St. Pauli fordert: Werksklubs von TV-Vermarktung ausschließen

23.11.2015, 15:02 Uhr
St. Pauli fordert: Werksklubs von TV-Vermarktung ausschließen

© Daniel Bockwoldt (dpa)

Zweitligist FC St. Pauli hat mit einem provokanten Antrag zu den TV-Rechten für etwas Unruhe im Lager der Bundesliga gesorgt. Nach Informationen des Fachmagazins Kicker forderte der Kiez-Klub in einem Schreiben an Ligapräsident Reinhard Rauball und Christian Seifert, den Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL), dass bestimmte Vereine von der Verteilung der Einnahmen aus der Fernseh- und Gruppenvermarktung ausgeschlossen werden sollen.

Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim betroffen

Dies betrifft vor allem die Werksklubs Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg und 1899 Hoffenheim. Von 2017 an wäre auch Hannover 96 betroffen. „Der Antrag ist unüberlegt und substanzlos“, sagte 96-Präsident Martin Kind der Bild-Zeitung. „Wir denken, dass dieser Antrag nicht mehrheitsfähig sein wird. Sollte ihm stattgegeben werden, ist die Zentralvermarktung am Ende, dann würde es eine Einzelvermarktung geben.“

Über den wohl chancenlosen St. Pauli-Antrag soll auf der DFL-Mitgliederversammlung am 2. Dezember in Frankfurt beraten werden. Pikant: St.-Pauli-Geschäftsführer Andreas Rettig war früher in gleicher Funktion bei der DFL tätig. Die vier Erstliga-Klubs forderten in einer gemeinsamen Erklärung, die am Freitag von der DFL an die Bundesligavereine geschickt wurde, den Antrag des FC St. Pauli „als unzulässig, hilfsweise als unbegründet einzuordnen.“ Wörtlich heißt es: „Mit dem Antrag auf Ausschluss unserer Klubs von der satzungsgemäß geregelten Verteilung der Vermarktungserlöse erklärt der Antragsteller die Aufkündigung der Solidargemeinschaft in der Bundesliga und in der 2. Bundesliga.“ 

Eine Abrechnung „der Verteilung der TV-Erlöse rein marktwirtschaftlich, ausschließlich nach Nachfrage orientiert“, würde „erheblich geringere Erlöse für die Vereine der 2. Bundesliga darstellen“. Beide Dokumente liegen dem Kicker vor. Eine Aufkündigung der Zentralvermarktung käme gerade großen Klubs entgegen. Branchenprimus Bayern München könnte mit einer eigenen Vermarktung deutlich höhere Erlöse generieren.

"Populistisch": Völler stichelt gegen Rettig

Bayer Leverkusens Geschäftsführer Michael Schade hält den Antrag des FC St. Pauli für nicht durchsetzbar. „Der Antrag hat uns überrascht und ist nach unserem Verständnis nicht zulässig“, erklärte er am Montagmittag in Köln vor dem Abflug des Bundesligisten zum Champions-League-Spiel bei BATE Borissow. „Alle profitieren von dieser Solidargemeinschaft und der Zentralvermarktung“, sagte Schade. „Wenn Vereine ausgeschlossen werden sollten, was ich nicht annehme, würden möglicher Weise auch noch andere Vereine ausscheiden.“ Gemeint ist damit unter anderen Branchenprimus Bayern München. „Ich bin davon enttäuscht und halte das für populistisch. Das ist ein typischer Rettich: Er macht ein bisschen auf Schweinchen schlau“, kommentierte Bayer-Sportchef Rudi Völler schmunzelnd.

Bislang werden die Übertragungsrechte zentral von der DFL vermarktet. Der laufende Vierjahresvertrag mit einem Gesamtvolumen von 2,5 Milliarden Euro endet 2017. In dieser Saison verteilt die DFL aus der zentralen Vermarktung insgesamt 850 Millionen Euro, 170 Millionen davon (20 Prozent) gehen an die 2. Liga.

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