Rückraum und Abschluss: Zwei Dauermankos beim HCE

27.2.2017, 14:42 Uhr
Ernüchterung nach vier Siegen in Folge: Nikolai Link und Michael Haaß (v. re.) schleichen geschlagen vom Feld.

Ernüchterung nach vier Siegen in Folge: Nikolai Link und Michael Haaß (v. re.) schleichen geschlagen vom Feld.

Der Moment der Schlusssirene war diesmal nicht euphorisch, er war traurig. Kaum mehr Jubel, kaum mehr Trommeln, die Köpfe der Erlanger Handballer hingen tief, als sie in die Kabine schlichen. Das 23:27 gegen GWD Minden schmerzte, mehr aber noch als die Niederlage der teilweise doch sehr blutleere Auftritt einer Mannschaft, die vor einer Woche noch ein ganz anderes Gesicht gezeigt hatte.

Nur zwei Spieler zeigten in der Arena Normalform — oder sogar ein wenig mehr: Nicolai Theilinger erzielte neun Tore, "mehr als dass ich die Mannschaft damit einigermaßen im Spiel halten konnte, sprang aber nicht dabei heraus", meinte er zerknirscht. Der andere war Torwart Nikolas Katsigiannis, der zwei Siebenmeter parierte und auch sonst mit 13 Bällen sogar einen mehr hielt, als sein Gegenüber Kim Sonne-Hansen, für den nach dem Spiel in der Pressekonferenz weit oben unter dem Dach der Arena, beide Trainer lobende Worte fanden. Für den Verlierer diesmal nicht.

Doch dieser ernüchternde Blick auf ein Spiel, in dem Erlangen gänzlich wenig gelang, offenbarte einmal mehr sehr schamlos die zwei größten Probleme der Mannschaft, die sich wie ein Roter Faden durch diese Saison ziehen: Zum einen eine eklatante Abschlussschwäche, zum anderen das Fehlen von Spielern, die, wenn es nicht läuft, das Ruder kompromisslos an sich reißen und alle mitziehen. Diese Art von Spieler gibt es beim HC Erlangen durchaus – allerdings offenbar nur, wenn es ohnehin läuft. Dann stechen in feiner Unregelmäßigkeit immer wieder neue Akteure heraus. Mal, wie vorvergangenes Wochenende in Stuttgart, Pavel Horak, mal, wie in Balingen, Nicolai Theilinger, mal, wie in Göppingen, Michael Haaß, mal, wie bei den Rhein-Neckar Löwen, Isaias Guardiola oder Jonas Link, mal Nikolas Katsigiannis, mal Ole Rahmel, mal Martin Stranovsky.

Wenn der Motor aber mal nicht so recht anläuft, dann funktioniert gleich im Kollektiv gar nichts mehr. Einzelkämpfer, wie gegen Minden Nicolai Theilinger und Nikolas Katsigiannis, bleiben Einzelkämpfer. Es gelingt ihnen auch nicht, ihre Nebenspieler mit ihrer Spielfreude, ihrem Willen und ihrer Kampfkraft anzustecken und aufzustacheln. Die herausragenden Leistungen verpuffen als einfache, herausstechende Zahlen in der Statistik.

Schlusslicht im Rückraum

Das andere, viel größere Problem aber, das auch Trainer Robert Andersson schon so oft bemängelte, ist die Abschlussschwäche. Immer wieder spielt der HC Erlangen auch gegen die ganz großen Namen des Handballs freie Wurfmöglichkeiten heraus, sogenannte Hundertprozentige – die dann aber zu selten auch in Tore umgemünzt werden. Gegen Minden war dieses Manko mit 19 verworfenen, zum Teil Großchancen überdeutlich. Tempo-Gegenstöße führen immer noch zu häufig nicht zu den vom Trainer geforderten "einfachen Toren", auch die Quoten von den Außenpositionen schwanken für die Qualität eines Stranovsky und eines Rahmel enorm. Diesmal funktionierte auch der Kreis nicht. Ein beinahe kollektives Versagen des Angriffsspiels.

Am auffälligsten bleibt dabei aber die schwache Quote aus dem Rückraum. Hier ist der HCE sogar in der Statistik der offiziellen Wurfquoten in der Handball-Bundesliga mit 41,6 Prozent Schlusslicht. Weniger als 126 Tore aus der Ferne erzielte kein anderer Ligakonkurrent. "Wir wissen, was wir können", sagt Michael Haaß, der Kapitän. Das ist beeindruckend viel für einen Aufsteiger. Aber sie wissen auch, was sie noch nicht können.

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