Timo Gebharts unendliche (Leidens-)Geschichte

10.10.2014, 05:59 Uhr
Timo Gebharts unendliche (Leidens-)Geschichte

© Foto: Zink/DaMa

Seinen letzten Auftritt hatte Timo Gebhart am 21. September, es war ein unrühmlicher. Als ihn der Trainer im Karlsruher Wildparkstadion nach einer halben Stunde auswechselte, würdigte er den Ersatzmann Niclas Füllkrug und auch seinen Vorgesetzten Valérien Ismaël keines Blickes.

Vieles deutete auf den nächsten Eklat mit Gebharts Beteiligung hin, aber schon zwei Tage später sprach niemand mehr davon. Weil Gebhart nicht mehr da war. Und vor allem: dienstunfähig. In Berlin, so teilte es der Verein mit, müsse er sich seine Narbenschmerzen mit einer speziellen Lasertherapie behandeln lassen. Besser geworden ist es seitdem offenbar nicht; am Mittwoch muss sich Gebhart erneut operieren lassen.

Verwachsungen an den Narben

Dabei werden in Berlin beidseitig Verwachsungen an den Narben entfernt. Vier bis sechs Wochen wird Gebhart danach aussetzen, abhängig vom Heilungsverlauf. Das heißt für ihn: Er muss schon wieder von vorn anfangen. Zum x-ten Mal in den vergangenen zwei Jahren.

Vor sechs Wochen schien Gebhart endgültig das Schlimmste überstanden zu haben. Beim 4:0 bei Union Berlin konnte er sogar wieder lachen, er hatte wieder richtig Spaß am Fußball, weil auch das Ergebnis stimmte. Schon sechs Tage zuvor, gegen den FSV Frankfurt, gab er sein Comeback in der Nürnberger Startelf. Er fühlte sich gut, hatte keine Probleme mehr, im Stadion an der alten Försterei erzielte Gebhart sogar ein schönes Kopfballtor und bereitete einen Treffer vor. In dieser Verfassung, darin stimmten die Experten überein, ist er auf jeden Fall eine Verstärkung für seinen Club.

„Wenn man so lange verletzt war wie ich, wenn man so viel durchgemacht hat“, sagte Timo Gebhart danach, „dann ist das schon ein besonders geiles Gefühl.“ Von dem er mehr wollte, er kannte es ja. Aber das ist lange her.

Wann genau er zum ersten Mal richtig Probleme hatte, lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren. Im Winter-Trainingslager 2013 musste er bereits ein paar Einheiten auslassen, in der folgenden Rückrunde hielt er noch zwei Partien durch. Die Zwangspause wollte einfach nicht enden; zum Auftakt der Saison 2013/2014 stand er in Sinsheim auf dem Platz, fiel danach aber wieder fünf Monate aus. Nachdem ihn die konservative Behandlung nicht weitergebracht hatte, unterzog er sich im November in Starnberg einem beidseitigen Eingriff an der Leiste. Gebhart kämpfte sich wieder heran, in den ersten fünf Rückrundenpartien half er heuer mit, zwölf Punkte zu holen. Bis das Ziehen zurückkam.

Es seien immer wieder die gleichen Symptome, sagt Sportvorstand Martin Bader, und danach habe Gebhart immer wieder gesagt: „So helfe ich niemandem.“ Seit seinem Wechsel von Stuttgart nach Nürnberg im Sommer 2012 hat Gebhart lediglich 33 Pflichtspiele bestreiten können für seinen Club. „Das“, sagt Bader, „ist tragisch für den Jungen.“

Allzu viele Operationen wird sein Körper wahrscheinlich nicht mehr verkraften, auch für seinen Kopf ist es nicht gerade einfach, mit den ständigen Rückschläge fertig zu werden. Und sich neu zu motivieren. Wann er wieder Fußball spielen kann, steht in den Sternen. Möglicherweise Ende November, Anfang Dezember, möglicherweise auch erst 2015. Das ist aber auch nicht so wichtig, die Gesundheit geht vor — obwohl er sich so viel vorgenommen hatte nach dem Abstieg.

„Ich habe dem Verein sehr viel zu verdanken“, sagte Gebhart im Sommer, „nun möchte ich dem Club etwas von dem Vertrauen zurückzahlen.“ Die Frage ist nur, wann.

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