Relegationsplatz! Füllkrugs Traum-Freistoß lässt Club jubeln

4.12.2015, 20:38 Uhr
Was für ein Freistoß: Das Tor von Niclas Füllkrug brach gegen den SC Paderborn das Eis.

© Zink Was für ein Freistoß: Das Tor von Niclas Füllkrug brach gegen den SC Paderborn das Eis.

Wie gute Laune beim 1.FC Nürnberg aussieht, müssen sich die jungen Spielkameraden noch von Raphael Schäfer erzählen lassen, der Torhüter kennt diesen mitunter anstrengenden Club ja in allen seinen vielen Gefühlslagen – während der Rest des Teams bisher überwiegend kleinere und größere Krisen kennenlernen durfte.

Schäfer wird im Januar 37, der älteste Spieler der 2. Bundesliga ist er schon, aber erlebt trotzdem gerade wieder ein paar Frühlingsgefühle. "Ein guter Test", hatte er deshalb überlegt, könne die Partie gegen den SC Paderborn 07 sein - „dafür, wie wir mit Euphorie umgehen“, das bedeutete eine noch recht ungewohnte Übung.

Die Skepsis durfte gegen Paderborn pausieren

Sie gelang, mit dem sehr verdienten 2:1 (1:0) über das Team des prominenten Trainer-Novizen Stefan Effenberg glückte dem 1.FC Nürnberg zum Abschluss der mit einem erschütternden 3:6 in Freiburg begonnenen Hinrunde der dritte Sieg hintereinander – ein Novum in dieser Spielzeit und verbunden mit dem Sprung auf den Relegationsplatz drei, auf dem der Club nun mindestens bis zum Sonntag notiert bleibt.

Die dem fränkischen Naturell (und speziell dem leidgeprüften Nürnberger Anhang) innewohnende grundsätzliche Skepsis gegenüber Glücksgefühlen durfte wenigstens an diesem Abend pausieren, der Anhang besang seine Fußballer hingebungsvoll für einen Auftritt, der zwar kein reines Vergnügen war, aber erneut ein guter Beleg für die Weiterentwicklung dieser lange unterschätzten Mannschaft.

Niclas Füllkrug macht's elegant

Immerhin 25.102 Besucher wollten am ungeliebten Freitagabend bei nasskalter Witterung dabei zugucken - und sahen einen Club, der, beflügelt von den Siegen über Braunschweig und beim FC St. Pauli, die Angelegenheit konzentriert und gut sortiert anging; Trainer Rene Weilers freundlicher Hinweis, dass auch mit wachsender Lust daran der gemeinsame Arbeitsprozess natürlich in der gebotenen Seriosität weitergehen soll, wäre wahrscheinlich gar nicht nötig gewesen, zu verfrühtem Übermut neigt die Mannschaft kaum.

Die Annäherung ans Paderborner Tor probte Nürnberg mit der Disziplin, die das Team zuletzt auszeichnete, in stabiler Balance – und mit der nötigen Geduld. Patrick Erras war der erste, der einen Torschuss riskierte, noch hatte Keeper Lukas Kruse wenig Mühe (17.), schon enger wurde es bei Alessandro Schöpfs Versuch nach einer Flanke des agilen Tim Leibold (18.).
Das Aufwärmprogramm für Kruse wurde intensiver; Leibold selbst verfehlte das Ziel bloß um Haaresbreite (32.), aber beim vierten Versuch war Kruse machtlos. Niclas Füllkrug traf elegant per Freistoß aus halblinker Position zum 1:0 (34.), für den Aufsteiger der letzten Wochen, schon in St. Pauli zweimal erfolgreich, war es der vierte Saisontreffer.

Das Effenberg-Team rückt vor

Gegenüber blieb Raphael Schäfer bis zum Pausenpfiff leidlich unbehelligt, Effenbergs Mannschaft ließ bei ihren Vorstößen die Präzision vermissen; ernsthaft in Bedrängnis geriet die Nürnberger Defensive kaum einmal - fünf Eckstöße für Paderborn bei keinem einzigen für Nürnberg standen erstens ziemlich im Kontrast zum Spielgeschehen und zweitens für die vergebliche Liebesmüh der Gäste.

Umgekehrt war es direkt nach dem Seitenwechsel Hanno Behrens, der mit einem ansatzlosen Schuss aus gut dreißig Metern die Ostwestfalen erneut aufschreckte. Nürnberg setzte couragiert nach, wieder Füllkrug ließ es allenfalls an einer Portion gesundem Eigensinn vermissen, als er nach feinem Solo die Kugel zum Abschluss an Schöpf weitergab - der scheiterte am glänzend reagierenden Kruse (49.).

Effenbergs Mannschaft rückte nun vor, der Club verlor ein wenig den Rhythmus, ohne größere Flurschäden zu riskieren – ein Kopfball von Mahir Saglik über das Tor stellte die größte Bedrohung dar, ehe Effenberg mit der Einwechslung des erfahrenen Stürmers Srdjan Lakic ein Signal setzte – das Tor aber prompt gegenüber fiel.

Stöger dämpft Stimmung im Grundig-Stadion

Kevin Möhwald, der dem diesmal eher unauffälligen Guiido Burgstaller hatte weichen müssen und nach 58 Minuten für Füllkrug kam, bediente Leibold, der rannte los – und fand noch genug Kraft zum präzisen Abschluss, das 2:0 nach 72 Minuten holte die Euphorie zurück ins Stadion.

Danach hätte das nächste Erfolgserlebnis noch andere Ausmaße annehmen können, Paderborn resignierte, Weilers Elf wollte ihre neue Spiellaune weiter ausprobieren und tat das mit Vergnügen – wenngleich erfolglos, immerhin das Eckstoßverhältnis korrigierte man auf 7:6. Anflüge von Übermut im Abschluss musste man trotz ein paar vergebenen feinen Torgelegenheiten nicht konstatieren, und für einen späten Dämpfer sorgte Kevin Stöger mit seinem 18-Meter-Schuss zum 1:2 in der 89. Minute.

Das weckte zwar ein paar spezielle fränkische Bedenken, aber schief ging trotz drei Minuten Nachspielzeit nichts mehr – ein bisschen Euphorie ist offenbar gar nicht so gefährlich. Proben darf man sie am nächsten Sonntag zu einem besonderen Anlass. Zu Gast ist dann der Tabellenführer SC Freiburg.


Der Live-Ticker zum Nachlesen.

1. FC Nürnberg: Schäfer - Brecko, Margreitter, Bulthuis, Sepsi - Behrens, Erras - Schöpf, Leibold (Blum, 86.), Burgstaller (Polak, 90.) - Füllkrug (Möhwald, 59.).

SC Paderborn: Kruse - Heinloth (Narey, 76.), Hoheneder, Wahl, Brückner - Bakalorz, Kirch (Stöger, 82.) - Koc, Saglik, Stoppelkamp (Lakic, 71.) - Proschwitz.

Tore: 1:0 Füllkrug (34.), 2:0 Leibold (73.), 2:1 (Stöger, 89.) | Gelbe Karten: Heinloth (33.), Schäfer (36.), Saglik (36.), Leibold (51.), Sepsi (54.), Saglik (78.),  Bakalorz (86.) | Schiedsrichter: Marco Fritz (Korb) | Zuschauer: 25.102.

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