Tennis-Talent Wunner arbeitet am großen Traum
28.7.2014, 11:41 UhrWie viel Zeit Matthias Wunner benötigt, um eine Niederlage zu verdauen? Seit Samstag weiß man: etwa eine halbe Stunde. Überraschend deutlich hatte der 21-Jährige sein Einzel mit 2:6, 2:6 gegen Yannick Hanfmann vom TC Weinheim verloren, weshalb er direkt nach dem Match auch erst einmal nicht reden mochte – nicht über das Spiel, nicht über die Bundesliga-Saison mit dem 1. FC Nürnberg und eigentlich auch nicht über Tennis im Allgemeinen. Eine Dusche, ein kleiner Snack und eine halbe Stunde später hatte er dann wieder Lust zu reden, was gut ist, denn Matthias Wunner kann trotz seines fast noch jugendlichen Alters schon viel Interessantes über seinen Sport erzählen.
Mit 14 Jahren ist der gebürtige Forchheimer zu Hause ausgezogen, um seiner großen Leidenschaft noch ein wenig mehr Zeit einräumen zu können. Zunächst ging er nach Hannover an ein Tennis-Internat, inzwischen wohnt er in Köln, die Familie ist weit weg. „Das prägt einen“, sagt Wunner, der früh selbstständig geworden ist, ja werden musste, um an dem Traum von einem Leben als Tennisprofi arbeiten zu können.
Der Traum ist immer noch da, aber es bedeutet nach wie vor jeden Tag viel Arbeit und noch mehr Verzicht. Einfach mal abends feiern gehen, wie es die meisten anderen in seinem Alter tun – undenkbar. „Dann wäre ich Tage später noch müde“, sagt er. Ein wenig müde fühlte er sich auch am Samstag, als er nie zu seinem Spiel fand und nach einem Break sofort wieder seinen eigenen Aufschlag abgab. Beim Einspielen hatte er bereits gespürt, dass es nicht unbedingt sein Tag werden würde, ein paar Stunden später, als er auch das Doppel an der Seite des Italieners Gianluca Naso verloren hatte, durfte er sich bestätigt fühlen. Trotzdem zählte der 21-Jährige in den vergangenen Wochen zu den Leistungsträgern in Reihen der Zweitliga-Mannschaft des 1. FC Nürnberg.
Zusammen mit Johannes Härteis, Daniel Uhlig, Philipp Dittmer und Samuel Sippel haben sie fünf sehr junge und sehr talentierte Tennisspieler mit Bezug zur Region beim FCN versammelt, um den Nachwuchskräften gute Trainingsbedingungen zu bieten und Spielpraxis zu ermöglichen.
Unbarmherziges Tennisgeschäft
Gerade einmal vier Wochen dauert die Bundesligasaison und dennoch ist sie für die Nachwuchsspieler ungeheuer wichtig, denn sie ist eine Art Komfortzone im mitunter unbarmherzigen Tennisgeschäft. Der Konkurrenzkampf ist hart, die Ochsentour über kleine und kleinste Turniere ist es sowieso. „Es ist schade, dass die Saison nur so kurz ist“, sagt Wunner. In den vergangenen Wochen haben sie täglich zusammen trainiert, gegessen und auch einen Teil ihrer Freizeit zusammen verbracht. Eine Ausnahme, in einem Sport, den die meisten Protagonisten als Einzelkämpfer bestreiten. „Wir sind ein echtes Team geworden“, sagt der Wahl-Kölner.
Zu dem Team gehören natürlich auch einige etablierte Spieler aus dem Ausland, die den Kader ergänzen und von denen die jungen Talente ebenfalls profitieren. Was man von einem wie Gianluca Naso, mit dem Wunner dieser Tage häufig trainiert hat, lernen kann? „Er ist viel ruhiger und abgeklärter“, hat der 21-Jährige festgestellt. „Selbst wenn es einmal nicht so gut läuft, ziehen die erfahrenen Spieler einfach ihr Ding durch.“ Am Sonntagnachmittag hat Matthias Wunner dann ebenfalls einfach sein Ding durchgezogen. Zusammen mit Daniel Uhlig konnte er den letzten entscheidenden Sieg gegen den TC Bruckmühl-Feldkirchen holen und für den FCN die Tabellenführung der zweiten Liga erobern.
Selbstkritik, Jahr für Jahr
Am kommenden Wochenende endet die Saison und damit auch der kurze Aufenthalt in der Komfortzone. Wunner fährt dann direkt zu einem Turnier nach Belgien, danach will er „weitere Turniere in der Gegend abklappern“. Die Erfüllung des großen Traums kostet viel Geld.
„Man muss sich immer wieder hinterfragen, ob man genügend für den Erfolg tut“, sagt er. Jahr für Jahr zieht er Bilanz und schaut selbstkritisch darauf, ob er sich weiterentwickelt hat und ob es sich lohnt, weiterzumachen. Dafür braucht er dann etwas länger als eine halbe Stunde. Immerhin geht es um den Fortbestand seines großen Traums.
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