Rigoros in Regensburg: Der Club und das gute Pferd

7.8.2017, 11:59 Uhr
Alle auf "Pommes": Kevin Möhwald avancierte mit seinem Tor nicht nur zum Matchwinner, sondern ackerte auch viel für das Team.

© Sportfoto Zink / DaMa Alle auf "Pommes": Kevin Möhwald avancierte mit seinem Tor nicht nur zum Matchwinner, sondern ackerte auch viel für das Team.

Der Fußball und die Phrasen: Sie gehören zum Sport wie Eckball, Elfmeter und die Tribünen. Der Rekordmeister aus München hatte lange Zeit den Ruf, nur das nötigste zu tun und damit den maximalen Erfolg zu erreichen. "Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss", kommentierte Oliver Kahn damals. Wenn das mal nicht funktionierte, waren die Vergleiche zum lahmen Gaul auch nicht weit. "Ein Pferd muss verdammt noch mal so hoch springen, wie es kann", entgegnete Vollgas-Fußballlehrer Jürgen Klopp, als er mit dem BVB vor wenigen Jahren die Bayern ärgerte. Der 1. FC Nürnberg hingegen bewies in der noch jungen Zweitliga-Saison, dass er beides beherrscht - und lieferte am Sonntag ein Auswärtsspiel nach Maß ab.

"Es war klar, dass ein intensiver, zweikampfstarker Gegner auf uns wartet", resümierte Club-Coach Michael Köllner nach der Partie. Mit viel Einsatz und Leidenschaft stieg Jahn Regensburg in der vergangenen Spielzeit in die 2. Bundesliga auf, so präsentierten sich die Oberpfälzer auch zum Saisonauftakt in Bielefeld. Und tatsächlich: Sowohl in den Kopfballduellen (der FCN gewann nur 49 Prozent), als auch in den Zweikämpfen am Boden behielt der Jahn die Oberhand. Ein optisches Übergewicht konnten sich die Gastgeber trotzdem nicht erarbeiten. Über weite Strecken war der Club die bessere Mannschaft, hatte mit rund 52 Prozent Ballbesitz das Leder mehr in den eigenen Reihen. Eine gute Phase der Oberpfälzer kurz nach der Pause blieb folgenlos. Auch, weil die starke Nürnberger Abwehr fast nichts zuließ.

Bei all dem Trubel um Abdelhamid Sabiri ist es Köllner augenscheinlich gelungen, Ruhe ins Team zu bringen. Auch wenn der defensive Königstransfer Ewerton noch gar nicht zum Einsatz kam, steht die FCN-Verteidigung gut. Unsicherheiten in der Hintermannschaft und Großchancen der Gegner blieben bislang die Ausnahme. Nur einen einzigen Torschuss brachten die Regensburger am Sonntag aufs Nürnberger Gehäuse, in dem Thorsten Kirschbaum erneut eine weiße Weste behielt. Aus der drittschlechtesten Abwehr der Vorsaison wurde ein bislang stabiler Defensivverbund.

Die beiden Außenverteidiger Enrico Valentini (drei Flanken) und Tim Leibold (zwei Flanken) machten nach vorne viel Betrieb, waren in der Defensive aber zur Stelle, sobald sie gefordert waren, und gewannen je 13 Zweikämpfe. Besser war beim Club nur Rurik Gislason, der 19 Duelle für sich entschied. Besonders auffällig war auf Nürnberger Seite, wie schnell stellenweise das Leder lief. Mit Kurzpässen verschaffte sich der neunmalige deutsche Meister nicht nur Luft im Mittelfeld, sondern gestaltete das Spiel in der Offensive auch variabler und unberechenbarer. Gute 73 Prozent der FCN-Zuspiele kamen an.

Und dann war da noch der Matchwinner: Kevin Möhwald. Einmal mehr bewies der gebürtige Thüringer, wie wichtig er für diese Mannschaft ist, nicht nur, weil er mit seinem starken rechten Fuß das Tor des Tages erzielte. Bärenstarke 43 von 49 Zuspielen Möhwalds kamen beim Mitspieler an, insgesamt 79 Mal war er laut den offiziellen Daten der DFL am Ball - Spitzenwert beim FCN.

Nach dem Traumstart tut es fast schon weh, dass der Club nun zwei Wochen auf die nächste Partie in der 2. Liga warten muss. Kommenden Montag geht's für den FCN zum MSV Duisburg, erste Runde im DFB-Pokal. Das ist nicht nur gefühlt, sondern auch tatsächlich ein Duell von Zweitligisten. Vielleicht hiflt das dem aktuellen Spitzenreiter ja, den Schwung beizubehalten und das vielzitierte Momentum wieder mit in die Liga zu nehmen. In der vergangenen Saison dauerte es übrigens bis zum achten Spieltag, bis der Club den sechsten Punkt einfuhr. Das war Ende September - da möchte der fränkische Altmeister in diesem Jahr schon fest zur Spitzengruppe gehören. Vorausgesetzt, das Nürnberger Pferd springt weiterhin so fleißig.

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