Raphael Schäfer - Die Rückkehr des Krisen-Kapitäns

4.9.2013, 06:58 Uhr
Hadert mit seinen Vorderleuten: Ohne Raphael Schäfer sähe es um den Club noch viel düsterer aus.

© Sportfoto Zink / DaMa Hadert mit seinen Vorderleuten: Ohne Raphael Schäfer sähe es um den Club noch viel düsterer aus.

Natürlich war auch Hirsoshi Kiyotake gefragt worden. Ob er denn schon mit Makoto Hasebe gesprochen habe. Und was er dem Kapitän der japanischen Nationalmannschaft denn erzählt habe über den 1.FC Nürnberg. Kiyotake ist kein Freund großer Worte, er lächelte, sagte ein paar unverbindliche Nettigkeiten, deutete eine Verbeugung an — und ging.

Hasebe kommt nächste Woche nach Nürnberg. Was Kiyotake, der im zweiten Jahr in Nürnberg spielt, so sagte am Telefon, wäre durchaus interessant gewesen. Lass es lieber, hätte er sagen können, besonders lustig ist es hier nicht, ich wäre auch lieber längst in England, und fußballerisch ... Oyasumi-nasai, gute Nacht.

Man weiß nicht, wie Japaner miteinander reden, aber abwegig wäre es nicht gewesen nach dem 0:1 am Samstag gegen Augsburg. „Wir müssen mehr kämpfen“, hatte Kiyotake danach gesagt — getan hatte er es aber nicht, es gab Momente im Spiel, da dieser filigrane Fußballer annähernd lustlos wirkte, so, als ginge ihn die ganze Angelegenheit nichts an. „Ruhiger spielen“, das sagte Kiyotake auch; Fußballer müssen ja immer etwas sagen nach Fußballspielen, aber viel schlauer wurde man daraus nicht. Die Fragen blieben offen: Konnten sie es nicht besser? Hatten sie keine Lust?

Man kommt sehr nahe an abgestandene Klischees bei solchen Fragen, stößt aber nach so gehaltlosen Vorstellungen wie dieser auch überall an Grenzen bei Erklärungsversuchen. Höher stehen, wie das in der Fußballsprache heißt, wolle man in dieser Saison — also aus einer offensiver ausgerichteten Grundformation heraus agieren, das war der Plan. Kürzere Wege zum Tor suchen. Nun wirkten die Mannschaftsteile aber wie isoliert voneinander, obwohl zumindest der Flügelmann Robert Mak eine ordentliche Leistung zeigte und das Bemühen der Neuzugänge Daniel Ginczek und Josip Drmic nicht ernsthaft in Frage zu stellen war; beide Offensivspieler zeigen gute Anlagen.

Der "letzte Schritt"

Man fand keine Wege zum Tor, weder kurze noch lange. Dass es sich um spielsystematische Anlaufschwierigkeiten handelt, ist nicht auszuschließen, aber schwer belegbar, solange eine gemeinsame Spiel-Idee gar nicht erkennbar ist — und Defizite eher anderweitig auszumachen sind; am interessantesten war ein Nebensatz von Raphael Schäfer.

Schäfer, in der Notenstatistik des unbestechlichen Fachmagazins kicker als bisher stärkster Bundesliga-Torwart der jungen Saison eingestuft, steht wieder einmal hoch über seinem Club, aber ein gutes Zeichen war das nie. Wenn Kapitän Schäfer den Club auffällig überragte, kriselte es gewaltig — wie nach dem Abstieg 2008, wie im ersten Bundesliga-Jahr nach dem Wiederaufstieg.

Nach der einigermaßen erschütternden Darbietung vom Samstag war Schäfer wieder besonders gefragt. Woran es lag, heißt die in solchen Fällen wichtigste Reporterfrage, am Ende seiner Ausführungen bemerkte Schäfer, dass man nichts ganz Neues erlebe — „daran, woran es hier schon öfter gelegen hat“, sagte er, bei „einigen Spielern“ fehle „die Bereitschaft zum letzten Schritt“.

Detaillierter wollte Schäfer es öffentlich nicht formulieren, er sei „ja nicht zuständig für die Einzelkritik“, nicht „dafür da, Spieler an die Wand zu nageln“, aber solche Bestandsaufnahmen hat man — unter dem Sammelbegriff Alexander Esswein — schon öfter gehört. Dem guten Esswein war nach seiner Einwechslung diesmal nichts vorzuwerfen, eher schon, zum Beispiel, stand Kiyotake für ein Mentalitätsproblem; hinterfragen, sagte Schäfer aber auch, dürfe sich „jeder einzelne Spieler“ — das erinnerte fast wortwörtlich an den Schäfer der tieferen Krisen von 2008 und 2009.

Auch Schäfer hatte „gehofft, wir würden weiter sein“; jetzt sieht es eher so aus, als müsse man wieder bei den Grundlagen beginnen — ans höher Stehen braucht nicht zu denken, wer auf Rang 17 abgerutscht ist. Ob die kurze Pause wegen der Länderspiel-Termine jetzt nützlich sein kann? „Das könnte sie“, sagt Raphael Schäfer, „wenn alle dabei wären“ — und nicht viele Profis mit ihren Nationalmannschaften unterwegs, sollte das heißen. Man konnte es aber auch anders verstehen: Wenn alle bei der Sache wären. Jetzt kommt Hasebe. Ob das hilft? „Jeder Spieler“, sagt Schäfer, „ist eminent wichtig bei uns.“

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