Tränen sind erlaubt: Schäfers Abschied gegen Düsseldorf

11.5.2017, 05:52 Uhr
Tränen sind erlaubt: Schäfers Abschied gegen Düsseldorf

© Sportfoto Zink

Gründe zum Feiern finden sich immer im Leben, beim 1. FC Nürnberg sowieso. Auch wenn man im Fall des fränkischen Altmeisters meistens ein wenig suchen muss, oft in der glorreichen Vergangenheit, die Gegenwart fällt wieder einmal etwas trist aus. Immerhin ist der Klassenverbleib in der 2. Liga gesichert, weshalb man die jetzt anstehende wochenlange Party nicht mit zwei Abstiegs-Relegationsspielen gegen Jahn Regensburg auflockern muss.

Dass alles hätte schlimmer kommen können, ist natürlich nicht der Grund für ein Jubelfest. Gefeiert wird ab Sonntag, wenn gegen Fortuna Düsseldorf das letzte Heimspiel dieser Saison ansteht, ein Jubiläum: Der DFB-Pokalsieg 2007, Nürnbergs einziger in der Neuzeit erstrittener Titel, glückte im Mai vor zehn Jahren - und die Helden von damals kommen am Sonntag fast alle ins ortsansässige Stadionachteck.

15 Jahre, 388 Pflichtspiele

Arbeiten muss dort bloß einer von ihnen: Raphael Schäfer, damals in Berlin der Kapitän, darf zum letzten Mal vor heimischer Kulisse das Nürnberger Tor bewachen, Kapitän ist er auch wieder, und dass der Festtag vor allem Raphael Schäfer gehört, erschließt sich schon aus den vielen Kameras und Mikrofonen, die sich jetzt täglich um Schäfer herum aufbauen.

Er ist ja inzwischen so eine Art Zeitzeuge der jüngeren Nürnberger Fußballgeschichte, seit 2001 im Verein - damals war gerade erst Nürnbergs Torwart-Idol Andreas Köpke abgetreten, die meisten Bilder sind noch schwarzweiß, und man telefonierte über Festnetz-Anschlüsse. Vor über 15 Jahren, am 16. März 2002 beim 0:1 in Mönchengladbach, gab Schäfer seine Premiere im Nürnberger Trikot, 387 weitere Pflichtspiele bestritt er seither für den Club und arbeitete (Platzhalter nicht eingerechnet) mit zwölf Trainern zusammen – der drittletzte, René Weiler, überredete ihn vor Jahresfrist, das Karriereende noch ein Jahr hinauszuschieben – gegen den Protest seiner drei Töchter gab Schäfer nach, zum Trainingsauftakt fehlte dann Weiler, über Nacht gewechselt zum RSC Anderlecht.

Dass man in diesem Club besser mit allem rechnet, wusste Schäfer da schon längst; vermissen, sagt er, möchte er trotzdem nichts aus diesen eineinhalb Jahrzehnten bei seinem Verein. Aber noch einmal wird Schäfer das nicht passieren, er ist zwar kein konfliktscheuer Mensch, aber der Familie wäre noch mehr Fußball nicht zuzumuten - außerdem hat er, nicht nur als Torwart, immer ein gutes Gespür für den passenden Moment gehabt. Für den 1. FC Nürnberg wuchs Schäfer gerade in Krisenzeiten zur verlässlichen Größe, in seinen besten Jahren gehörte er zu den herausragenden Fachkräften im Land, und noch im Karriereherbst war Schäfer oft größer als sein Verein, der sich wiederholt an seiner Nummer eins aufrichtete – bequem hat er es sich nie gemacht, Schäfer konnte streitbar sein, wenn es um das Wohl seines FCN ging, angebiedert hat er sich nie, weder beim Anhang noch bei den Medien.

So ist der Respekt für Schäfer Jahr für Jahr gewachsen; wie Heiner Stuhlfauth, Edi Schaffer oder Andreas Köpke – seine großen Vorgänger im Club-Tor - hat Schäfer, jetzt 38 Jahre alt, eine Ära geprägt. "Es hat wirklich nichts gefehlt", sagt er, "und ich bin dankbar dafür, dass es nach dem Pokalsieg noch zehn insgesamt doch recht erfolgreiche Jahre waren."

"Pinola tut dem Club gut"

Etwas Neues wird man am Sonntag trotzdem sehen: ein paar öffentliche Tränen. "Das wäre mir schon letzten Samstag beinahe passiert", sagt Schäfer – beim 1:0 in Sandhausen, einfach so, wie er sagt, "nach einer Stunde im Spiel, irgendwie kamen da die Gedanken hoch, die Gefühle, ich weiß nicht, warum – und dann hab’ ich mir sagen müssen: Reiß dich zusammen, du kannst doch jetzt nicht weinen."

Am kommenden Sonntag, vermutet Schäfer, wird ihm das nicht mehr gelingen, er war ja dabei, als Marek Mintal und später Javier Pinola diesen Kampf zu ihren jeweiligen Abschieden verloren – und mindestens das halbe Stadion mit ihnen weinte. Javier Pinola wird fehlen beim Wiedersehen am Sonntag, er ist neben Schäfer der einzige noch als Profi aktive Pokalheld von 2007, aber vielleicht bald zurück im Club - geht es nach Schäfer, lieber heute als morgen. "Pino tut als Typ jeder Mannschaft gut", sagt Schäfer, "und diesem Verein ganz besonders, er ist ein positiver Mensch, hier verwurzelt - und liebt unseren Club so sehr wie Marek Mintal, Andy Wolf oder ich."

"Einmal öfter aufstehen als hinfallen"

Javier Pinola könnte dann ab Juli Raphael Schäfer als letzten noch im Club aktiven Pokalsieger ablösen. "Einmal öfter aufstehen als hinfallen", sagt Raphael Schäfer – darum gehe es beim Fußball. Mit anderen Worten: Es geht weiter, immer.

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