. Jetzt müssen wir nur noch ein schönes Haus finden, dann passt alles.

NZ: Sie sollen und wollen im jungen Team eine Führungsrolle überneh­men. Von den Kollegen wurden Sie gleich in den Mannschaftsrat gewählt, Trainer Valérien Ismaël hat Sie dann sogar zum neuen Kapitän gekürt. Was bedeutet Ihnen die Binde?

Polak: Ich freue mich sehr auf die Auf­gabe und über das Vertrauen, das die Trainer mir mit dieser Entscheidung entgegenbringen. Es ist für mich et­was Besonderes und erfüllt mich mit Stolz. Die Mannschaft auf dem Platz zu führen, ist sicher keine einfache Aufgabe, ich habe das vorher noch nie gemacht. Ich hätte aber auch nicht un­bedingt Kapitän sein müssen, um eine Führungsrolle zu übernehmen.

NZ: Sie kannten Valérien Ismaël bereits als Trainer der Wolfsburger „U23“. Was dachten Sie, als er dann plötzlich beim Club anheuerte?

Polak: Wir hatten in Wolfsburg ein paarmal miteinander gesprochen, aber nicht so intensiv. Von der zwei­ten Mannschaft hatte ich viel Positi­ves über ihn gehört, deshalb habe ich mich sehr auf ihn gefreut. Und bis jetzt ist es sehr angenehm, mit ihm zu arbeiten.

NZ: Bei Ihrer Verpflichtung haben Sie gesagt, sie wären „gekommen, um auf­zusteigen“. Was macht Sie so optimis­tisch, dass es auch wirklich klappt? Immerhin hegt fast die Hälfte aller aktu­ellen Zweitligisten mehr oder weniger große Bundesliga-Ambitionen.

Polak: Braunschweig, Fürth, Kaisers­lautern, St. Pauli, Leipzig, 1860 Mün­chen – man kann wirklich fast alle nennen, auch Ingolstadt hat gegen uns sehr gut gespielt. Aber ich sehe in unserer Mannschaft viel Potenzial und einen großen Hunger nach Erfolg. Es kann nach dem großen Umbruch etwas dauern, bis wir uns auf dem Platz gefunden haben, und der Druck wird natürlich groß sein. Aber wir werden alles dafür tun, dass wir es schaffen.

Schussgewaltig zum Aufstieg "...und die Fans werden uns in den Himmel heben"

Schussgewaltig zum Aufstieg "...und die Fans werden uns in den Himmel heben" © Sportfoto Zink / DaMa

NZ: Freuen Sie sich schon auf Ihr ers­tes Frankenderby?

Polak: Leider habe ich noch nie gegen Fürth gespielt. Aber mit Wolfsburg haben wir in der vergangenen Saison zu Hause 0:2 gegen Eintracht Braun­schweig verloren – das war nicht schön, obwohl der VfL ja gar nicht so viel Tradition hat. Wenn wir gegen Fürth gewinnen, kann das bei den Fans natürlich eine Euphorie aus­lösen. Aber zunächst ist allein unser Auftaktspiel gegen Erzgebirge Aue wichtig.

NZ: Das Gute am Abstieg: Sie können jetzt Rekordaufsteiger werden. Wäre das für Sie gleichbedeutend mit dem Pokalsieg?

Polak: Schwer zu sagen. Aber ich weiß: Wenn wir es schaffen, wird es eine große Euphorie auslösen, und die Fans werden uns in den Himmel heben.

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