Preiß: "Die Enttäuschung sitzt schon sehr tief"

30.5.2015, 16:57 Uhr
Preiß:

© Sportfoto Zink

Sebastian Preiß aus Zirndorf bestritt in seiner Karriere 145 Länderspiele, wurde 2007 mit Deutschland Weltmeister, zweimal deutscher Meister mit dem THW Kiel, viermal Europapokalsieger mit Kiel und dem TBV Lemgo. Dann kehrte er vor zwei Jahren zum HC Erlangen zurück, in die Stadt, in der alles begann. Der 34-Jährige führte als Abwehrchef den HCE erstmals in die Bundesliga - und konnte den Abstieg, der seit dem 28:28 (12:12) Freitagabend gegen die Füchse Berlin feststeht, nicht verhindern - auch nicht den letzten Wurf dieses Spiels in der allerletzten Sekunde, mit dem Petar Nenadovic das 28:28 gelang und das Erlangen schlagartig alle Hoffnungen auf ein Handball-Wunder entriss.

Herr Preiß, Sie haben das Glück, dass Ihre Familie heute hier ist, die sie trösten kann nach so einer großen Enttäuschung.

Sebastian Preiß: Das stimmt, wenn ich meine kleine Tochter hier anschaue, wird alles andere unwichtig. Aber die Enttäuschung sitzt schon sehr tief, das war heute schon extrem bitter. Aber wir müssen uns an die eigene Nase fassen, weil wir es über 60 Minuten nicht geschafft haben konstant zu spielen, vor allem im Angriff. Wir kommen super in die erste Halbzeit rein, führen mit vier Toren und geben es dann sehr leichtfertig ab, so dass es wieder unentschieden steht. Und zum Ende ist es dann ein wildes Hin und Her - mit dem extrem bitteren Ende für uns.

So eine Szene, einen Bruchteil von Sekunden lang, die im Kopf haften bleibt, sich einbrennt - verfolgt Sie dieser letzte Wurf des Spiels jetzt über die Sommerpause hinweg bis in alle Träume?

Preiß: Naja, so ist der Handball eben, das ist extrem eng manchmal. Zum Schluss sind es sieben Berliner gegen fünf von uns - er nimmt den Wurf aus dem Rückraum unter Bedrängnis, eigentlich sagt man: Okay, das nimmt man in Kauf, dass der Ball auch noch einschlägt ist extrem bitter. Aber wir haben das Spiel vorher verloren, hergeschenkt. Das ist Handball: 2007 bei der WM waren die Spiele auch extrem eng - und wir haben sie auf den letzten Drücker gewonnen, nun war es eben leider andersherum.

Seit Wochen, seit Monaten konnte sich die Mannschaft, der Verein zumindest darauf einstellen, dass es so kommen könnte am Ende, dass es wahrscheinlich nicht reichen wird - macht es das jetzt, im Moment der größten Enttäuschung, irgendwie ein wenig erträglicher?

Nun noch Nettelstedt - danach die Analyse

Preiß: Nein, gar nicht. Jeder hat da dran geglaubt, in jedem Moment, immer. Wir haben uns alle den Allerwertesten aufgerissen bis zum Ende, wir haben bis zum Schluss durchgezogen. Jetzt haben wir noch ein Spiel in Nettelstedt (Freitag, 5. Juni, 20 Uhr/LiveBlog auf nordbayern.de), auch das werden wir versuchen, zu gewinnen. Und dann muss man die Saison analysieren, um möglichst schnell wieder von unten nach oben zu kommen.

"Wir haben den Handball in die Region gebracht"

Das Publikum, das diese Mannschaft so oft durch die Arena getragen hat, war unmittelbar nach Schlusspfiff kurz in Schockstarre, dass man eine Nadel hätte fallen hören. Dann kamen sofort wieder Anfeuerungsrufe, die ganze Halle hat schnell versucht das Team mit ihren Gesängen wieder aufzurichten.

Preiß: Ja, Wahnsinn! Wenn ich ein Resümee ziehen darf: Ich denke, wir haben den Handball in die Region gebracht, haben mit den Zuschauern ein sensationelles Jahr verbracht, haben was aufgebaut, von dem niemand träumen hätte können.

Ich glaube, das ist was, was in so einem traurigen Moment vielleicht nicht präsent ist, was aber hängen bleibt: Dass sich etwas entwickelt hat, etwas, was weitergeht, was jetzt nicht zu Ende ist, weil es in die zweite Liga geht. Ich denke, wir konnten sehr viele Leute für unseren Sport begeistern. Das ist ein super Umfeld, da geht es jetzt dran, das alles weiterzuführen und schnell wieder aufzusteigen.

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