Rachid Azzouzi steigt beim Kleeblatt aus, um aufzusteigen

29.5.2012, 10:10 Uhr
Rachid Azzouzi steigt beim Kleeblatt aus, um aufzusteigen

© Zink

Am Samstag vor einer Woche trennten sich, nach einem langen, anregenden Gespräch in Vestenbergsgreuth, die Wege. Rachid Azzouzi machte sich auf nach München, um das Finale der Champions League des FC Bayern gegen Chelsea zu sehen. Helmut Hack, als Vorstandsmitglied der Deutschen Fußball-Liga mit einer Ehrenkarte für das Endspiel der Königsklasse ausgestattet, blieb zu Hause. Die Arbeit. Fürth, sagt Hack, liege ihm näher als jedes noch so große Fußballspektakel; mit dem Aufstieg in die Bundesliga erlebte das Kleeblatt gerade erst einen Rausch, den selbst die Champions League kaum würde übertreffen können.

Für Helmut Hack, den Präsidenten des Vereins, hat die Arbeit mit dem Aufstieg „noch einmal neu begonnen“, wie er sagt; er werde jetzt „mit ruhiger Hand die Situation sorgfältig abwägen“ – Letzteres ist die Antwort auf die Frage, wie es nun ohne Rachid Azzouzi weitergeht. Am Freitag trennten sich die Wege endgültig. Azzouzi, bisher Manager der Spielvereinigung Greuther Fürth, bleibt zwar in der zweiten Liga, steigt aber auch auf: zum Sportdirektor beim FC St. Pauli, es ist ein Posten, den es in Fürth so nicht gibt und bis auf Weiteres auch nicht geben wird. Unterhalb des Präsidenten und Geschäftsführers Helmut Hack ist die Position des Managers nur eine neben der Geschäftsleitung Marketing und der Geschäftsleitung Finanzen.



„Geh’ hin, hör’ dir das an“, das habe er, erzählt Hack, seinem langjährigen Fürther Weggefährten geraten, „und lass’ dein Gefühl entscheiden – du musst die Rolle leben, und wenn die Chance für dich größer ist als in Fürth, dann nutze sie.“ Natürlich, sagt Hack auch, hätte er Azzouzi, der vor 15 Jahren als Spieler im Ronhof begann, lieber gehalten; „mit seiner fröhlichen, sympathischen und angenehmen Art“ sei der gebürtige Marokkaner, aufgewachsene Rheinländer und assimilierte Franke ein fester und wichtiger Bestandteil des Vereins gewesen. Die Belange der Lizenzspielermannschaft wusste Hack bei Azzouzi in besten Händen, nur: „Ich konnte und wollte ihn nicht überreden – und St. Pauli ist ja auch nicht irgendein Klub, sondern ein besonderer.“

Man muss Helmut Hack nicht einmal besonders gut kennen, um zu wissen, wie sehr er seinen Verein lebt. Hack ist der Architekt des gesamten Gebildes, und die völlige Identifizierung mit dem Kleeblatt, das einerseits immer noch eine Art Familienbetrieb, andererseits ein gut organisiertes mittelständisches Unternehmen ist, ist die Grundlage für alles. Der 41 Jahre alte Azzouzi stand immer dafür ein, „mit Leidenschaft und Herz“, wie er sagt. „Schön und lehrreich“ nennt er die Jahre in Fürth. Aber die Frage, „wie der nächste Schritt in meiner persönlichen Entwicklung aussehen kann“ (Azzouzi), musste in Zweifel münden, ob er – ohne erweiterte Kompetenzen – so glücklich bleiben würde. „Neue Dinge kennenlernen und gestalten“ wolle er – und möglicherweise hätte sich Azzouzi bei einem Verbleib in Fürth irgendwann doch die Frage gestellt, ob es der richtige Schritt gewesen sei. Aber ohne das besondere Fürther Klima, ohne diesen beispielhaften Zusammenhalt auf allen Ebenen, ohne „diese wunderbare und fantastische Einheit“, wie Hack es formuliert, würde der Verein gar nicht funktionieren. Das alles, erzählt Hack, habe man sehr freundschaftlich miteinander besprochen.

„Kein Schnellschuss“

Ideen sind wichtiger als Personen; unersetzlich ist – das sagt der Präsident natürlich nicht – im Grunde nur Helmut Hack, er lebt die Leitmotive vor und erledigt, in Absprache mit Trainer Mike Büskens, die Geschäfte: Kader- und Personalplanungen, Verhandlungen. Azzouzis Abschied hat darauf keine Auswirkungen, die Vorbereitungen auf das historische erste Bundesligajahr laufen reibungslos weiter. Ob und wie Azzouzis Position neu besetzt wird, scheint offen, es gebe da „keinen Plan B“, sagt Hack. Wie man sich für die Erstklassigkeit aufstelle, werde jetzt geprüft, interne Verschiebungen in der Organisationsstruktur seien ebenso eine Option wie eine Verstärkung von außen. „Einen Schnellschuss“, erklärt Hack, werde es dabei „sicher nicht geben“, zum Trainingsauftakt am 24. Juni aber sei die Angelegenheit erledigt.

Hack hat längst einige Kompetenz in Fürth versammelt; als Fußballkoordinator zum Beispiel wirkt mit dem ehemaligen österreichischen Nationalspieler und WM-Teilnehmer Alfred Hörtnagl ein Mann, der zuvor fünf Jahre Sportdirektor bei Rapid Wien war. Helmut Hack, 62 Jahre alt, will, das hat er wiederholt versichert, das neue Kleeblatt so aufstellen, dass es eines Tages auch den Präsidenten Helmut Hack ersetzen kann. Es würden „nach einem langen Weg viele Spuren von ihm bleiben“, sagt Hack – allerdings über Rachid Azzouzi.
 

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