Prinzen: "Es geht nicht darum, ein schönes Auto zu fahren"

9.11.2013, 13:20 Uhr
Roger Prinzen: "Wir sind früher auch manchmal in Diskotheken gegangen."

© Zink Roger Prinzen: "Wir sind früher auch manchmal in Diskotheken gegangen."

Herr Prinzen, gefällt es Ihnen denn diesmal ein wenig besser in Franken?

Prinzen: "Franken ist ein schönes Land. Ich bin froh, dass ich beim Club arbeiten darf. Wir sind gut angekommen mit der Familie."

Ich frage, weil Sie es ja schon einmal versucht haben mit Franken — in Fürth haben Sie es aber nur ein halbes Jahr lang ausgehalten. 1999 war das.

Prinzen: "Das ist ja Schaltjahre her. In Fürth war es damals so, dass mich Trainer Benno Möhlmann als Führungsspieler geholt hat. Das hat zunächst auch funktioniert, dann habe ich mich verletzt und als ich nach zwei Monaten wieder fit war, spielte die Mannschaft so gut, dass es keinen Grund gab, mich wieder ins Team zu nehmen. Dort war ich dann vielleicht zu ungeduldig und habe mir trotz Zweijahres-Vertrages gedacht: Da gehe ich zurück nach Lustenau, wo ich vorher schon gespielt habe. Da hatte ich nach der Karriere die Möglichkeit, im Management zu arbeiten. Ob das nun gut war oder schlecht..."

Immerhin sind Sie so jetzt beim 1.FC Nürnberg gelandet.

Prinzen: "Dann war das damals ein Schritt nach vorne, natürlich."

Wenn man auf Ihre Vita blickt, fällt auf, dass sie sich häufig in der Fußball-Provinz herumgetrieben haben: Wattenscheid, Fürth, Lustenau, Hannover. Oder ist das zu despektierlich?

Prinzen: "Hannover als Provinz zu bezeichnen, ist schon mutig."

Aber in der Situation, in der Sie dort auftauchten, war 96 nicht gerade der Nabel der Fußball-Welt. Hat Ihnen diese Konstellation gefallen, oder war das immer nur Zufall?

Prinzen: "Das war Zufall. Das ist der Lauf der Dinge, ich hätte statt nach Hannover auch nach München zu 1860 wechseln können. Aber Wattenscheid war tatsächlich ein kleiner Verein, familiär geführt, der Zusammenhalt war wichtig. Das hat mir imponiert. Für mich war immer wichtig, dass man eine Gemeinschaft ist auf dem Platz."

Wattenscheid war damals ein sehr interessantes Projekt: Ein Mäzen, Klaus Steilmann, der viel Geld investiert. Heute hat man das eine Nummer größer in Hoffenheim. Wattenscheid ist nie so angefeindet worden.

Prinzen: "Zu Hoffenheim zunächst einmal: Ich glaube, dass auch dort die Liebe zum Fußball im Vordergrund steht. In Wattenscheid war das genauso. Und dort ging es zunächst einmal nicht nur um Profifußball. Da haben viele gespielt, die nebenher in Steilmanns Firma gearbeitet haben. Man konnte Fußball und Ausbildung unter einen Hut bekommen."

90 Minuten Bundesliga: Prinzen durfte in Frankfurt die Club-Elf betreuen.

90 Minuten Bundesliga: Prinzen durfte in Frankfurt die Club-Elf betreuen. © Zink


Heute scheint das nicht mehr wichtig zu sein: Fußball und Ausbildung. Wenn man erst einmal angekommen ist in der Bundesliga, denkt keiner mehr an eine Ausbildung. Diese Entwicklung mit dem vielen Geld im Profifußball hat zu Ihrer Zeit so richtig begonnen, plötzlich war da das Privatfernsehen. Hat man damals ahnen können, welche Entwicklung die Bundesliga einmal nimmt?

Prinzen: "Eigentlich nicht. Für mich war damals die Bundesliga gleichbedeutend mit Sportschau, samstags um 18 Uhr. Gutes Geld hat man damals natürlich schon verdienen können, wenngleich man das nicht mit heute vergleichen kann. Ich habe mir um das Drumherum nie große Gedanken gemacht, für mich war Fußball immer: Begeisterung am Spiel an sich."

Kürzlich sind Sie zurückgekehrt in die Bundesliga. Als Aushilfe nach Wiesinger und vor Verbeek. Ein Spiel in Frankfurt — hatte sich die Bundesliga sehr verändert?

Prinzen: "Natürlich, aber was mir vor allem aufgefallen ist, ist der Unterschied, den es macht, ob du als Trainer oder als Spieler auftrittst. Als Trainer stehst du viel mehr im Fokus. Gerade was die Medienarbeit betrifft: Jeder will ständig irgendetwas von dir. Als Spieler kannst du dich doch mal eher zurückziehen, da stehst du nicht so in der Verantwortung."

Also hat sich am Beruf Fußballprofi nicht viel geändert in 20 Jahren?

Prinzen: "Doch. Ich denke, dass wir es etwas einfacher hatten. Wir sind früher auch manchmal in Diskotheken gegangen. Heute leben wir in einem Kommunikationszeitalter, es wird ständig berichtet. Da ist es schwer für die Spieler, sich dementsprechend zu verhalten. Jeder möchte ja auch sein Leben leben, aber heutzutage muss man sich im Profifußball schon sehr einschränken. Man muss versuchen, trotzdem ein normales Leben zu führen, sonst verliert man den Bezug zur Realität. Und mit der muss man sich ja spätestens nach der Karriere beschäftigen, mit dem Leben und all seinen Höhen und Tiefen. Da hast du keine Vorteile mehr davon, dass du mal ein guter Kicker warst."

Sie sind dem Fußball verbunden geblieben und arbeiten im Nachwuchsbereich mit Spielern, denen Sie erklären müssen, dass da kein normales Leben auf sie wartet, falls sie es in die Bundesliga schaffen. Schwierig?

Prinzen: "Das mache ich eigentlich gar nicht so sehr. Wenn einer dieses Ziel vor Augen hat, dann sollte er wissen, was er dem unterzuordnen hat. Einem da ins Bewusstsein zu reden, bringt, glaube ich, nichts. Jeder muss seinen Weg finden. Die, die sich früh vorbereiten, werden auch ein geordnetes Leben führen."

In der U23 hat man viel mit ungeduldigen Menschen zu tun. Die wollen den nächsten Schritt machen. Muss man manchmal bremsen?

Prinzen: "Geduld ist ein großes Thema. Es geht ja nicht immer so wie bei Niklas Stark, der aus der U19 direkt nach oben gekommen ist. Da wächst bei den anderen natürlich die Ungeduld, wenn die das sehen. Denen muss man ganz klar sagen, dass es an der Qualität noch fehlt, dass es Gründe gibt, warum der eine Bundesliga spielt und der andere nicht. Aber das darf die Jungs nicht umwerfen."

Bei einem Ihrer Spieler dürften Sie dazu beigetragen haben, dass die Ungeduld wächst: Sie haben Antonio-Mirko Colak in Frankfurt zum Bundesligadebüt verholfen.

Prinzen: "Bei dieser Entscheidung ging es vor allem darum, dass ich den Eindruck hatte, wir haben einen Nutzen davon, dass wir ihn mitnehmen. Nur deshalb, weil er ein hübsches Lächeln hat, habe ich ihn nicht mitgenommen. Colak arbeitet an sich. Ein Beispiel: Die beiden U23-Spiele vor Frankfurt saß er zu Beginn nur auf der Bank. Aber dann hat er Einstellung gezeigt, hat geholfen. Das hat einen Wert, das soll belohnt werden."

Und die anderen sind beleidigt.

Prinzen: "Vielleicht, aber da sind wir wieder beim Thema. Man muss sich selbst und seine Fähigkeiten realistisch einschätzen können. Außerdem haben wir in Frankfurt noch einen Stürmer gebraucht."

Wie schwer ist es Ihnen gefallen, nach diesem Ausnahmetag in Frankfurt in den Alltag zurückzukehren?

Prinzen: "Ich sehe das nur positiv. Das vermittle ich auch der Mannschaft. Man hat gesehen, dass es manchmal schnell geht. Die Jungs waren, glaube ich, froh darüber, dass sie mal wieder die Nähe zur Profimannschaft erkennen konnten — was auch an der Verletztensituation lag. Und wie die beiden Spieler — also auch Sebastian Gärtner — die Möglichkeit genutzt haben, das hat mir gefallen, diese Unbeflecktheit."

Wie bewahrt man sich die?

Prinzen: "Man darf sich nicht blenden lassen. Aber einfach ist das nicht. Das Ziel sollte nie sein, Profi zu werden, um viel Geld zu haben oder ein schönes Auto zu finden. Das Ziel muss sein, sich mit den Besten zu messen."

Das dürfte dann auch ihr Ziel sein, also muss es in die Bundesliga gehen.

Prinzen: "Ich fühle mich wohl im Nachwuchsbereich. Es ist nicht selbstverständlich gewesen, dass ich diesen Job bekommen habe. Ich möchte gute Arbeit machen, meine Spuren hinterlassen, nicht nur mitschwimmen."

So gemütlich wie an jenem Sommertag in Buch geht es in der U23 nicht immer zu.

So gemütlich wie an jenem Sommertag in Buch geht es in der U23 nicht immer zu. © Zink


Kann man das denn als Trainer der 2. Mannschaft. Letztlich ist man doch nur Befehlsempfänger: Man muss Profis mitspielen lassen, das System, das der Verein vorgibt, spielen lassen.

Prinzen: "Klar. Die Philosophie hier in Nürnberg ist im Einklang damit, wie ich Fußball spielen möchte: Ballbesitz, Chancen kreieren."

Kann man glücklich sein in einem 50.000-Mann-Stadion, in dem sich bei U23-Spielen 300 Menschen verlieren?

Prinzen: "Erstmal freuen wir uns, dass wir auf einem der besten Rasenplätze spielen. Aber natürlich ist die Atmosphäre ausbaufähig."

Der U23-Trainer wird daran gemessen, wie viele Spieler er zu den Profis bringt. Versprechen Sie eine Quote?

Prinzen: "Wie gesagt, es kommt auf den Spieler an. Nur mit einer guten Einstellung erreichst du dein Ziel."

Wenn wir schon bei Zielen sind: Sie lassen sich zum Fußballlehrer ausbilden - das heißt doch, man will...

Prinzen (lacht): "Was will man denn?"

Zurück ins Rampenlicht, zurück in die Bundesliga.



Prinzen: "Im Grunde genommen trainiere ich in der Bundesliga: Die Spieler aus meinem Team sollen dort einmal hin. Ich sehe mich als Teil des Ganzen hier. Und das Ganze ist Bundesliga."

Aber Sie wollen Bundesligatrainer werden.

Prinzen: "Ich war ja schon Bundesligatrainer. Wenn ich das Ziel nicht hätte, dann könnte ich meinen Spielern kein Vorbild sein."

Mehr zur U23 des 1. FC Nürnberg gibt es beim Amateurfußballportal fupa.net.
 

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