Taekwondoka Sümeyye Gülec greift wieder an

6.11.2009, 00:00 Uhr
Taekwondoka Sümeyye Gülec greift wieder an

© Mark Johnston

Nach ihrer Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 war es still um Sümeyye Gülec geworden. Ein Grund dafür sicherlich: Das bittere und unerwartet frühe Ausscheiden in der ersten Runde. Eine Niederlage, die stark an den Nerven der bis dato so erfolgsverwöhnten Taekwondoka zerrte. Nachvollziehbar, dass die Europameisterin von 2008 eine Pause brauchte. Zwar hatte sie anschließend selbstbewusst erklärt, eines Tages ihren großen Traum realisieren und mit ihren Geschwistern bei den künftigen Olympischen Spielen gemeinsam antreten zu wollen, glauben mochte man es zum damaligen Zeitpunkt aber nicht. Zu groß schien die Enttäuschung, zu bohrend der Schmerz.

Heute, 436 Tage nach Peking, kehrt sie bei der U21-Europameisterschaft im spanischen Vigo auf die Matte zurück. Ihren großen Traum von damals gibt es nicht mehr. Denn heute ist er noch ein Stück größer. «Mein Ziel ist es, 2012 zusammen mit meinem Mann und meinen Geschwistern bei den Olympischen Spielen teilzunehmen«, verrät die hübsche Sportlerin.

Im Nationalteam funkte es

Ihr Mann war in Peking noch ihr Teamkollege: Daniel Manz, neunfacher Deutscher Meister und Militärweltmeister von 2006. «Wir haben uns vor sieben Jahren in der Nationalmannschaft kennengelernt. Es hatte gleich gefunkt«, strahlt Sümeyye, die nach dieser langen Kennenlernzeit ihrem Daniel im April diesen Jahres das Ja-Wort gab. Nach der Hochzeit ist Sümeyye Manz, wie sie jetzt heißt, nach Friedrichshafen in die gemeinsame Wohnung gezogen.

Gemeinsam wohnen und gemeinsam weiter nach internationalem Edelmetall greifen, lautet die Vorgabe. Ihr persönliches Glück haben sich die beiden Sportsoldaten bereits im Juni vergoldet. «Vor fünf Monaten habe ich meinen Sohn Aurelio auf die Welt gebracht«, verrät die sportliche Mutter stolz. Kompliziert war die Geburt, aber trotz des neuen Namens: wenn es ums Kämpfen geht, ist sie immer noch die Alte. Sie will wieder angreifen und gewinnen. Auch mit Kind. «Alle Leute in Deutschland, die annähernd etwas mit Taekwondo zu tun haben, sagten mir, dass ich es nicht mehr hinkriegen werde.« Aber gerade das sporne sie an, sagt Manz, die bei der EM die Zweifler zum ersten Mal Lügen strafen will. Unterstützt wird sie von ihrem Onkel Özer Gülec, dem Disziplinbundestrainer der Deutschen Taekwondo Union. In seiner Schule Taekwondo-Özer hatte Sümeyye 1996 mit dem Kampfsport begonnen, und auch wenn sie in Friedrichshafen beim Verein ihres Mannes trainieren könnte – sie bleibt ihrer Familie, ihrem Verein und ihrer Heimat treu. «Hier ist mein Onkel und meine Familie. Hier bin ich aufgewachsen und hier habe ich Taekwondo gelernt. Friedrichshafen ist schön, aber Nürnberg ist meine Stadt«, lautet ihre Liebeserklärung.

Die Psyche stimmt

Ihr Onkel ist froh, dass seine Nichte so denkt und fühlt. Und trotz der nicht ganz einfachen Situation glaubt er an sie. «Sie ist momentan nicht hundertprozentig fit. Vielleicht sechzig oder siebzig Prozent. Aber ihre Psyche stimmt. Wenn man positiv denkt und dranbleibt, gibt es kein Sportende«, betont Gülec, der sich noch gut an die Weltmeisterschaft 2005 erinnert. Sümeyye war damals 15 Jahre alt. «Alle haben gelacht und gesagt, sie geht in der ersten Runde K.o.« Sie tat es nicht. Am Ende hielt sie Bronze in den Händen.

Schaut man heute in das entschlossene und zuversichtliche Gesicht von Sümeyye Manz, sieht man eine Mutter und vor allem eine große Kämpferin, die aus dem Vergangenen viel gelernt und einiges vor hat. Und der Satz, den Daniel Manz auf seiner Homepage über das Foto seines kleinen Sohnes geschrieben hat, scheint richtungsweisend: «Großes Glück kann so klein sein.«

Die Olympia-Medaillen in Peking hatten nur einen Durchmesser von sieben Zentimetern. Die in London 2012 werden kaum größer sein.