Schwaiger Volleyballer sind sich selbst der größte Gegner

23.2.2015, 14:22 Uhr
Schwaiger Volleyballer sind sich selbst der größte Gegner

© F.: Zink/MaWi

Kurz vor dem Ende, da war dann doch wieder Zeit für ein bisschen Herz. Der Zeiger an der Wand der Hans-Simon-Halle sprang auf elf nach neun und unten, auf dem Tisch des Schiedsgerichts, blätterte fast zeitgleich ein Offizieller den Spielstand auf: 21:11. Diese Zahlenkombination, die Zwei und die drei Einser, sie stand irgendwie für Christian Schwabe an diesem Volleyball-Abend beim SV Schwaig.

Der Kapitän hatte sechs Wochen gefehlt. Jetzt war der Moment, an dem er seine gelbe Trainingsjacke auszog, breit grinste und sich erhob aus einem dieser braunen Gartenstühle, die sie beim SV Schwaig anstelle einer Auswechselbank neben das Feld stellen. Am 10. Januar war Schwabe letztmals auf dem Feld gestanden, beim 3:2 gegen den FT Freiburg war er böse umgeknickt, hatte sich zwei Bänder gerissen und den Knöchel angebrochen. Er musste von Sanitätern aus der Halle getragen werden.

Schwabe ist wieder da

„Ich weiß gar nicht mehr, wie das passiert ist, ich habe keine Erinnerung mehr daran“, sagt Schwabe über den Moment der Verletzung. Jetzt stützt eine schwarze Schiene das Gelenk beim Volleyball, „ich bin noch nicht wieder bei hundert Prozent“, sagt er — wie auch, vor ein paar Tagen betrug der Wadenumfang noch zwei, drei Zentimeter weniger. Schwabe kämpft sich langsam wieder heran und jetzt, um 21:11 Uhr, beim Stand von 21:11 im vierten Satz, war es endlich so weit: Trainer Anto Juric drückte ihm ein Schildchen in die Hand, wenig später durfte Schwabe aufs Feld. Für einen Ballwechsel zwar nur, aber es war durchaus symbolisch zu verstehen: Christian Schwabe ist wieder da.

Prompt erhoben sich einige Zuschauer, klatschten, ein paar jubelten sogar — und Christian Schwabe strahlte. Er sicherte die Annahme, Schwaig punktete — das war’s schon, er ging wieder vom Feld, mehr Schwabe gab es nicht gegen den Tabellenvorletzten, den VC Eltmann.

Mehr Schwabe war auch nicht nötig, um die klar unterlegenen Gäste mit 3:1 wieder nach Hause zu schicken. Im Weg stand sich Schwaig dabei nur selbst immer wieder, im ersten Satz so sehr, dass Eltmann plötzlich Satzball hatte. Anto Juric mahnte zur Besonnenheit, seine Spieler fokussierten sich wieder — und siegten 27:25.

Die Konzentration hielt aber nicht lange, nach einem guten Start schlich sich wieder der Leichtsinn ein, der ganz neue Gegenspieler der Zweitligamannschaft. „Für viele Spieler“, sagt Juric, „ist es völlig neu, als Favorit gegen jeden Gegner ins Spiel zu gehen. Damit wissen noch nicht alle richtig umzugehen.“ Bisher, da ging es ja immer darum, dass man nichts zu verlieren hatte.

Kopfschütteln beim Trainer

Gegen Eltmann verdrehte die Favoritenrolle einigen wieder derart den Kopf, dass Anto Juric irgendwann nur noch seinen Kopf schüttelte. „Ich habe immer wieder mit dem Coaching versucht, Einfluss zu nehmen“, sagte er, „manchmal haben die Spieler das gut umgesetzt“ — immer dann, wenn es drohte eng zu werden. Erst spät verstanden sie, dass siebzig Prozent der Leistungsfähigkeit auch gegen Eltmann nicht genügen — als sie das verinnerlicht hatten, stand es 25:19 und 2:0.

Doch wie in der Liga, wo Schwaig völlig überraschend zwischendurch von zwölf Partien elf gewann, ließ der Erfolg die Spannung wieder entweichen. Viele unnötige Fehler bauten Eltmann auf, den Gästen gelang plötzlich alles — und Schwaig gar nichts mehr (14:25). Juric fühlte sich erinnert an die vergangenen beiden Spieltage, das 0:3 gegen Rüsselsheim, das 0:3 gegen Grafing. Der Tabellenzweite war abgestürzt auf Rang sechs, vor der dreiwöchigen Pause gab es so ein wenig Frust statt Euphorie über eine immer noch fabelhafte Saison. „Uns ist ein wenig die Spielfreude verloren gegangen“, fand Anto Juric.

Da kam die Pause gerade recht, um ein bisschen Abstand zu gewinnen. Aufzusteigen, das haben sie ja ohnehin abgehakt, den Lizenzantrag gar nicht abgegeben. „Es ist jetzt egal, ob wir Erster, Zweiter oder Dritter werden“, sagt Juric, das nimmt ein wenig Druck. Aber auch das Saisonziel haben sie ja längst erreicht: besser abzuschneiden als in der Vorsaison. Also wollen sie jetzt unter die ersten fünf kommen, „das“, sagt Juric, „wäre großartig“.

So ging es auch hinein in diesen vierten Satz, mit neuem Mut und dem Willen, sich wenigstens einmal an diesem Abend einen gesamten Satz hindurch zu konzentrieren. Es gelang — was auch zeigt, wie reif die Schwaiger Mannschaft geworden ist. Beim 21:11 konnte Juric so sogar dem lange verletzten Kapitän eine Streicheleinheit verpassen. „Es tut gut, wieder dabei zu sein“, sagte Schwabe hernach, während er kleinen Kindern Autogramme ins Stadionheftchen schrieb.

Auch Juric musste Autogramme geben, der Erfolg lockte zum dritten Mal hintereinander über 300 Zuschauer in diese Halle, in die nicht viel mehr hineinpassen. „Es ist unglaublich“, findet Juric, „wie sich hier alles entwickelt hat.“ Seine Mannschaft, sagt der Trainer, habe die Aufmerksamkeit aber auch verdient. „Das Schönste aber daran ist, dass kein einziger dafür verantwortlich ist, sondern wir alle gemeinsam: das Management, das Trainerteam, die Spieler, die Zuschauer.“

Für sie alle hat sich der Trainer für die Zukunft nun einen Geheimplan ausgedacht: „Wir wollen fünfzig Prozent der Spiele klar gewinnen, fünfundzwanzig Prozent knapp — und fünfundzwanzig Prozent der Spiele verlieren.“ Damit es spannend bleibt im Aufstiegskampf? „Nein, damit wir nicht abheben.“

Verwandte Themen


Keine Kommentare