Sylvestr im Juli: Ein Club-Angreifer trifft wieder

9.7.2016, 19:52 Uhr
Er kann's doch! Club-Stürmer Jakub Sylvestr glänzte  in Feuchtwangen als Dreierpacker.

© Sportfoto Zink / DaMa Er kann's doch! Club-Stürmer Jakub Sylvestr glänzte in Feuchtwangen als Dreierpacker.

René Weiler war nicht da, Joachim Löw auch nicht. Ob die beiden vom Testspiel-Erfolg des 1. FC Nürnberg Notiz nehmen werden, ist schwerlich überprüfbar, wohl aber zu bezweifeln. Der vormalige Club-Anweiser trainiert mittlerweile Anderlecht, Deutschlands Nationalcoach gönnt sich nach dem EM-Aus erst mal ein paar Tage Ruhe. Zumindest der FC Winterthur, mit dem sich der FCN an einem sonnigen Samstag in Westmittelfranken zur Wettkampfsimulation verabredet hatte, wäre für beide indes eigentlich ein Grund, in den Spielbericht zu spitzen. Anfang der Neunziger spielten beide für die Rot-Weißen aus dem Kanton Zürich professionell Fußball.

Volksfeststimmung: Der Club zieht

Dass der Club für sich allein genommen Anziehungskraft entfaltet, wurde im Landkreis Ansbach dennoch schnell klar. Der FCN lockte zahlreiche seiner Fans und Sympathisanten ins Heinz-Seidel-Stadion. Raphael Schäfer - zwischen den Pfosten erhielt zunächst Thorsten Kirschbaum den Vorzug - schrieb sich autogrammtechnisch die Finger wund, der Spielmannszug Feuchtwangen lieferte den Soundtrack zum rot-schwarzen Fußball-Volksfest.

Nach Anpfiff dauerte es derweil ein bisschen, bis auf dem Platz erneut die Musik spielte. Erste Nürnberger Ansätze, der durchaus couragiert startende Club versuchte es über Diagonalbälle oder über die rechte Seite, blieben ohne Konsequenz. Dann jedoch in der sechsten Minute klingelte es erstmals in der Kasino-Stadt: FCN-Kapitän Miso Brecko passte nach flotter Ballstafette nahe der Torauslinie überlegt zurück auf Jakub Sylvestr, der kühl vor der Kiste auf 1:0 stellte.

Alois Schwartz durfte sich freuen. Und - so ist das manchmal beim fränkischen Altmeister - keine zwei Minuten später bereits wieder ärgern. Romain Dessarzin trieb das Spielgerät energisch, aber auch weitgehend ungestört durchs Mittelfeld und jagte die Kugel unerreichbar für Kirschbaum kernig ins linke untere Eck, Ausgleich Winterthur (8.)!

Spätestens jetzt war das Duell der ambitionierten Zweitligisten ein munteres - mit Nürnberger Vorteilen. Nach rund einer Viertelstunde tauchte erneut Sylvestr nach einem schönen Spielzug frei vor dem Gehäuse der Eidgenossen auf, der FCW-Keeper David von Ballmoos parierte per Fußabwehr (16.). Doch der Club blieb dran, mutig und kombinationsfreudig und belohnte sich dafür in der 19. Minute mit der erneuten Führung: Bei seinem Treffer merkte man Niclas Füllkrug - dem besten Schützen der Vorsaison - den Abwanderungswunsch nach Hannover keineswegs an: Der Angreifer narrte mit flinken Körpertäuschungen ballgewandt mehrere Gegenspieler und vollstreckte cool zum 2:1.

Möhwald muss raus - Sylvestr wiederholt sich

Kurz darauf folgte ein Schreckmoment: Kevin Möhwald - neben Hanno Behrens auf der Doppelsechs aufgeboten – krümmte sich am Boden, blieb lange liegen und humpelte wohl mit einer Sprunggelenksverletzung vom Platz. Und Möhwalds FCN? Der blieb vorne spielfreudig, hinten aber anfällig. Kirschbaum ließ einen Distanzschuss, den bräsig verteidigende Vorderleute zugelassen hatten, nach vorne prallen (21.) Deutlich besser machte es Nürnberg in der Vorwärtsbewegung. Nach einem langen Vertikalball war Sylvestr auf und davon und erhöhte alleine vor dem Schweizer Schlussmann gekonnt auf 3:1 (26.).

Der Slowake, von seinem unerquicklichen Leih-Engagement bei Absteiger Paderborn unlängst zurückgekehrt, machte in der munteren Begegnung wie Sturmpartner Füllkrug auch nachfolgend einen quirligen Eindruck. Für die weiteren Club-Chancen bis zur Pause waren jedoch nun andere verantwortlich: Hercher prüfte Winterthurs Torwart (24.) ebenso wie Laszlo Sepsi, der das linke Kreuzeck mit einem saftigen Schuss bedrohte (36.). Da der FCN wie der hellblau gekleidete Gegner in der Rückwärtsbewegung und im Defensivverbund aber oftmals schlampte, hatten auch die Schweizer bis zum Kabinengang weitere Gelegenheiten (30., 33., 43.). Möglichkeiten, bei denen sich Club-Keeper Kirschbaum jedoch in der Summe reaktionsschnell in Szene setzen konnte.

Im zweiten Durchgang ließen es die Schwartz-Schützlinge im Vorwärtsgang zunächst etwas ruhiger angehen. Winterthur bemühte sich um den Anschlusstreffer, blieb jedoch immer öfter im jetzt besser sortierten, aufmerksameren Abwehrverbund der Nürnberger hängen. In der 53. Minute meldete sich der Club wieder zurück: Behrens passte auf rechts zu Burgstaller, der Tempo aufnahm und in die Mitte zu Sylvestr legte, der Gästekeeper war erneut zur Stelle.

Dem FCN boten sich im Konterspiel nun immer größere Räume. So etwa in der 59. Minute, als der eingewechselte Ivan Knezevic vehement in den Sechzehner sprintete und Winterthur nur auf Kosten eines Eckballs klären konnte. Der Youngster schnappte sich selbst das Leder, Sylvestr verwertete nach seiner Hereingabe am ersten Pfosten kopfballstark, Dreierpack!

Kempe bleibt cool vom Punkt

Das 4:1 zog Winterthur endgültig den Zahn, von den Schweizern kamen in der Folge keine zielführenden Aktionen mehr. Anders der Club! Patrick Kammerbauer – nun ebenfalls neu auf dem Feld – probierte es nach einer schönen Petrak-Flanke volley, hatte aber kein Schussglück (66.). Gleiches galt in der 82. Minute für einen anderen Jungspund: Der auffällige Knezevic fintierte, zog von rechts in die Mitte und schlenzte den Ball sehenswert ans rechts Kreuzeck. Unmittelbar danach ein Pfiff: Nach einem klaren Foulspiel im Sechzehner setzte Neuzugang Tobias Kempe mit einem sicher verwandelten Strafstoß den Schlusspunkt.

"Wir wussten alle, dass er was kann"

Club-Coach Alois Schwartz zeigte sich im Anschluss dann auch zufrieden. "Gegen einen technisch sauberen Gegner hätte es zur Halbzeit auch schon 7:4 stehen können", erklärte Nürnbergs Trainer, dem gefiel, dass sein Team danach "von der Effizienz her besser geworden" war. Nicht nur der Auftritt seiner Youngster hat dem Schwaben Laune gemacht ("Es macht Spaß ihnen zuzuschauen, die machen das richtig gut"). Auch Dreifach-Torschütze Jakub Sylvestr kassierte ein an bestehende Erwartungen gekoppeltes Extra-Lob: "Wir wussten alle, dass er was kann".

FCN: Kirschbaum (Rakovsky) - Brecko (62. Kammerbauer), Margreitter (72. Mühl) Bulthuis (46. Hovland), Sepsi (72. Lippert) - Behrens (72. Löwen), Möhwald (27. Petrak) - Hercher (46. Knezevic), Burgstaller (62. Kempe) - Füllkrug (72. Ott), Sylvestr (72).

Tore: 1:0 Sylvestr (6.), 1:1 Dessarzin (8.) 2:1 Füllkrug (19., 3:1 Sylvestr (26.), 4:1 Sylvestr (59.), 5:1 Kempe (82.)

Zuschauer: 1435

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